Nord Stream 2 China soll bei Ostseepipeline einsteigen

Weil US-Sanktionen die Finanzierung der Ostseepipeline durch die Europäer gefährden, sucht der Betreiber Nord Stream nun eine Alternative. Als Rückversicherung könnten Kredite bei chinesischen Banken ins Spiel kommen.

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Die Betreibergesellschaft der Ostseepipeline sichert sich gegen einen möglichen Absprung der Europäer ab. Quelle: Reuters

Moskau Russlands Präsident Wladimir Putin ist weiter optimistisch: Die Erweiterung der Ostseepipeline habe alle „Aussichten auf Erfolg“, sagte er bei einem Treffen mit dem Chef des Ölkonzerns Royal Dutch Shell, Ben van Beurden. Der Kremlchef betonte, dass es sich um ein rein „kommerzielles Projekt“ handle, das darauf abziele, Europas steigenden Energiebedarf zu decken – Putin bezifferte den künftigen Gasverbrauch auf bis zu 510 Milliarden Kubikmeter jährlich. „Mir scheint, wir müssen nur in absoluter Freundschaftlichkeit einen Dialog mit unseren Partnern führen“, meinte Putin das Erfolgsrezept für die Realisierung des Projekts gefunden zu haben.

Bei van Beurden musste Putin keine große Überzeugungsarbeit leisten. Shell ist neben der OMV, Engie, Uniper und Wintershall einer der Anwärter auf eine Partnerschaft mit Gazprom beim Bau der Pipeline Nord Stream 2, die ab 2019 in Betrieb gehen soll und auf eine Kapazität von 55 Milliarden Kubikmeter Gas jährlich ausgelegt ist.

Die vier europäischen Energieversorger haben jüngst Gazprom die Bereitstellung von 4,75 Milliarden Euro (entspricht der Hälfte der geplanten Baukosten) an langfristigen Krediten zugesichert, die potenziell später in Anteile umgewandelt werden können. Doch das Abkommen ist durch eine Gesetzesinitiative des US-Senats gefährdet: Die Senatoren wollen größere Investitionen in russische Pipelines verbieten.

In Berlin und Wien hat dies bereits zu Verärgerung geführt. In einer gemeinsamen Erklärung verbaten sich Österreichs Bundeskanzler Christian Kern und Deutschlands Außenminister Sigmar Gabriel die Einmischung aus Übersee. Es gehe in dem Fall offensichtlich darum, Konkurrenz für amerikanisches Flüssiggas auszuschalten, kritisierten die beiden Sozialdemokraten. Bundeskanzlerin Angela Merkel pflichtete später ihrem Außenminister in der Kritik bei.

Van Beurden bekräftigte trotz der drohenden Sanktionen beim Treffen mit Putin das Interesse an der Erweiterung der Ostseepipeline, die die „Energiesicherheit Europas gewährleisten“ werde. Ein OMV-Sprecher sagte, es sei „zu früh, das Risiko zu beurteilen“, solange das Gesetz noch nicht in Kraft getreten sei.


Warum China an Nord Stream 2 interessiert ist

Die Betreibergesellschaft Nord Stream 2 sichert sich trotzdem gegen einen möglichen Absprung der Europäer ab: Russischen Medien zufolge hat sie Konsultationen über den Einstieg chinesischer Banken als Kreditgeber des Projekts geführt. Die Meldungen stützen sich sowohl auf Unternehmens- als auch auf Regierungskreise.

„Nord Stream 2 bietet eine gute Rendite und wenig Risiko. Chinesische Banken dürften sich dafür interessieren“, kommentierte der Vizedirektor des Fonds für nationale Energiesicherheit Alexej Griwatsch die Berichte. Auch der Direktor des Moskauer Instituts für aktuelle Wirtschaft, Nikita Isajew, glaubt an Unterstützung aus dem Osten. Das Interesse der Chinesen an Nord Stream 2 sei aus politischen Erwägungen her echt. „China versucht derzeit im Kampf gegen die USA die Achse Peking- Berlin aufzubauen und nach Möglichkeit dabei Moskau einzubeziehen“, sagte er.

Sergey Rozhenko, Manager der Energieconsultingagentur Arup, ist skeptischer: „Aus kommerzieller Sicht macht dies für China keinen Sinn“, sagte er dem Handelsblatt. Auf Verträge beim Bau könnten die Chinesen nicht rechnen. „Sie sind keine Spezialisten im Bereich Röhrenproduktion“, so Rozhenko. Zudem würde sich Peking damit nur selbst Konkurrenz machen: Durch neue Pipelines gen Westen habe Russland mehr Spielraum bei Preisverhandlungen mit China.

Der Streit um Nord Stream 2 ist ohnehin kein rein europäisch-amerikanisches Kräftemessen, der Konflikt verläuft auch innerhalb der EU. Während Deutschland sich dafür starkmacht, kommt Widerstand aus Osteuropa, insbesondere aus Polen und den baltischen Staaten. Aber auch aus Skandinavien ist dagegen. Die EU-Kommission steht dem geplanten Bau einer neuen 55-Milliarden-Kubikmeter-Pipeline durch die Ostsee ebenfalls skeptisch gegenüber.

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