Nordkorea-Krise Südkorea hebt Größenbegrenzung für Raketen auf

Südkorea hebt mit Zustimmung der USA die Nutzlast für seine Raketen auf. So soll der Druck auf Nordkorea erhöht werden. Kanzlerin Merkel sichert dem US-Präsidenten zu, sich in der EU für schärfere Sanktionen einzusetzen.

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Bei einem Telefonat haben US-Präsident Donald Trump und sein südkoreanischer Amtskollege Moon Jae vereinbart, die Nutzlast der südkoreanischen Raketen nicht mehr zu begrenzen. Quelle: AP

New York/Bern Südkorea hebt mit Einverständnis der USA wegen des nordkoreanischen Atomtests die Größenbegrenzung für seine Raketen auf. US-Präsident Donald Trump habe mit seinem Seouler Amtskollegen Moon Jae In telefoniert und vereinbart, dass die Nutzlast der südkoreanischen Raketen nicht mehr begrenzt sei, teilte Moons Büro am Montag mit.

Das Weiße Haus teilte mit, Trump habe Moon gesagt, dass er den südkoreanischen Vorstoß für ein Ende der Nutzlastbegrenzung unterstützte. Trump habe „konzeptionell“ zugestimmt, dass Südkorea US-Waffen und -Militärausrüstung im Wert von Milliarden von Dollar kauft.

Trump und Moon seien überein gekommen, den Druck auf Nordkorea mit allen verfügbaren Mitteln zu erhöhen. Dazu zähle die Zusage, ihre gemeinsamen militärischen Kapazitäten zu verstärken, so das Weiße Haus.

Das etwa 40-minütige Telefonat war das erste Gespräch zwischen den beiden Präsidenten seit Nordkoreas jüngstem Atombombentest. Trump und Moon seien sich einig gewesen, dass der Test eine bedenkliche Provokation sei, die „beispiellos“ sei, berichtete Moons Büro. Sie hätten auch vereinbart, härtere UN-Sanktionen gegen Nordkorea anzustreben. Trump habe Südkorea seine Unterstützung bei der Verteidigung zugesichert.

Die USA wollen zudem in einer Woche verschärfte UN-Sanktionen gegen die Regierung in Pjöngjang durchdrücken. Zum Abschluss einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates sagte Washingtons UN-Botschafterin Nikki Haley am Montag in New York, sie werde dem Rat einen Katalog mit härteren Maßnahmen vorlegen. Die Abstimmung über den Resolutionsentwurf solle kommenden Montag erfolgen. Angesichts möglicher weiterer Raketenstarts Nordkoreas sei höchste Eile geboten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel warb in einem Telefonat mit US-Präsident Donald Trump für eine friedliche Lösung. Zugleich sagte sie laut Regierungssprecher Steffen Seibert zu, sich in der EU für schärfere Sanktionen gegen Nordkorea einzusetzen.

Die USA werfen dem kommunistischen Land vor, mit ihren fortgesetzten Atom- und Raketentests einen Krieg provozieren zu wollen. Pjöngjangs Machthaber Kim Jong Un „bettelt um Krieg“, sagte Haley im UN-Sicherheitsrat. China und Russland riefen dazu auf, trotz neuer Provokationen aus Pjöngjang einen kühlen Kopf zu bewahren. Kremlchef Wladimir Putin rief in einem Telefonat mit dem südkoreanischen Staatschef Moon Jae-in zu einer Wiederaufnahme der Verhandlungen auf. Alle politisch-diplomatischen Mittel müssten genutzt werden. Merkel sagte Moon in einem Telefonat die Solidarität Deutschlands zu.

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un hatte nach Angaben aus Pjöngjang am Sonntag eine Wasserstoffbombe getestet, mit der Interkontinentalraketen bestückt werden sollen. Wasserstoffbomben sind ein Vielfaches stärker als herkömmliche atomare Sprengsätze. Der sechste Atomversuch Nordkoreas seit 2006 löste weltweit Kritik aus.

