Es sei „besser gelaufen als irgendjemand erwarten konnte“, lautete das erste Fazit des US-Präsidenten Donald Trump bei seinem Treffen mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un. Das Treffen sei fantastisch gewesen; es habe sehr viel Fortschritt gegeben.
Das meistbeachtete Ergebnis: Kim hat sich zu einer kompletten atomaren Abrüstung auf der koreanischen Halbinsel bereiterklärt. In dem gemeinsam mit Trump in Singapur unterzeichneten Gipfeldokument erklärte Kim sein „festes und unerschütterliches Bekenntnis“ zu einer umfassenden atomaren Abrüstung. Die USA verlangen die vollständige Aufgabe des nordkoreanischen Atomprogramms. Im Gegenzug sagt Trump Sicherheitsgarantien zu. An einer anderen Stelle der Vereinbarung heißt es, die USA und Nordkorea wollen weiter auf eine „anhaltende und stabile“ Friedenslösung für die koreanische Halbinsel hinarbeiten. US-Außenminister Mike Pompeo soll baldmöglichst mit einem hochrangigen Vertreter zusammenkommen, um mit der Umsetzung der Gipfelergebnisse zu beginnen. Die Beziehungen beider Länder sollen auf eine neue Basis gestellt werden, heißt es in der Erklärung.
Hier zeigt sich aber auch die Schwäche des Abkommens: Es fehlte nach Aussage Trumps die Zeit, um Einzelheiten auszuhandeln. So fehlen die genaueren Rahmenbedingungen und jede zeitliche Festlegung. Damit ist das Problem, dass nicht abschließend geklärt ist, was Nordkorea konkret unter Denuklearisierung versteht, noch immer nicht abschließend gelöst.
Die Erklärung von Trump und Kim im Wortlaut
Präsident Donald J. Trump aus den Vereinigten Staaten von Amerika und der Vorsitzende Kim Jong Un von der Kommission für Staatsangelegenheiten der Demokratischen Volksrepublik Korea (DVRK) haben am 12. Juni 2018 in Singapur einen ersten, historischen Gipfel abgehalten.
Präsident Trump und der Vorsitzende Kim Jong Un führten einen umfassenden, eingehenden und aufrichtigen Meinungsaustausch über die Fragen im Zusammenhang mit der Einrichtung neuer Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Demokratischen Volksrepublik Korea sowie dem Aufbau eines dauerhaften und robusten Friedensregimes auf der koreanischen Halbinsel. Präsident Trump verpflichtete sich, der DVRK Sicherheitsgarantien zu geben, und der Vorsitzende Kim Jong Un bekräftigte seine feste und unerschütterliche Verpflichtung, die Entnuklearisierung der koreanischen Halbinsel abzuschließen.
Überzeugt davon, dass die Schaffung neuer Beziehungen zwischen den USA und der DVRK zum Frieden und Wohlstand der koreanischen Halbinsel und der Welt beitragen wird und dass gegenseitige Vertrauensbildung die Entnuklearisierung der koreanischen Halbinsel fördern kann, erklären Präsident Trump und der Vorsitzende Kim Jong Un Folgendes:
1. Die Vereinigten Staaten und die DVRK verpflichten sich, neue Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Demokratischen Volksrepublik Korea zu schaffen im Einklang mit dem Wunsch der Völker beider Länder nach Frieden und Wohlstand.
2. Die Vereinigten Staaten und die Demokratische Volksrepublik Korea werden gemeinsame Bemühungen einsetzen zur Schaffung eines dauerhaften und stabilen Friedensregimes auf der koreanischen Halbinsel.
3. In Bestätigung der Panmunjom-Erklärung vom 27. April 2018 verpflichtet sich die DVRK, auf eine vollständige Entnuklearisierung der koreanischen Halbinsel hinzuarbeiten.
4. Die Vereinigten Staaten und die DVRK verpflichten sich, die sterblichen Überreste der Kriegsgefangenen und Vermissten zurückzuführen, einschließlich der sofortigen Repatriierung derer, die bereits identifiziert wurden.
In Anerkennung, dass das Gipfeltreffen zwischen den USA und der DVRK - das erste in der Geschichte - ein epochales Ereignis von großer Bedeutung war, das die jahrzehntelangen Spannungen und Feindseligkeiten zwischen den beiden Ländern überwindet und eine neue Zukunft öffnet, verpflichten sich Präsident Trump und der Vorsitzende Kim Jong Un, die Bestimmungen in dieser gemeinsamen Erklärung vollständig und zügig umzusetzen. Die Vereinigten Staaten und die DVRK verpflichten sich, zum frühestmöglichen Zeitpunkt von US-Außenminister Mike Pompeo und einem hochrangigen DVRK-Beamten geleitete Folgeverhandlungen zur Umsetzung der Ergebnisse des US-DVRK-Gipfels abzuhalten.
