Nordafrika Hunderttausende protestieren gegen algerischen Präsidenten Bouteflika

Algeriens Präsident hat zwar seine Kandidatur für eine vierte Amtszeit abgesagt, ein Rücktritt oder ein Ende seiner Regentschaft ist jedoch nicht absehbar.

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Hunderttausende haben sich in der Innenstadt der algerischen Hauptstadt Algier zu Demonstrationen gegen den Staatspräsidenten zusammengefunden. Quelle: Reuters

Algier, Dubai In der algerischen Hauptstadt Algier sind am Freitag Hunderttausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen Präsident Abdelaziz Bouteflika zu demonstrieren. Nach Angaben von Zeugen war es die größte Protestkundgebung seit Beginn der Demonstrationen im Februar. Unterdessen mehrten sich die Anzeichen, dass sich die Regierungspartei FLN von dem 82-Jährigen abwendet.

Der frühere Parteisprecher Hocine Kheldoun sagte am Donnerstagabend dem TV-Sender Ennahar, der seit 20 Jahren amtierende Präsident sei „Geschichte“. Ein ehemaliger Minister mit Kenntnissen aus dem Umfeld Bouteflikas sagte Reuters, der Präsident könne dem Druck nicht mehr lange standhalten. „Das Spiel ist aus. Bouteflika hat keine andere Wahl als jetzt abzutreten“, sagte er.

Die Proteste hatten sich an der Ankündigung des schwer kranken Bouteflikas entzündet, im April für eine fünfte Amtszeit zu kandidieren. Nach der Rückkehr von einem zweiwöchigen Krankenhausaufenthalt in Genf erklärte er am Montag den Verzicht auf die Kandidatur und setzte die für den 18. April angesetzte Wahl ab. Allerdings machte er keine Anstalten, die Macht abzugeben.

Ex-Parteisprecher Kheldoun sagte, die Partei müsse nach vorn schauen und die Ziele der Demonstranten unterstützen. Einer der einflussreichsten Geistlichen des Landes rief zu Geduld auf. „Lasst uns optimistisch sein, Algerien muss seine Krise überwinden, sagte der Imam Mohamed Abdelkader Haider. Ein massives Polizeiaufgebot versuchte, die Demonstration zu kanalisieren. Die Polizei riegelte Zufahrtsstraßen zu Regierungsgebäuden und dem Parlament ab. Das einflussreiche Militär hat sich bislang zurückgehalten.

In den vergangenen Wochen gingen fast täglich Zehntausende Menschen auf die Straße, um für mehr Demokratie zu demonstrieren. Sie lehnen ein System ab, das seit fast 60 Jahren vom Militär und von Veteranen des Unabhängigkeitskriegs gegen Frankreich 1954 bis 1962 dominiert wird. Auch Bouteflika sowie die wirtschaftliche Elite gehören zu den Veteranen.

Dagegen sind fast 70 Prozent der Algerier jünger als 30 Jahre. Sie halten angesichts der sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage nicht mehr still. Der neue Ministerpräsident Noureddine Bedoui hat die Bildung einer neuen Technokraten-Regierung angekündigt, der auch junge Algerier angehören sollen, die hinter den Protesten stehen.

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