Nach Kim Jong-uns Amtsantritt war zu beobachten, dass plötzlich auch über Misserfolge gesprochen wurde. Ist das wirklich mehr Offenheit oder eine Irreführung des Westens?
Es wird deutlich, dass die Unterschiede zu seinem Vater und Großvater enorm sind. Kim Jong-un hat seinen eigenen Stil und er setzt ihn selbstbewusst um. Er verfolgt ein klares, aber eigenes Ziel: Es geht ihm um die Verbesserung des Lebensstandards der nordkoreanischen Bevölkerung als Grundlage seiner Herrschaftslegitimation; er setzt viel weniger auf die Ideologie als seine Vorgänger. Er hat Investitionen in Bereiche umgeleitet, die die Menschen wahrnehmen – etwa Infrastruktur oder auch Neubauten. Es gibt neue Initiativen zur Fleischproduktion mit der Schaffung eines riesigen Graslandes auf zuvor unfruchtbarem Boden. Was das bringt, wird man sehen, aber zumindest die Initiative ist doch bemerkenswert. Mit Hilfe von Joint Ventures und einer Reihe von neuen Wirtschaftsprojekten, etwa 13 neuen Sonderwirtschaftszonen, sollen die Einnahmen gesteigert werden.
Was hat er noch gemacht?
Diesen pragmatischen Ansatz kombiniert er mit einer im Vergleich zu seinem Vater viel volksnäheren PR-Politik. Er sich mit einer Frau an seiner Seite – das Konzept der First Lady hat es vorher so noch nicht gegeben. Und er lässt eben auch über sein Unwohlsein berichten. Die propagandistische Nachricht: Schaut her, wie hart der Führer für sein Volk arbeitet, er schont nicht einmal seine Gesundheit. Kim Jong-un hat erkannt, dass Menschen für Nordkorea ein wirkliches Kapital für die Zukunft sind, in das investiert werden muss. Entsprechend hat er ein weiteres Schuljahr eingeführt, in dem es ausdrücklich nicht um die ideologische Erziehung geht, sondern um die technische und praktische Ausbildung.
Fünf spannende Fakten über Nordkorea
Nordkorea produziere kaum wettbewerbsfähige Güter. Außerdem herrsche ein Mangel an Devisen und somit auch Investitionsgütern. Die Infrastruktur ist marode, zahlreiche Industrieanlagen sind seit Jahren nicht mehr in Betrieb, schreibt das Auswärtige Amt auf seiner Internetseite. Allerdings entstanden unter Kim Jong Un 13 neue Sonderwirtschaftszonen.
Das Land ist streng zentralistisch organisiert und betreibt einen intensiven Personenkult, um mittlerweile drei Führer. Nordkorea wurde 1948 gegründet, und verfügt formal über Verfassungsorgane wie Parlament, Gerichtsbarkeit und Regierung. Allerdings übt vor allem ein übermächtiger Führer mit einem kleinen Kreis an Vertrauten die Macht aus.
Die Medien sind durchgängig staatlich kontrolliert. Die meisten Nordkoreaner haben keine Möglichkeit auf Internet zuzugreifen, teilweise wissen sie nicht einmal, was es ist. Von den knapp 25 Millionen Nordkoreaner haben gerade mal eine Million Menschen ein Handy: Es gibt lediglich einen einzigen Mobilfunkbetreiber, der zwar ein 3G-Netz anbietet, aber keine Datendienste.
Anfang 2014 stellten die Vereinten Nationen einen Bericht über Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Nordkorea vor. Darin heißt es: Nordkorea ist ein totalitärer Staat, in dem als politisch unzuverlässig eingestufte Menschen systematisch ermordet oder als Arbeitssklaven missbraucht werden.
Grundsätzlich bestehen zwischen Nordkorea und Deutschland politische Beziehungen, diese sind allerdings auch durch die von der EU und der UN verhängten Sanktionen belastet. Für die ehemalige DDR war Nordkorea einer der wichtigsten Partner des Landes im Ostblock.
Er setzt sich für eine Verbesserung der Lebensstandards ein, baut aber Vergnügungsparks – ist das nicht eine Verhöhnung der Menschen auf dem Land, die nicht genügend Essen haben?
Das könnte man so sehen. Allerdings ist diese als „Brot und Spiele“ bekannte Politik weder neu noch eine koreanische Erfindung, und sie hat in der Geschichte schon oft funktioniert. Was das Land angeht, so ist dort die Lage weniger gut als in der Stadt, das ist offensichtlich. Was das unterschiedliche Lebensniveau auf dem Lande angeht, so möchte ich auch an die Theorie der zwei Geschwindigkeiten des ehemaligen chinesischen Staatschefs Deng Xiaoping erinnern. Er hat argumentiert, dass es völlig ok wäre, wenn manche Menschen schneller den Aufstieg schaffen; andere können dann umso leichter folgen. So ähnlich argumentiert man auch in Nordkorea.
Ist er seinem Vater näher oder seinem Großvater?
Er ist ganz eindeutig seinem Großvater ähnlicher – dieses Bild wird auch gezielt von den nordkoreanischen Medien verstärkt: Er trägt die gleiche Kleidung, den gleichen Strohhut, den schon sein Großvater getragen hat. Kim Jong-un wird als jugendlicher kraftvoller Führer dargestellt, der sich besonders volksnah zeigt und – anders als sein Vater, der meist etwas verdrießlich geschaut und den direkten Kontakt mit den Menschen meist gemieden hat– auch wieder Spaß an der Führungsrolle hat.