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Nordkorea Der verzweifelte Kim

Nordkorea befindet sich in einem katastrophalen Zustand. Der versprochene Wirtschaftsaufschwung unter Kim Jong Un lässt auf sich warten. Der Diktator ist verzweifelt. Führt er sein Land nun in den Krieg?

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Die übelsten Diktatoren der Welt
Kim Jong-Un Quelle: dapd
Gurbanguly Berdymuchammedow Quelle: REUTERS
Teodoro Obiang Quelle: REUTERS
Nursultan Nasarbajew Quelle: dpa/dpaweb
Paul Kagame Quelle: dapd
König Mswati III. Quelle: REUTERS
Islam Karimow Quelle: REUTERS

Neue Eskalationsstufe im Nordkorea-Konflikt: Das Regime in Pjöngjang genehmigte dem Militär des Landes einen Atomangriff auf die USA. In einem Statement eines Armeesprechers vom frühen Donnerstag hieß es, die Streitkräfte seien autorisiert, amerikanischen Aggressionen mit dem Einsatz von Atomwaffen zu begegnen. Erst am Mittwoch hatte Nordkorea Pendlern aus Südkorea den Zugang zum gemeinsam betriebenen Industriepark Kaesong untersagt und damit die letzte Verbindung zum Süden gekappt. Südkoreas Verteidigungsminister Kim Kwang Jin drohte mit militärischen Aktionen für den Fall, dass seine verbliebenen Landsleute in der Sonderwirtschaftszone in der nordkoreanischen Grenzregion in Gefahr seien.

Die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel gelten seit dem dritten Atomtest in Nordkorea im Februar als äußerst gespannt. Pjöngjang hatte als Reaktion auf die Ausweitung von UN-Sanktionen und südkoreanisch-amerikanische Militärmanöver den Waffenstillstandsvertrag von 1953 gekündigt. Am Samstag rief Pjöngjang den „Kriegszustand“ im Verhältnis zu Südkorea aus – und versetzte damit die zweitgrößte Armee Asiens in Alarmbereitschaft. Knüpft der junge nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un an die Tradition seines Vaters und Großvaters an, die mit Kriegsrhetorik und gelegentlichem Säbelrasseln immer wieder den Rest der Welt gegen sich aufbrachten, aber so auch Geld ins Land bekamen? Oder macht Kim mit seinen Drohungen tatsächlich ernst?

Norbert Eschborn ist überzeugt: Zu einem Krieg wird es nicht kommen. „Nordkorea hätte in dem Fall viel mehr zu verlieren als Südkorea“, so der Büroleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Seoul. Denn eine Niederlage würde das Ende des Kim-Regimes bedeuten.

53.000 Nordkoreaner arbeiten für die Kapitalisten
Kein Durchkommen gibt es derzeit für die Südkoreaner, die an ihre Arbeitsplätze jenseits der Grenze wollen. Der Norden verweigert ihnen seit Mittwoch die Einreise in den gemeinsam betriebenen Industriekomplex Kaesong. Quelle: AP
Der Industriekomplex liegt in Nordkorea etwa zehn Kilometer von der Grenze zu Südkorea entfernt. Er wurde 2004 als Projekt der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der beiden Staaten gegründet. Während der vorangegangenen Krisen auf der koreanischen Halbinsel hatten beide Seiten stets darauf geachtet, das Symbolprojekt nicht dauerhaft zu beschädigen. Quelle: dpa
Doch jetzt ist die Grenze dicht. Wie lange die Sperre andauern soll, ist völlig unklar. Zuletzt war südkoreanischen Arbeitern im März 2009 wegen eines US-südkoreanischen Manövers kurzzeitig die Einreise verweigert worden. Nach einem Tag wurde die Sperre wieder aufgehoben. Quelle: REUTERS
Die Journalisten stürzten sich auf die Arbeiter, die üblicherweise nach Kaesong fahren. Ein Regierungssprecher in Seoul bezeichnete die Entscheidung Pjöngjangs als „sehr bedauerlich“. Priorität habe aber zunächst die Sicherheit der Südkoreaner, die sich noch in dem auf nordkoreanischer Seite gelegenen Industriekomplex befinden. Quelle: REUTERS
Die Regierung in Seoul geht laut Sprecher davon aus, dass alle ihre Staatsbürger sicher zurückkehrten. Dennoch wurden die Truppeneinheiten in Grenznähe von den Vorfällen unterrichtet. Es sei ein Notfallplan erarbeitet worden, erklärte Verteidigungsminister Kim Kwan Jin am Mittwoch. Sollte sich eine „ernste Lage“ ergeben, sei auch eine Militäraktion denkbar, um die Sicherheit der südkoreanischen Arbeiter zu gewährleisten. Quelle: dpa
Rund 860 Südkoreaner sollen sich noch im Norden aufhalten. 484 Pendlern wurde die tägliche Einreiseerlaubnis verweigert. Quelle: dpa
Wie dieser Geschäftsmann wechseln die Südkoreaner üblicherweise das Nummernschild an ihren Autos und befestigen die Lizenz, die es ihnen erlaubt sich in der Sonderwirtschaftszone aufzuhalten. Quelle: REUTERS

Die rhetorische Panikmache der Nordkoreaner erklärt sich Eschborn als Maßnahme Kims gegen die eigene Bevölkerung. Denn von dem wirtschaftlichen Aufschwung, der den Nordkoreanern in Aussicht gestellt wurde, sei noch nichts zu sehen. Im Gegenteil. Die Bevölkerung ist verarmt, viele sind gar auf Lebensmittel von internationalen Organisationen – etwa der Welthungerhilfe – angewiesen.

Die Wirtschaft befindet sich in einem katastrophalen Zustand. Keine Branche, keine Güter, die international wettbewerbsfähig sind. Die wenigen ausländischen Journalisten, die das Land besuchen dürfen, bekommen Vorzeige-Industrieanlagen gezeigt, in denen angeblich hochwertige Medikamente hergestellt werden. Grundlage sei die Ginsengpflanze, die tatsächlich auch in Nordkorea blüht, erklären die staatstreuen Medienbegleiter. Das Endprodukt zeigen sie nicht.


Auch mit seinen Webereien und Textilfabriken kann Pjöngjang im Ausland keinen Cent verdienen. „Die Lage in Nordkorea ist verzweifelt“, sagt Eschborn. Vermutlich wolle Pjöngjang nun mit den notwendigen Militärinvestitionen gegenüber seiner Bevölkerung den ausbleibenden Aufschwung rechtfertigen.

Laut Eschborn bestehe lediglich die Gefahr, dass einzelne Provokationen einen militärischen Rückschlag nach sich ziehen und auf diese Weise durch das Verschulden Einzelner ausversehen ein Krieg ausgelöst werde.
Während die Welt besorgt nach Korea blickt, wundern sich die Südkoreaner über das große Medieninteresse. „In Seoul herrscht eine große Gelassenheit, die Lage ist nicht angespannt und die Menschen machen auch keine Hamsterkäufe“, sagt Eschborn. Maßnahmen Pjöngjangs, wie etwa das Abriegeln der Sonderwirtschaftszone Kaesong, seien für die Südkoreaner nichts neues, das sei alles schon mal vorgekommen, sagt Eschborn.

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