Nach Staatsbesuch Hongkonger Regierungskritiker enttäuscht von Merkel

Kanzlerin Merkel sorgt bei den Hongkonger Demonstranten für gemischte Gefühle. Zeitgleich verhinderten Hunderte Polizeibeamte Proteste am Flughafen.

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Der Aktivist Joshua Wong ist von Kanzlerin Angela Merkel enttäuscht. Quelle: AP

Der Hongkonger Aktivist Joshua Wong zeigt sich enttäuscht über den Auftritt von Kanzlerin Angela Merkel in Peking. „Ich danke Kanzlerin Merkel, dass sie Hongkong in Peking angesprochen hat, aber es war viel weniger deutlich als es sich die Hongkonger gewünscht hatten“, sagte Wong der „Bild am Sonntag“ nach Vorabbericht.

„Das Geschäftsinteresse Deutschlands sollte nicht den universellen Wert außer Kraft setzen, an den wir glauben.“ Wenn die Kanzlerin etwas tun wolle, dann müsse sie Präsident Xi drängen, auf die Forderung nach freien Wahlen zu reagieren.

„Ich habe dafür geworben, dass Konflikte gewaltfrei gelöst werden und dass alles andere aus meiner Sicht eine Katastrophe wäre“, sagte Merkel am Samstag in der chinesischen Stadt Wuhan. Die chinesische Führung habe ihr zugehört, sagte sie über ihre Gespräche mit Präsident Xi Jinping und Ministerpräsident Li Keqiang. „Das ist wichtig“, betonte die Kanzlerin. Ohnehin sei es wichtig, miteinander im Gespräch zu bleiben.

Mit einem Großaufgebot hat Hongkongs Polizei am Samstag einen neuen Protest am Hongkonger Flughafen verhindert. In Erwartung von Demonstranten, die sich für eine Protestaktion über das Internet verabredete hatten, reagierte die Polizei mit erhöhten Sicherheitsmaßnahmen.

Hunderte Bereitschaftspolizisten patrouillierten am Flughafen und in der Umgebung, wie eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur berichtete. Auch der Verkehr zum Flughafen wurde streng überwacht. Beamte stoppten zahlreiche Autos und Busse, die in Richtung des Flughafens unterwegs waren. Statt am Flughafen versammelten sich Demonstranten in Einkaufszentren und an U-Bahn-Stationen in der Hongkonger Innenstadt, wie die Hongkonger Zeitung „South China Morning Post“ berichtete.

Der Flughafen, eines der wichtigsten Luftfahrtdrehkreuze der Welt, war in den vergangenen Wochen immer wieder das Ziel von Protesten geworden. Zuletzt hatten vergangenen Sonntag Tausende Protestler trotz eines Verbots vorübergehend den Betrieb lahmgelegt.

Chinas Premier gab sich mit Blick auf die Unruhen in Hongkong zurückhaltend. Die Zentralregierung unterstütze die Hongkonger Regierung, „Gewalt und Chaos“ im Rahmen der Gesetze zu beenden.

Vor dem gescheiterten Protest am Flughafen war es am Freitagabend erneut zu Ausschreitungen in Hongkongs Innenstadt gekommen. Einige Protestler setzten Barrikaden in Brand, die Polizei feuerte Tränengas und Gummigeschosse. Es ist das 14. Wochenende in Folge, an dem in der autonom verwalteten chinesischen Sonderverwaltungsregion demonstriert wird. Der Unmut richtet sich gegen die Regierung, gegen Polizeigewalt, aber auch gegen Chinas kommunistische Führung.

Am Mittwoch hatte Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam den Entwurf für ein umstrittenes Gesetz für Auslieferungen nach China komplett zurückgezogen, das die Proteste ursprünglich ausgelöst hatte. Mit dem formellen Rückzug erfüllt Lam eine Hauptforderung der Demonstranten und demonstriert Entgegenkommen. Aktivisten machten aber deutlich, dass ihnen der Rückzug nicht ausreicht.

Zu weiteren Forderungen der Demonstranten gehören der Rücktritt der Regierungschefin, eine unabhängige Untersuchung übermäßiger Polizeigewalt, die Freilassung von Festgenommenen und eine Rücknahme des Vorwurfs des „Aufruhrs“, sowie politische Reformen und wirklich freie Wahlen.

Mehr: Die Bundeskanzlerin hat bei einer Pressekonferenz an das Grundsatzabkommen in Hongkong erinnert. Der Konflikt dürfe nicht mit Gewalt gelöst werden.

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