Nahost Saudi-Arabien bleibt stur

Mit einer Massenhinrichtung hat Saudi-Arabien erhebliche Spannungen in der Region ausgelöst. Auch die Türkei reiht sich in die Riege der Kritiker ein. Saudi-Arabien sieht sich dennoch im Recht.

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Demonstrant mit einem Bild von Nimr al-Nimr in Bahrain: In mehreren Ländern der Region kam es zu Protesten gegen die Hinrichtung in Saudi-Arabien. Quelle: dpa

New York/Ankara/Berlin Saudi-Arabien hat die umstrittene Hinrichtung von 47 Menschen wegen Terrorismus-Vorwürfen verteidigt. Die Angeklagten hätten faire und gerechte Verfahren ohne Berücksichtigung ihrer religiösen Zugehörigkeit gehabt, hieß es am Montag in einer Erklärung der saudiarabischen Vertretung bei den Vereinten Nationen (UN). Das Königreich bedauere zutiefst, dass UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sich besorgt über die Vorwürfe gegen die Delinquenten und die Prozesse geäußert habe.

Die Massenhinrichtung am Wochenende hat zu schweren Spannungen in der Golf-Region geführt. Unter den im sunnitischen Saudi-Arabien Exekutierten war auch der prominente schiitische Geistliche und Kritiker des Königshauses, Nimr al-Nimr. Dessen Tod hatte insbesondere im schiitischen Iran heftige Proteste ausgelöst.

Nachdem aufgebrachte Demonstranten die saudiarabische Botschaft in Teheran gestürmt hatten, brach das sunnitische Saudi-Arabien seine diplomatischen Beziehungen zum schiitischen Iran ab. Die beiden Länder ringen um die Vormachtstellung in der Region. Länder wie die USA, Frankreich, Deutschland, China und Russland äußerten sich besorgt über die Lage und forderten eine diplomatische Lösung.

Türkei: Nahost ist „bereits ein Pulverfass“

Auch die Türkei richtete einen Entspannungsappell an Saudi-Arabien und den Iran. Der Nahe Osten sei „bereits ein Pulverfass“ und könne eine neue Krise nicht verkraften, mahnte der stellvertretende Ministerpräsident Numan Kurtulmus am Montag nach einem Kabinettstreffen vor Reportern. Sowohl Riad als auch Teheran würden unter den „feindseligen Haltungen“ leiden. Sie müssten die Spannungen beiseitelegen, forderte Kurtulmus.

Nach Saudi-Arabien kappten am Montag auch Bahrain und Sudan ihre direkten diplomatischen Verbindungen nach Teheran. Die Vereinigten Arabischen Emirate riefen ihren Botschafter zurück. Saudi-Arabien stoppte auch alle Flüge vom und in den Iran. Der legte mit neuer Kritik nach.

Der türkische Vize-Regierungschef Kurtulmus kritisierte sowohl die Attacken auf saudi-arabische diplomatische Vertretungen im Iran als auch die Hinrichtung al-Nimrs. „Genug ist genug. (Die Region) braucht Frieden und Ruhe. Jeder muss mit Umsicht handeln“, sagte er.


Würden Sanktionen gegen Saudi-Arabien helfen?

Trotz der jüngsten Massenhinrichtungen in Saudi-Arabien hält der Nahost-Experte Sebastian Sons Sanktionen für falsch. „Der Einfluss auf Saudi-Arabien ist nicht so groß, wie wir uns das gerne manchmal vorstellen oder einreden würden“, sagte Sons, der für die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik arbeitet, der Deutschen Presse-Agentur. Sanktionen würden nur Sinn machen, wenn alle wichtigen Handelspartner Saudi-Arabiens sich daran beteiligten. Anders sei dies allerdings bei Waffenlieferungen.

„Es war lange Zeit so, dass in Deutschland und im Rest der Welt wenig Kritisches über Saudi-Arabien berichtet wurde“, erklärte Sons. Das habe sich in den letzten Jahren aber geändert - Deutschland schaue nicht weg.

Saudi-Arabien werde weiter als Partner gesehen, da das Königreich wirtschaftlichen, religiösen und politischen Einfluss in der Region hat. Wirtschaftliche Sanktionen seien kontraproduktiv und würden nicht dazu führen, dass Saudi-Arabien seine Politik ändere.

Sons betonte außerdem, dass die saudische Regierung nicht alles kontrollieren könne. Zwar habe das Königshaus erkannt, dass man den sogenannten Islamischen Staat (IS) bekämpfen müsse. „Das heißt aber noch lange nicht, dass Individuen, Geistliche, Geschäftsleute, die nicht zwingend unter der Kontrolle des Königshauses stehen, nicht weiter den IS unterstützen.“

Das Königreich als Partner aufzugeben, sei aber ein Fehler. „Ohne Saudi-Arabien ist eine Lösung der Regionalkonflikte, ein effektiver Kampf gegen den Islamischen Staat, schlichtweg nicht machbar“, sagte er.

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