Non-Profit-Organisation SOS-Kinderdorf zieht Spendengelder aus 35  Schwellenländern ab

SOS-Kinderdorf will ihren Organisationen in zahlreichen Ländern keine Gelder mehr zur Verfügung stellen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Wilfried Vyslozil Quelle: SOS-Kinderdörfer, Fotograf: Andreas Friedle

Die Hilfsorganisation SOS-Kinderdörfer will ihren Organisationen  in den  BRIC- sowie 31 weiteren Schwellenländern kein Geld deutscher Spender mehr für ihre dortigen Einrichtungen zur Verfügung stellen. „Es ist nicht vertretbar, dass so viel Geld aus Europa in die BRIC- und Schwellenländer geht. Wir müssen erkennen, wo unsere Hilfe nicht mehr notwendig ist“, erklärte SOS-Kinderdorf-Chef Wilfried Vyslozil gegenüber der Wirtschaftswoche. „Künftig sollen auch wohlhabende Brasilianer, Chinesen und Südafrikaner für die Einrichtungen in ihrem Land bezahlen, und nicht mehr der deutsche Spender.“

Die stärke Inanspruchnahme ihrer Heimatländer stößt bei Betroffenen allerdings  auf Skepsis. „Wir haben hier erst vor fünf Jahren mit dem Fundraising begonnen. Der Argentinier gibt nur Geld für das, was er gut kennt. Und uns kennt er immer noch als Organisation, die mit europäischen Mitteln unterhalten wird“, sagte Alejandra Perinetti, SOS-Kinderdorf-Direktorin in Argentinien, der WirtschaftsWoche. Sie muss künftig 80 Prozent der Spenden in ihrem Heimatland  erzielen. Die SOS-Präsidentin im vom syrischen Bürgerkrieg stark betroffenen Libanon, Afifa Arsanios, die ihre 75-prozentige Abhängigkeit von Überweisungen aus Deutschland auf null reduzieren muss, meinte gegenüber dem Blatt: „Wir können 2020 nicht finanziell unabhängig sein. Das geht nur, wenn wir Frieden haben und wenn wir das Öl und Gas vor der Küste fördern können.“ Sie sei deshalb  „sehr, sehr besorgt.“

Was SOS Kinderdorf durch die geplante stärkere Inanspruchnahme von  35 aufstrebenden Ländern einspart, soll finanzielle Spielräume für Projekte in den 36 ärmsten Ländern schaffen, in denen die Organisation tätig ist, darunter Nicaragua, Haiti und Angola. „Das ist das Herzstück des Wandels“, sagte Vyslozil.

In Lateinamerika und Osteuropa stehen 76 SOS-Projekte mit über 600 Mitarbeitern auf dem Prüfstand. Im vergangenen Jahr wurden bereits ein Dutzend SOS-Einrichtungen geschlossen, verlagert oder durch andere SOS-Angebote ersetzt. Welche Ländervereine sich von 2020 an mit vor Ort gesammelten Spenden finanzieren müssen, bestimmt SOS-Kinderdorf auf der Basis von Analysen der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Spendenzuwachs,  aber Rücklagenverzehr bei SOS-Kinderdörfer

Die SOS-Kinderdörfer haben ihre Spendeneinnahmen in Deutschland 2013 um rund acht Prozent gegenüber dem Vorjahr gesteigert. Nach deren vorläufigen Angaben stieg das Spendenaufkommen gegenüber 2012 von 241 auf rund 260 Millionen Euro. SOS führt traditionell das Ranking der größten Spendenempfänger mit großem Abstand an. Trotzdem gehen die Rücklagen der Organisation laut WirtschaftsWoche seit Jahren zurück und sanken von 238 Millionen Euro 2005 auf derzeit 175 Millionen Euro. Grund sind vor allem explodierende Kosten der SOS-Projekte in Schwellenländern. SOS unterhält unter anderem 545 Kinderdörfer in aller Welt und hilft 450 000 Menschen in Form von Familienstützungsprogrammen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%