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New York Notes

Die nächste Blase in den USA?

Angela Hennersdorf
Angela Hennersdorf Redakteurin Unternehmen & Märkte

Amerikaner finanzieren ihr Studium mit Krediten. Der Schuldenberg der Jungakademiker in den USA ist schon auf eine Billion Dollar angewachsen. Weil viele nach dem Studium keinen Job finden, steigen die Zahlungsausfälle. Wann platzt die Studentenkredit-Blase in Amerika?

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Campus Yale Quelle: AP

Ein Studium in Amerika ist teuer – je besser der Ruf der Uni, desto höher sind die Studiengebühren. So funktioniert höhere Bildung im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Bis zu 50.000 Dollar kostet ein Studienjahr an einer Privat-Universität. Viele Amerikaner können sich diese hohen Studiengebühren nicht leisten und studieren deshalb auf Pump. In den vergangenen Jahren gab es immerhin relativ günstige Studentenkredite - finanziert von der US-Regierung. Doch die hat seit der Finanzkrise 2008 die Ausgaben für Bildung reduziert. Zunehmend sind private Finanzinstitute in das Geschäft mit Studienkrediten in Amerika eingestiegen.

Die Kreditvergabe erweist sich jedoch für beide Seiten als fatal: Denn für die hochverschuldeten Jung-Akademiker ist die Lage auf dem heimischen Arbeitsmarkt besonders schlecht. Sie finden kaum adäquate Jobs, und können folglich ihre Studentenkredite nicht zurückzahlen. Erstmals schulden Amerikaner mehr Geld für Studentenkredite als für Kreditkartenschulden. Der Schuldenberg der US-Studenten ist mittlerweile auf insgesamt eine Billion Dollar angewachsen. Bei den Banken müssten daher längst sämtliche Alarmglocken läuten: Denn stetig steigt die Zahlungsunfähigkeit. Im Jahr 2009 lag der Zahlungsausfall für Studentenkredite bei sieben Prozent, 2010 lag die Quote schon bei neun Prozent.

Doch die Kreditvergabe amerikanischer Finanzinstitute blüht trotzdem weiter. Viele Amerikaner haben zur Finanzierung ihres Studiums sogar private und staatliche Studentenkredite laufen. Die Privaten setzen die Zinsen rauf und verlangen höhere Gebühren, wenn nicht rechtzeitig zurückgezahlt wird. „Die Banken sind dick im Geschäft“, sagt Professor Andrew Ross von der City-Universität in New York. „Diesmal sind es nicht Immobilienkredite, sondern Studentenkredite, die sie massenhaft vergeben.“ Es ist nur eine Frage der Zeit bis die nächste Blase in den USA platzt: Die Studentenkreditblase.

Fatal für Amerikas Wirtschaft

Für die Studierenden wird die Finanzierung ihrer Kredite zukünftig womöglich noch schwieriger. Auch die Zinsen für staatliche Studentenkredite steigen. Sie werden sich ab Juli auf 6,8 Prozent verdoppeln, wenn der US-Kongress sich nicht einigt, die Finanzierungskosten niedrig zu halten. Vor fünf Jahren, also kurz vor der Finanzkrise, hatten die Demokraten im Weißen Haus die Kosten für Studienkredite halbiert. Diese Maßnahme der Regierung läuft im Juli aus, wenn sie der Kongress nicht verlängert.

In der Kasse hat die US-Regierung das Geld dafür nicht. Sie müsste irgendwo anders sechs Milliarden Dollar abzweigen, um weiterhin günstige staatliche Studentenkredite anbieten zu können. Lässt die Regierung die günstigen Kredite auslaufen, müssten rund sieben Millionen Studenten in den USA pro Jahr 1000 Dollar mehr für ihre Kredite berappen.

Die Protestbewegung Occupy-Wall-Street hat sich in den USA in dieser Woche mit diversen Demonstrationen gegen Studiengebühren und zu hohe Kosten für Studentenkredite in der Öffentlichkeit zurückgemeldet. In New York und vielen anderen amerikanischen Städten demonstrierten am Mittwoch dieser Woche hunderte gegen die zunehmende Verschuldung der Jung-Akademiker. Nach Angaben der Bewegung hat der amerikanische Student im Durchschnitt im ersten Studienjahr Schulden von rund 25.000 Dollar. Die Studiengebühren an amerikanischen Universitäten steigen jährlich durchschnittlich um fünf Prozent.

Medizinstudentin Annie Spencer aus New York ist stolz darauf, dass sie die erste in ihrer Familie ist, die eine Universität besucht. Doch sie hat längst kapiert, auf was sie sich da eingelassen hat: „Ich habe während meines Studiums 80.000 Dollar Schulden angesammelt – und ich habe keine Ahnung wie ich die jemals abbezahlen soll“, sagt die Medizinstudentin.

Der wachsende Schuldenberg der Jung-Akademiker ist auch für Amerikas Wirtschaft fatal. Denn die junge Leute kurbeln den Konsum nicht an: Sie können sich kein Auto, und schon gar nicht ein Haus leisten. Heiraten und eine Familie gründen – das, so Medizinstudentin Spencer, werde erst einmal ganz weit in die Ferne Zukunft verschoben.

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