Präsident Donald J. Trump aus den Vereinigten Staaten von Amerika und der Vorsitzende Kim Jong Un von der Kommission für Staatsangelegenheiten der Demokratischen Volksrepublik Korea haben sich dazu verpflichtet bei der Entwicklung neuer Beziehungen zwischen den USA und der DVRK sowie bei der Förderung von Frieden, Wohlstand und Sicherheit der koreanischen Halbinsel und der Welt zusammenzuarbeiten.
Entsprechend fielen auch die ersten internationalen Reaktionen aus. Japan betonte die symbolische Bedeutung des historischen Treffens. In der Erklärung von Regierungschef Shinzo Abe spiegelt sich das Verständnis des Gipfels als ersten Schritt eines langen, mühsamen Prozesses. Kaum verwunderlich, hatte doch sogar Trump selbst zuvor nicht mehr vom „big deal“, der schnellen Lösung des Konflikts gesprochen, sondern Aufbruchsrhetorik bemüht. Der Iran dagegen reagierte erwartbar kritischer: „Wir haben es mit einem Mann zu tun, der seine Unterschrift widerruft, sobald er im Ausland ist“, gab ein Regierungssprecher zu bedenken. Auch die südkoreanische Regierung reagierte irritiert auf die Ankündigung Trumps, die amerikanischen Truppen von der Halbinsel abzuziehen. Ob dies eine konkrete Ankündigung oder bloß ein vager, spontaner Zukunftsausblick war, bleibt jedoch abzuwarten.
Es war auch ein Gipfeltreffen vieler symbolischer Bilder: Die Politiker begrüßten sich mit einem langanhaltenden Händedruck und einem leichten Lächeln in einem Hotel auf der Ferieninsel Sentosa. Nach einem rund 40-minütigen Einzelgespräch mit Kim sagte Trump auf die Frage eines Journalisten, wie es laufe: „Sehr gut, sehr sehr gut. Gute Beziehung.“ Auch Kim äußerte sich optimistisch. „Wir haben allerlei Skepsis und Spekulationen über diesen Gipfel überwunden und ich glaube, das ist gut für den Frieden.“ Es werde Herausforderungen geben, aber er werde mit Trump zusammenarbeiten. Nach dem Einzeltreffen wurden die Gespräche in erweiterter Runde fortgesetzt. Dieser schloss sich ein Arbeitsessen an. Als sie nach Abschluss der Gespräche einen Spaziergang über das Gelände des Hotels auf der Ferieninsel Sentosa machten, lächelten beide Politiker. Kim sagte, es sei ein guter „Auftakt für Frieden“.
Unmittelbar vor den Beratungen hatte Trump getwittert: „Wir werden bald alle wissen, ob es anders als in der Vergangenheit einen wirklichen Deal geben kann oder nicht.“ Trump hat auch ein Friedensabkommen ins Gespräch gebracht. Der Korea-Krieg vor 65 Jahren endete nur mit einem Waffenstillstand. Formell gibt es zwischen Nordkorea und den USA bis heute keine diplomatischen Beziehungen.
Auf dem Gipfel war Nordkoreas Machthaber Fragen nach atomarer Abrüstung mehrfach ausgewichen. Beim Gang zu einem weiteren Gespräch reagierte Kim drei Mal nicht auf entsprechende Reporterfragen. Den zweimaligen Zuruf „Werden Sie denuklearisieren?“ ignorierte er ebenso wie den anschließenden Zuruf „Herr Kim, werden Sie Ihre Atomwaffen aufgeben?“ Die Zukunft des nordkoreanischen Atomprogramms gehört zu den zentralen Fragen des Treffens. Mit dem Wort „Denuklearisierung“ ist im engeren Sinne atomare Abrüstung gemeint.
US-Außenminister Pompeo dämpfte Hoffnungen, dass es einen schnellen Durchbruch in den Verhandlungen geben könnte. Das Treffen solle den Rahmen für die schwierige Arbeit bilden, die folge. Die Sanktionen würden vorerst in Kraft bleiben, bis Nordkorea sein Atomprogramm aufgegeben habe. Nordkorea hat dazu bislang allerdings wenig Bereitschaft erkennen lassen. Für die Führung in Pjöngjang sind sie entscheidend für ihren Machterhalt.





Noch im vergangenen Jahr hatten sich Kim und Trump mit verbalen Attacken überzogen. So bezeichnete Trump Kim als „kleinen Raketenmann"“ während der Machthaber den Präsidenten als „umnachteten US-Greis“ titulierte. Seit Anfang des Jahres herrscht Tauwetter.