Nahost-Konflikt US-Präsident Trump droht Iran und Irak mit Sanktionen und Angriffen gegen Kulturstätten

Zwei Tage nach dem Tod eines seiner wichtigsten Generäle schafft der Iran erste Tatsachen. Die sind nicht militärischer Natur, zumindest noch nicht. US-Präsident Trump verschärft den Ton.

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US-Präsident Donald Trump hat Teheran und Bagdad nach der von ihm befohlenen Tötung des iranischen Spitzengeneral Ghassem Soleimani im Falle von Gegenreaktionen mit Konsequenzen gedroht. Dem Irak stellte Trump bei einem Rauswurf der amerikanischen Soldaten harsche Sanktionen in Aussicht.

Wenn überhaupt, müsste ein Abzug zu den Bedingungen der USA erfolgen, deutete er am Sonntag auf dem Rückflug von seinem Ferienclub in Florida nach Washington vor mitreisenden Journalisten an. Die USA unterhielten eine „sehr einzigartige“ Luftwaffenbasis in dem Land, deren Bau Milliarden von Dollar gekostet habe. „Wir gehen nicht, ehe sie uns das erstatten.“

Trump bekräftigte auch seine Drohung, im Falle iranischer Attacken auf Amerikaner Militäraktionen gegen Kulturstätten im Iran ins Auge zu fassen. Damit stellte er sich auch gegen Kritiker in den eigenen Reihen, die ein solches Vorgehen als mögliches Kriegsverbrechen nach internationalem Recht werten.

Der Iran hat Vergeltung für Soleimani geschworen, der am Freitag unweit des Bagdader Flughafens durch eine US-Drohne getötet wurde. Soleimani kommandierte die Al-Kuds-Brigaden und war Architekt der regionalen Militärstrategie des Iran in Irak, Syrien und Libanon.

Erste Auswirkungen hat die US-Aktion nun auf die Atompolitik. Teheran fühle sich nicht länger an die im Nuklearpakt von 2015 festgehaltenen Beschränkungen gebunden, zitierte das Staatsfernsehen am Sonntag aus einer Stellungnahme der Regierung von Präsident Hassan Ruhani.

In dem jetzt praktisch wirkungslos gewordenen Atomabkommen mit den fünf UN-Vetomächten und Deutschland hatte er sich 2015 verpflichtet, sein Nuklearprogramm so zu ändern, dass er keine Atombomben bauen kann.

Im Gegenzug sollten Sanktionen aufgehoben werden. Die USA zogen sich aber 2018 aus dem Vertrag zurück und verhängten neue Sanktionen. Daraufhin setzte der Iran zentrale Klauseln des Abkommens außer Kraft, betonte aber bisher, dass der Vertrag weiter gelte.

In der am Sonntag veröffentlichten Erklärung kündigte der Iran jetzt an, das Land werde bei der Anreicherung von Uran und dessen Lagerung keine Beschränkungen mehr einhalten. Das gelte auch für Forschung und Entwicklung zum Atomprogramm. Was dies im Einzelnen bedeutet, erläuterte die Regierung nicht. Zugleich versicherte sie, weiter wie bisher mit der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA zusammenzuarbeiten.

Deutschland, Frankreich und Großbritannien forderten den Iran zur Einhaltung des Atompakts auf. Alle Akteure in dem Konflikt seien zudem zu „äußerster Zurückhaltung und Verantwortung“ aufgerufen, mahnten Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron und Großbritanniens Premierminister in einer gemeinsamen Erklärung.

Dreitägige Staatstrauer

Mit einem möglichen Vergeltungsschlag des Iran wurde für die Zeit nach dem Ende der dreitägigen Staatstrauer gerechnet, die im Iran und im Irak ausgerufen wurde. Als wahrscheinlichste Ziele für einen iranischen Angriff gelten US-Interessen im Irak.

Am späten Samstagabend schlugen bereits Raketen in der sogenannten Grünen Zone in Bagdad ein, in der sich auch die US-Botschaft befindet. Diese wurde vorübergehend geschlossen. Soleimanis Nachfolger Ismaeil Gha'ani betonte in einem am Montag ausgestrahlten Interview des iranischen Staatsfernsehens, dass die USA sich auf Vergeltung gefasst machen müssten. Im Gegenzug für Soleimanis „Märtyrertum streben wir danach, Amerika aus der Region zu beseitigen“, erklärte Gha'ani.

Trump warnte den Iran via Twitter, sich für den Tod Soleimanis zu rächen. In diesem Fall würden die USA den Iran „sehr schnell und sehr hart“ angreifen und Ziele attackieren, von denen einige sehr wichtig für den Iran und dessen Kultur seien. Nach der Haager Konvention, der sich auch die USA verpflichtet haben, sind Angriffe auf Kulturgüter verboten, es sei denn, sie würden für andere Zwecke genutzt, die sie zu legitimen militärischen Zielen machen.

Trump zeigte sich unbeeindruckt. „Sie dürfen unsere Leute töten. Sie dürfen unsere Leute foltern und verstümmeln. Sie dürfen Straßenbomben nutzen und unsere Leute in die Luft jagen“, klagte er am Sonntagabend im Flugzeug vor Reportern. „Und wir dürfen ihre kulturellen Stätten nicht anfassen? Das funktioniert so nicht.“

Das irakische Parlament forderte indessen, die etwa 5200 US-Soldaten sollten das Land verlassen. Die Mehrheit der Abgeordneten verlangte in einer Resolution das Ende eines Abkommens mit den USA, in dem vor mehr als vier Jahren die Entsendung von US-Soldaten zum Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat im Irak vereinbart worden war.

Sollte der Irak den Abzug des US-Militärs verlangen und dies nicht auf „einer sehr freundlichen Basis“ geschehen, würden die USA Sanktionen gegen das Land verhängen, „wie sie es noch nie zuvor erlebt haben“, drohte Trump nun. Dagegen würden die Strafmaßnahmen gegen den Iran „einigermaßen lahm aussehen“.

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