Nach Terror in Manchester May dürfte mit Slogan der „starken und stabilen Führung“ punkten

Nach dem Selbstmordanschlag in Manchester könnte die Wahlkampfkampagne der britischen Premierministerin Theresa May einen Schub bekommen – auch wenn das zynisch klingt. Denn jetzt brauchen die Bürger vor allem Stabilität.

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Die britischen Parteien entschieden sich, denn Wahlkampf aus Respekt vorübergehend auszusetzen. Quelle: Reuters

London In Zeiten der Not besinnen sich Menschen auf das, was sie kennen. Nach dem Terroranschlag in Manchester, bei dem nach Polizeiangaben 22 Menschen uns Leben gekommen sind, darunter auch Kinder und Jugendliche, und rund 60 verletzt wurden, könnte die Wahlkampfkampagne von Premierministerin Theresa May einen neuen Schub bekommen – so zynisch das auch klingen mag. Diese war zuletzt wegen ihrer umstritten Pläne zur Reform der Pflege im Alter, ins Stocken geraten.

Nach dem Anschlag in einer Konzerthalle in Manchester haben Politiker sich aber erst mal eine Wahlkampfpause verordnet. Premierministerin May hat eine Krisensitzung einberufen und Opfern und Angehörigen des Anschlags ihr Mitgefühl ausgesprochen: „Wir sind dabei, alle Einzelheiten dessen, was von der Polizei als entsetzlicher Terroranschlag behandelt wird, herauszuarbeiten. All unsere Gedanken sind bei den Opfern und den Familien von allen, die betroffen sind.“

Labour-Chef Corbyn schrieb über den Kurznachrichtendienst Twitter: „Furchtbarer Vorfall in Manchester. Meine Gedanken sind bei den Betroffenen und unseren großartigen Rettungsdiensten.“ Dies dürfte der wohl verheerendste Terroranschlag seit den Anschlägen im Sommer 2005 in London sein. Damals sind mehr als 50 Menschen getötet worden. Ende März dieses Jahres gab es bei einem Angriff im Londoner Regierungsviertel vier Tote und mehr als 50 Verletzte.

In Manchester handelte es sich nach Angaben der Polizei um einen Selbstmordanschlag. Ein Mann habe einen eigens gebauten Sprengsatz am Körper getragen und am späten Montagabend im Eingangsbereich der Konzerthalle zur Detonation gebracht. Der Täter sei ebenfalls unter den Opfern, so die Polizei.

Die britischen Parteien entschieden sich, den Wahlkampf aus Respekt vorübergehend auszusetzen. Trotzdem haben einige Unterstützer der konservativen Tory-Partei den Vorfall in Manchester bereits zu Gunsten von May zu nutzen versucht. So schrieb ein Twitter-Nutzer, der Vorfall sei gut für May. Ein anderer schrieb, man müsse sich jetzt mal Corbyn als Regierungschef vorstellen und unterstrich seine Aussage mithilfe eines weinenden Smileys.

Wenn sich der erste Schock gelegt hat und die Politiker ihren Wahlkampf wieder aufnehmen, erwarten Beobachter, dass May erneut mit ihrem Argument der „starken und stabilen Führung“ zu punkten versuchen wird.

Sie präsentiert sich als verlässliche Regierungschefin, die das Land durch unsichere Zeiten und aus der EU führt. Dafür will sie eine stabile Mehrheit. Deshalb hat sie Neuwahlen für den 8. Juni ausgerufen. Oppositionschef Jeremy Corbyn sehen etliche Wähler dagegen als „unsicheren Kantonisten“, weil er teilweise extreme Positionen vertritt und bei einigen Themen eine klare Festlegung vermeidet. Mit ihrem Slogan der „starken und stabilen Führung“ kam May in den vergangenen Wochen gut an. In Umfragen hatte sie teilweise einen Vorsprung von mehr als 20 Prozentpunkten gegenüber Corbyn.

Doch dieser ist in den vergangenen Tagen deutlich gesunken. Denn sie hat bei der Veröffentlichung ihres Wahlprogramms am vergangenen Donnerstag einen bei älteren Briten äußerst unpopulären Schritt verkündet. Sie wollte Rentner stärker bei den Ausgaben für die Pflege im Alter zur Kasse bitten. Am Montag ruderte sie zurück.

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