Nicht regierungsfähig McCarthys Blamage ist brandgefährlich

Und täglich grüßt das Murmeltier: Auch am dritten Sitzungstag mit fünf weiteren Wahlgängen konnte Republikaner Kevin McCarthy nicht zum Sprecher des US-Repräsentantenhauses gewählt werden. Quelle: REUTERS

Es ist das längste Gezerre um den Chefposten seit dem 19. Jahrhundert. Die Republikaner beweisen einmal mehr, dass man ihnen keine Macht anvertrauen kann. Das ist gefährlich – auch für die Weltwirtschaft. Ein Kommentar.

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Auf den ersten Blick hat das Chaos im US-Repräsentantenhaus etwas Kathartisches. Kevin McCarthy, der Anführer der Republikaner in der unteren Kongresskammer, hat über Jahre alles dafür getan, sich dem gescheiterten Präsidenten Donald Trump und seinen Anhängern anzudienen. Doch am Ende verweigert ihm genau dieser Parteiflügel die Erfüllung seines Ziels, zum Speaker of the House aufzusteigen – und damit das dritthöchste Staatsamt in Washington einzunehmen.

Kritiker der GOP (Grand Old Party) mögen sich jetzt über ausgleichende Gerechtigkeit mokieren, über McCarthys Opportunismus spotten, seine Demütigung für verdient halten. Doch die Dysfunktionalität im Kongress dürfte in den kommenden zwei Jahren Auswirkungen weit über die persönlichen Ambitionen des Kaliforniers hinaus haben. Sie könnte die Weltwirtschaft an den Abgrund führen.

Die Midterm-Wahlen im November haben die Macht in der US-Hauptstadt neu verteilt. Im Weißen Haus regiert weiterhin der Demokrat Joe Biden, im Senat konnte seine Partei ihre knappe Mehrheit ein wenig ausbauen. Doch im Repräsentantenhaus haben jetzt die Republikaner eine hauchdünne Mehrheit von fünf Stimmen. Das heißt, die Parteien müssen ab sofort Kompromisse schließen, um Dinge zu bewegen – und sei es nur, einen Regierungsstillstand abzuwenden. Doch für Kompromisse scheint eine kleine Gruppe am rechten Rand der Republikaner-Fraktion im House nicht zu haben zu sein. Das hat das Theater bei der Sprecher-Wahl gezeigt. Wer auch immer schlussendlich zum Speaker gewählt werden wird: Er oder sie wird davon abhängig sein, dass ihm diese radikale Kleingruppe nicht die Gefolgschaft verweigert. Sonst war es das mit der Macht.

Donald Trump nennt ihn zärtlich „My Kevin“: Der Republikaner Kevin McCarthy könnte bei den US-Zwischenwahlen das dritthöchste Amt im Land erobern – und die wirtschaftspolitische Agenda von Präsident Joe Biden ausbremsen.
von Julian Heißler

Das ist gefährlich. Schon in den nächsten Wochen müssen die USA wieder einmal ihr Kreditlimit anheben. Geschieht das nicht, kann die Regierung ihre Schulden nicht zurückzahlen. US-Staatsanleihen, die vermeintlich sicherste Geldanlage der Welt, würden ihren Wert verlieren – mit unabsehbaren Folgen für das globale Finanzsystem und damit die Weltwirtschaft.

Solche Warnungen hat es in den vergangenen Jahren immer mal wieder gegeben, wenn sich Demokraten und Republikaner in Washington die Macht teilen mussten. Trotzdem wurde immer eine Lösung gefunden. Doch kommt es diesmal wieder so? In der Vergangenheit – etwa zu Zeiten der Obama-Präsidentschaft – war die Mehrheit der Republikaner im House stets so groß, dass die Parteiführung die Hardliner isolieren und gemeinsam mit den Demokraten die Schuldengrenze anheben konnte. Doch das ist diesmal nicht der Fall. Die Radikalen haben nun gezeigt, dass sie ihre eigene Partei erpressen können – und auch bereit sind, es zu tun.

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Das macht Verhandlungen so gut wie unmöglich. Wie sollen Biden und die Demokraten im Senat ihren Anhängern gegenüber Zugeständnisse im Interesse von überparteilichen Kompromissen rechtfertigen, wenn sich die Führung der Republikaner im Repräsentantenhaus nicht einmal in ihrer eigenen Fraktion durchsetzen kann? Der Kongress steht damit vor zwei Jahren Stillstand. Doch den kann sich das Land nicht leisten. Einige Routineaufgaben müssen schlicht erfüllt werden. Der GOP, das hat sie gezeigt, ist nicht zuzutrauen, das Notwendige zu tun. Die Partei ist nicht regierungsfähig – zum Leid des Landes und vielleicht der ganzen Welt.

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