Was hat Donald Trump im Wahlkampf über dieses Abkommen gewettert: „Der schlechteste Deal, der jemals unterzeichnet wurde“ sei Nafta. Das nordamerikanische Handelsabkommen zwischen den USA, Kanada und Mexiko sei „mit Sicherheit aber das schlechteste, das jemals auf US-Boden unterzeichnet wurde.“ Vom 16. August an wird das derzeit - je nach Lesart noch vor dem EU-Binnenmarkt - größte Freihandelsabkommen der Welt nachverhandelt. So ganz wollte der Präsident dann wohl doch nicht in den Sand setzen, was drei seiner Vorgänger in mühsamer Arbeit aufgebaut haben.
Am 12. August 1992 war sinnbildlich weißer Rauch aufgestiegen über Washington: Angeschoben noch von Ronald Reagan, hatte die Administration von George Bush den Handelspakt mit den beiden Nachbarn zu Ende verhandelt. Am 1. Januar 1994 trat er in Kraft, Mexiko ins Boot holend, das bereits 1988 etablierte US-kanadische Abkommen ersetzend. Bushs Nachfolger Bill Clinton peitschte es durch den Kongress und setzte von US-Seite sein Siegel unter die Urkunde.
Nafta hat in den vergangenen mehr als 20 Jahren zumindest aus US-Sicht ganze Arbeit geleistet: Der Handel zwischen den drei Teilnehmer-Ländern vervierfachte sich. Die reale US-Wirtschaftsleistung verdoppelte sich - wenngleich der Anteil von Nafta daran umstritten ist.
Unbestritten bleibt: Kanada und Mexiko sind aus US-Sicht die weitaus größten Abnehmer von Exporten in aller Welt, noch vor dem Riesenreich China. Kanadas Exporte gehen zu zwei Dritteln in die USA, Mexikos zu 80 Prozent. „In den vergangenen 20 Jahren haben sich Handel, Investitionen und die wirtschaftliche Interaktion unter den drei Ländern dramatisch nach oben entwickelt“, hatte Clyde Hufbauer vom Peterson Institute for International Economics bereits zum 20-jährigen Bestehen 2014 analysiert.
Mexiko, das Land, dessen Bürger Trump verunglimpfte und gegen das er eine Mauer bauen will, profitierte vom Eintritt in das Abkommen längst nicht in gleicher Weise. Die Armutsrate hatte sich von 1994 bis 2012 praktisch nicht geändert, genauso wenig wie eine Anpassung der Reallöhne, wie das Center for Economic and Policy Research in Washington herausfand. Beim Wachstum fiel Mexiko sogar hinter andere lateinamerikanische Länder zurück. Wie das ohne Nafta gewesen wäre, bleibt Kaffeesatzleserei.
Konfliktfelder des Nordamerikanischen Freihandelsabkommen
US-Präsident Trump ist vor allem das Außenhandelsdefizit mit Mexiko ein Dorn im Auge. Die USA kaufen deutlich mehr Waren im südlichen Nachbarland als umgekehrt. Zuletzt lag der Fehlbetrag bei rund 64 Milliarden Dollar. Im Handel mit Kanada beträgt das Handelsdefizit rund elf Milliarden Dollar. Allerdings: Das Außenhandelsdefizit gegenüber China liegt bei stolzen 347 Milliarden Dollar.
Kommt es zwischen den Nafta-Partnern zum Streit, beispielsweise über Dumpingpreise, entscheidet eine mit Vertretern beider Seiten besetzte Kommission. Trump will das bilaterale Streitschlichtungsverfahren nach Kapitel 19 abschaffen und die Kompetenz auf die nationalen Gerichte übertragen. Für Kanada wäre das ein Grund, die Verhandlungen abzubrechen.
Trump hat damit gedroht, Importe aus Mexiko mit einer Sondersteuer von 20 Prozent zu belegen. Damit soll es für US-Unternehmen unattraktiv gemacht werden, ihre Produktion in das Nachbarland zu verlegen. Holzimporte aus Kanada hat die US-Regierung bereits mit einer Strafsteuer in Höhe von 20 Prozent belegt. Die mexikanische Regierung hat angekündigt, Zölle nicht hinzunehmen.
Die USA wollen den Zollfreibetrag für Online-Einkäufe deutlich anheben. Derzeit belegt Kanada in den USA erworbene Waren ab einem Wert von 20 Dollar mit einem Zoll, Mexiko ab einem Wert von 50 Dollar. In den Vereinigten Staaten liegt der Freibetrag bei 800 Dollar. Kanada befürchtet bei einer Lockerung schwere Einbußen für seinen Einzelhandel.
Die USA wollen durchsetzen, dass die Vorschriften für Arbeits- und Umweltschutz in Mexiko angehoben werden. Das würde die Produktion in Mexiko verteuern und den Standort für US-Firmen weniger attraktiv machen.
Auch deshalb sieht die Regierung in Mexiko-Stadt Nafta als Erfolg. Nach dem anfänglichen Schock hat sie sich schnell zusammengerauft und geht verhalten optimistisch in die Neuverhandlungen. In Teilen hält auch sie den Vertrag nach mehr als 20 Jahren nicht mehr für zeitgemäß und möchte beispielsweise Themen wie Energie, elektronischen Handel und den Schutz geistigen Eigentums geregelt sehen.
„Die Aktualisierung des Freihandelsabkommens bietet die Möglichkeit, seinen Erfolg zu verstärken, die aktuellen Herausforderungen zu meistern und unser Integrationsmodell anzupassen, um die Chancen zu nutzen, die die Wirtschaft des 21. Jahrhunderts bietet“, heißt es in einem Positionspapier der Regierung.
Wie Kanada will auch Mexiko die Aufnahme der Energiepolitik in das Abkommen. Um jeden Preis wollen die Mexikaner die Einführung neuer Zölle verhindern, wie sie US-Präsident Trump ins Spiel gebracht hat, um die Abwanderung von Firmen zum Nachbarn vorzubeugen. „Solange das Ziel, die Handelsbilanz auszugleichen, nicht die Einführung von Zöllen oder Quoten bedeutet, können wir darüber reden“, sagte Mexikos Wirtschaftsminister Ildefonso Guajardo zuletzt dem Fernsehsender CNN.