Nahost Trotz Dubai-Blase geht der Bauboom weiter

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Der saudiarabische Monarch Quelle: REUTERS

An Saudi-Arabien wird sich schon der schieren Größe des Landes wegen das wirtschaftliche Schicksal der Gesamtregion entscheiden; die kleinen Monarchien Bahrain, Katar und Kuwait haben mit ihrer Zustimmung zu einer baldigen Währungsunion mit den Saudis diesen Zustand akzeptiert – und König Abdullah ist als vorsichtiger Reformer für den Westen eigentlich ein Glücksfall. Abdullah bleibt aber an die mittelalterlich anmutende Rechtsordnung gebunden. Das hemmt die Entwicklung.

Kaum ein ausländischer Manager – das gilt auch für Araber aus anderen Ländern – geht gern an einen Ort, wo Frauen immer noch nicht Auto fahren dürfen, Theater und Kinofilme generell verboten sind. Die im Vergleich zu Riad und Dschidda lockeren Sitten machten immer einen Teil des Reizes der bisherigen Boomtown Dubai aus – jetzt rüsten sich Bahrain und sogar das konservative Kuwait, diese Rolle zu übernehmen.

Abdullah trotzt diesem Problem mit gigantischen Infrastrukturplänen. Unter der Finanzkrise hat sein Land weniger als die Nachbarn gelitten, weil die Auslandsverschuldung vergleichsweise gering ist. Geld ist also vorhanden und wird auch ausgegeben.

Know-How verkauft sich

Allein der Bau der „King Abdullah Economic City“ soll 93 Milliarden Dollar kosten – eine Zweimillionenstadt am Roten Meer, 125 Kilometer nördlich der bisherigen Wirtschaftsmetropole Dschidda. In derselben Wüstenregion hat vor vier Monaten bereits die „King Abdullah University of Science and Technology“ (KAUST) den Betrieb aufgenommen. Die Gründungskosten werden auf zehn Milliarden Dollar geschätzt, und solange das Lehr- und Verwaltungspersonal nicht vollständig rekrutiert ist, wird die Hochschule vom Erdölkonzern Saudi Aramco und vom Energieministerium gelenkt. Dabei spielt Forschung, die mit Öl und Gas zu tun hat, an der KAUST den Plänen zufolge keine größere Rolle als an irgendeiner Technischen Hochschule in Europa.

Der König findet einfach im eigenen Land fast nur im Erdölsektor Leute, die wissen, worum es sich bei High-Tech-Einrichtungen überhaupt handelt. Aber dieses Problem soll die Wüsten-Universität ja langfristig lösen; und auf kurze Sicht lässt sich Know-how kaufen: Der designierte Präsident der KAUST, Shih Choon Fong aus Singapur, hat sich als Forscher auf dem Gebiet der Bruchmechanik international einen Namen gemacht.

Das Geld ist jedenfalls dank des wieder stabilen oder sogar steigenden Ölpreises da. Den Saudis drohen darum eher politische als wirtschaftliche Gefahren: Die Gewalt im Nachbarland Jemen könnte schnell auf die saudische Südwestprovinz Assir übergreifen. Und vor allem provoziert der König mit seiner vorsichtigen Modernisierung die Konservativen und enttäuscht die Fortschrittlichen. Abdullah wird diesen Sommer 86 Jahre alt. Der Kronprinz, sein Bruder Sultan, ist zwei Jahre jünger, gilt als korrupt und ist entsprechend unbeliebt. Das Haus Saud hätte möglicherweise mehr von einem Bruchmechanik-Experten als erstem Wissenschaftler des Landes, wenn der sich mit sozialen Konflikten beschäftigen würde statt mit Metalllegierungen.

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