Chinas UN-Botschafter Liu Jieyi mahnte vor dem UN-Sicherheitsrat in New York eine friedliche Lösung des Konfliktes an. „Wir werden niemals Chaos und Krieg auf der koreanischen Halbinsel erlauben.“ Alle an dem Konflikt beteiligten Seiten müssten einer weiteren Eskalation entgegenwirken. Nordkorea müsse sich dem Willen der internationalen Gemeinschaft stellen. Die Situation verschlechtere sich, „noch während wir hier sprechen“, sagte er.

Russlands UN-Botschafter Wassili Nebensja sagte: „Wir müssen unbedingt einen kühlen Kopf bewahren und ein Vorgehen vermeiden, das zu weiteren Spannungen führen kann.“ Der Konflikt sei militärisch nicht zu lösen. Man dürfe sich nicht von Emotionen übermannen lassen. Der Konflikt habe ein gefährliches Stadium erreicht, sagte Nebensja.

„Krieg ist nie etwas, was die USA anstreben“, sagte Haley, „aber die Geduld unseres Landes ist nicht grenzenlos“. Kim wolle, dass Nordkorea als Atommacht anerkannt werde, aber Nuklearmächte würden stets verantwortungsvoll handeln. „Wenn ein Schurkenstaat eine Atombombe hat und mit einer Langstreckenrakete auf Dich zielt, dann nimmt man nicht die Deckung herunter“, sagte Haley.

Haleys japanischer Kollege Koro Bessho drängte das höchste Entscheidungsgremium der UN, den „größtmöglichen Druck“ auf Nordkorea auszuüben, damit Pjöngjang sein Nuklearprogramm reduziert. Japan befürworte weitere scharfe Sanktionen gegen Nordkorea.

Der britische UN-Botschafter Matthew Rycroft erinnerte daran, dass der Sicherheitsrat bereits mehrfach Sanktionen gegen Pjöngjang verhängt habe, ohne ein Einlenken zu erreichen. Selten habe ein Land dem Druck der Vereinten Nationen so beharrlich widerstrebt.

Noch vor Beginn der mit Spannung erwarteten Dringlichkeitssitzung hatten der französische und der britische UN-Botschafter weitere „robuste“ Sanktionen gegen das Regime in Pjöngjang gefordert. Auch die Europäische Union sollte mehr Druck auf Nordkorea ausüben und dessen Machthaber Kim Jong Un so an den Verhandlungstisch zurückholen, sagte Frankreichs UN-Botschafter François Delattre zu Journalisten.
Als Reaktion auf den jüngsten Atomtest im Nachbarland startete Südkorea am Montag militärische Übungen mit Raketen unterschiedlicher Reichweiten, die vom Boden und von Kampfjets aus ins Japanische Meer (koreanisch: Ostmeer) abgefeuert wurden. Der Generalstab teilte mit, das simulierte Ziel sei das nordkoreanische Atomtestgelände im Nordosten des Nachbarlandes gewesen.
US-Präsident Donald Trump bekräftigte seine Entschlossenheit, die USA und Verbündete zu verteidigen - „mit der vollen Bandbreite der zur Verfügung stehenden diplomatischen, konventionellen und nuklearen Kapazitäten“, wie er nach Angaben des Weißen Hauses in einem Telefongespräch mit Japans Ministerpräsidenten Shinzo Abe sagte.
Zusätzlich erwögen die USA „allen Handel mit Ländern einzustellen, die Geschäfte mit Nordkorea machen“, teilte er auf Twitter mit. Die wirtschaftlichen Verbindungen zu Nordkorea müssten gekappt werden, sagte Finanzminister Steven Mnuchin dem Sender Fox. Eine Unterbrechung des Handels würde besonders China treffen, über das rund 90 Prozent der nordkoreanischen Ein- und Ausfuhren laufen. Ein derart weitreichender Schritt ist allerdings wenig realistisch, weil er nicht nur der amerikanischen Wirtschaft selbst schaden würde, sondern auch der Weltwirtschaft.

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