Neuer Fed-Chef Die Wahl Powells ist eine verpasste Chance

James Powell Quelle: REUTERS

Mit der Ernennung von Jerome Powell zum neuen Chef der US-Notenbank Fed verspielt Donald Trump die historische Chance, die US-Geldpolitik zu reformieren.

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Jerome Powell also soll es werden. Monatelang hat US-Präsident Donald Trump die Öffentlichkeit auf die Folter gespannt, wen er als Nachfolger von Janet Yellen an die Spitze der mächtigen US-Notenbank Fed zu berufen gedenkt. Nun ist der Würfel gefallen. Jerome Powell, seit 2012 Mitglied im Direktorium der Fed, wird Yellens Platz einnehmen, wenn deren reguläre Amtszeit im Februar nächsten Jahres endet.

Damit hat sich der 64-jährige Jurist und Politologe gegen den Ökonomieprofessor John Taylor und gegen Yellen durchgesetzt, die bis zuletzt ebenfalls für das hohe geldpolitische Amt im Gespräch waren. Jetzt muss der Senat Powell noch bestätigen.

Mit der Wahl Powells hat Trump die historische Chance verspielt, die amerikanische Geld- und Währungspolitik auf eine radikal neue Basis zu stellen oder zumindest auf eine härtere, regelbasierte Gangart einzuschwören. Denn die Powell-Fed wird für die Fortsetzung der Yellen-Politik unter neuem Namen stehen. Dass Trump Yellen keine zweite Amtszeit gewährt hat, ist wohl darauf zurückzuführen, dass er ihre lasche Geldpolitik im Wahlkampf heftig kritisiert hatte und vor seinen Anhängern nun den Eindruck vermeiden wollte, er sei eingeknickt.

Dabei ist genau das der Fall. Denn ebenso wie Yellen gilt Powell als geldpolitische Taube, also als jemand, der im Zweifel auf niedrigere Zinsen und eine üppigere Geldversorgung der Wirtschaft setzt. So hat Powell im Offenmarktausschuss der Fed meist mit Yellen gestimmt. Nur in der Frage der Bankenregulierung gehen die Meinungen der beiden auseinander. Powell hat sich zwar für höhere Eigenkapital- und Liquiditätsausstattungen der Banken ausgesprochen. Doch möchte er vor allem kleinere Banken von allzu harten staatlichen Regulierungen befreien.

Schon die Vita Powells spricht dafür, dass er kein Interesse daran hat, die Geldpolitik einer strengeren Regelbindung (wie sie John Taylor fordert) oder einer parlamentarischen Kontrolle (wie sie der libertäre US-Senator Rand Paul fordert) zu unterwerfen. So hat Powell zu Beginn seiner Karriere als Investmentbanker und Rechtsanwalt, später unter US-Präsident George Bush Senior in Führungspositionen im US-Finanzministerium gearbeitet.

Die größten Gläubiger der US-Regierung

Anschließend stand er auf der Gehaltsliste einer führenden Private-Equity-Gesellschaft. All diese Institutionen leben davon, dass die Notenbank in Kooperation mit den Geschäftsbanken Geld- und Kredit aus dem Nichts schöpft. Es ist der Stoff, mit dem sich riesige Spekulationsräder drehen und Hebelgeschäfte finanzieren lassen - und an dem sich die Begünstigten auf Kosten der Sparer eine goldene Nase verdienen.

Wer es wie Powell mithilfe des Fiat-Geldsystems zu erklecklichem Reichtum gebracht hat (sein Privatvermögen wird auf 20 bis 55 Millionen Dollar geschätzt), dürfte kaum danach trachten, die Funktionsmechanismen dieses Systems in Frage zu stellen - seien sie ökonomisch, konjunkturell und verteilungspolitisch noch so schädlich.

Steuersenkungen werden neue Löcher in den Staatshaushalt reißen

An der Wall Street und im Washingtoner Establishment wird man mit der Wahl Powells zufrieden sein. Denn er steht dafür, dass die Fed in den nächsten Jahren keinen Sand ins Getriebe des finanzindustriell-politischen Komplexes werfen und mit der Liquiditätsspritze subito zur Stelle sein wird, wenn es bei den Banken wieder einmal brennt.

Dass Trumps Wahl für den Chefposten der Fed auf Powell gefallen ist, dürfte nicht zuletzt das Werk seines Finanzministers Steven Mnuchin, eines ehemaligen Goldman-Sachs-Investmentbankers, sein. Mnuchin hatte sich dem Vernehmen nach stark für Powell eingesetzt. Ein wichtiger Grund dürfte die von Mnuchin und Trump angestrebte Steuerreform sein.

Die avisierten Steuersenkungen werden neue Löcher in den US-Staatshaushalt reißen. Damit die steigende Kreditnachfrage des Staates die Zinsen und die Schuldenquote nicht zu stark in die Höhe treibt, braucht Trump an der Spitze der Notenbank jemanden, der die Geldbeschaffungskosten unter Kontrolle hält.

Daher dürfte Powell den von Yellen eingeleiteten Kurs der geldpolitischen Straffung im Zweifel eher verlangsamen als ihn zu beschleunigen. Für die Weltwirtschaft heißt das, dass sich die Akteure auf einen keynesianischen Policy-Mix aus expansiver Fiskal- und weiterhin recht lockerer Geldpolitik made in USA einstellen sollten. Diese dürfte den Dollar tendenziell eher belasten als ihn zu stärken.

So steht die Wahl Powells für das Gegenteil dessen, was Trump im Wahlkampf versprochen hatte und wofür er gewählt wurde. Statt den „Sumpf“ in Washington und an der Wall Street auszutrocknen, hat der „Sumpf“ Trump verschluckt.

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