




Neue Eskalationsstufe im Nordkorea-Konflikt: Das Regime in Pjöngjang genehmigte dem Militär des Landes einen Atomangriff auf die USA. In einem Statement eines Armeesprechers vom frühen Donnerstag hieß es, die Streitkräfte seien autorisiert, amerikanischen Aggressionen mit dem Einsatz von Atomwaffen zu begegnen. Erst am Mittwoch hatte Nordkorea Pendlern aus Südkorea den Zugang zum gemeinsam betriebenen Industriepark Kaesong untersagt und damit die letzte Verbindung zum Süden gekappt. Südkoreas Verteidigungsminister Kim Kwang Jin drohte mit militärischen Aktionen für den Fall, dass seine verbliebenen Landsleute in der Sonderwirtschaftszone in der nordkoreanischen Grenzregion in Gefahr seien.
Die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel gelten seit dem dritten Atomtest in Nordkorea im Februar als äußerst gespannt. Pjöngjang hatte als Reaktion auf die Ausweitung von UN-Sanktionen und südkoreanisch-amerikanische Militärmanöver den Waffenstillstandsvertrag von 1953 gekündigt. Am Samstag rief Pjöngjang den „Kriegszustand“ im Verhältnis zu Südkorea aus – und versetzte damit die zweitgrößte Armee Asiens in Alarmbereitschaft. Knüpft der junge nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un an die Tradition seines Vaters und Großvaters an, die mit Kriegsrhetorik und gelegentlichem Säbelrasseln immer wieder den Rest der Welt gegen sich aufbrachten, aber so auch Geld ins Land bekamen? Oder macht Kim mit seinen Drohungen tatsächlich ernst?
Norbert Eschborn ist überzeugt: Zu einem Krieg wird es nicht kommen. „Nordkorea hätte in dem Fall viel mehr zu verlieren als Südkorea“, so der Büroleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Seoul. Denn eine Niederlage würde das Ende des Kim-Regimes bedeuten.





Die rhetorische Panikmache der Nordkoreaner erklärt sich Eschborn als Maßnahme Kims gegen die eigene Bevölkerung. Denn von dem wirtschaftlichen Aufschwung, der den Nordkoreanern in Aussicht gestellt wurde, sei noch nichts zu sehen. Im Gegenteil. Die Bevölkerung ist verarmt, viele sind gar auf Lebensmittel von internationalen Organisationen – etwa der Welthungerhilfe – angewiesen.
Die Wirtschaft befindet sich in einem katastrophalen Zustand. Keine Branche, keine Güter, die international wettbewerbsfähig sind. Die wenigen ausländischen Journalisten, die das Land besuchen dürfen, bekommen Vorzeige-Industrieanlagen gezeigt, in denen angeblich hochwertige Medikamente hergestellt werden. Grundlage sei die Ginsengpflanze, die tatsächlich auch in Nordkorea blüht, erklären die staatstreuen Medienbegleiter. Das Endprodukt zeigen sie nicht.
Auch mit seinen Webereien und Textilfabriken kann Pjöngjang im Ausland keinen Cent verdienen. „Die Lage in Nordkorea ist verzweifelt“, sagt Eschborn. Vermutlich wolle Pjöngjang nun mit den notwendigen Militärinvestitionen gegenüber seiner Bevölkerung den ausbleibenden Aufschwung rechtfertigen.
Laut Eschborn bestehe lediglich die Gefahr, dass einzelne Provokationen einen militärischen Rückschlag nach sich ziehen und auf diese Weise durch das Verschulden Einzelner ausversehen ein Krieg ausgelöst werde.
Während die Welt besorgt nach Korea blickt, wundern sich die Südkoreaner über das große Medieninteresse. „In Seoul herrscht eine große Gelassenheit, die Lage ist nicht angespannt und die Menschen machen auch keine Hamsterkäufe“, sagt Eschborn. Maßnahmen Pjöngjangs, wie etwa das Abriegeln der Sonderwirtschaftszone Kaesong, seien für die Südkoreaner nichts neues, das sei alles schon mal vorgekommen, sagt Eschborn.