Nordkorea-Krise Trump droht Kim mit „Feuer und Wut“

Kaum hat US-Präsident Donald Trump harte UN-Sanktionen gegen Nordkorea durchgesetzt, rührt er wieder die Kriegstrommel. Nordkorea antwortet prompt - mit einer Drohung, US-Basen auf der Insel Guam anzugreifen.

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In den USA befürchten einige, US-Präsident Trump könnte eine außenpolitische Krise schüren, um von seinen innenpolitischen Skandalen abzulenken. Quelle: Reuters

Tokio US-Präsident Donald Trump braucht kein Handy, um mit einem Tweet die Welt in Aufregung zu versetzen. Laufende Kameras reichen. Am Rande eines Treffens über die Drogenepidemie in den USA schürte er mit einer martialischen Drohung erneut Spekulationen, dass die USA Nordkorea angreifen könnten.

„Nordkorea sollte den Vereinigten Staaten besser nicht weiter drohen“, sagte Trump mit verschränkten Armen in seinem Golfclub in Bedminster, New Jersey, wo er sich für einen Arbeitsurlaub aufhält. „Oder sie werden mit Feuer und Wut bekämpft, wie die Welt es noch nicht gesehen hat.“ Dabei machte er den Eindruck, dass seine Erklärung keineswegs einer plötzlichen Laune entsprang, sondern vorbereitet war.

Die Antwort Nordkoreas ließ nicht lange auf sich warten. Und es war nicht zu erkennen, dass Trump Nordkoreas Führer Kim Jong Un eingeschüchtert hätte. Die Militärs prüften „sorgfältig einen Einsatzplan“, mit Mittel- und Langstreckenraketen auf die Insel Guam mit ihrer großen US-Militärbasis zu feuern, meldete die staatliche Nachrichtenagentur KCNA. Damit will der Norden auf Patrouillenflüge von US-Bombern über Korea reagieren, die die KCNA als „rücksichtslose militärische Provokation“ brandmarkte.

Warum Trump - kurz nachdem neue harte Sanktionen von den Vereinten Nationen beschlossen wurden - mit Krieg droht, ist offen für Interpretation. Immerhin sind die Strafen „bei weitem Trumps größter außenpolitischer Sieg in den ersten 200 Tagen seiner Amtszeit“, meint Ian Bremmer, Chef des Risikoberaters Eurasia Group. Doch es muss kein Zufall sein. Schließlich traf Trumps Warnung mit Medienberichten zusammen, nach denen das Atombombenprogramm Nordkoreas deutlich weiter fortgeschritten ist als bisher angenommen.

Nach einem Bericht der „Washington Post“ kam der militärische Geheimdienst DIA im Juli zu dem Schluss, dass Nordkorea Atombomben so weit verkleinert hat, dass sie auch auf Langstreckenraketen gesetzt werden können. Außerdem schätzten die DIA-Experten Nordkoreas Arsenal auf 60 Atomsprengköpfe. Bisher gingen Experten von maximal 20 Stück aus.

Einige Kommentatoren in den USA befürchten, dass Trump - wie so viele Machthaber vor ihm - eine außenpolitische Krise schürt, um von seinen innenpolitischen Skandalen abzulenken. Wenn dies der Fall wäre, hätte er zumindest teilweise Erfolg: Nach einer Umfrage des Chicago Council on Global Affairs sehen 75 Prozent der Amerikaner Nordkorea bereits als „kritische Gefahr“.

Allerdings könnte es sich bei Trumps Attacken um mehr handeln als einen Plan zur Meinungsbildung. „Vorige Woche wurden im Weißen Haus erstmals ernsthafte Diskussionen über die mögliche Notwendigkeit von militärischen Aktionen geführt“, sagte der frühere Stabschef von Amerikas Auslandsgeheimdienst CIA, Jeremy Bash, diese Woche in einem Interview mit dem TV-Sender MSNBC.

Dahinter steht für Bash Trumps wachsende Frustration mit dem widerspenstigen, wirtschaftlich maroden, kleinen, aber extrem selbstbewussten ostasiatischen Land. Trump hatte wiederholt gesagt, dass die Sanktionspolitik seiner Vorgänger gescheitert sei. Stattdessen setzte er auf eine Doppelstrategie aus Gesprächsangeboten und offen zur Schau gestellten Kriegsdrohungen.

Ein Adressat ist Nordkoreas Führer Kim, von dem die USA nach Meinung von Analysten zumindest ein Ende der Atombomben- und Raketentests fordern. Doch vor allem geht es Trump wohl darum, China dazu zu bewegen, wozu andere US-Präsidenten Nordkoreas Schutzmacht nie bringen konnten: Die beschlossenen Sanktionen so hart umzusetzen, dass Nordkoreas Machthaber an den Verhandlungstisch und womöglich zur Aufgabe des Atomprogramms gezwungen werden.

Vorige Woche siegten nach Bashs Einschätzung die kühleren Köpfe, die auf härtere Sanktionen setzen. Denn selbst Trumps Militärs warnten, dass es im Falle von Nordkorea keine Präzisionsschläge gebe, sondern jeder Angriff in einen großen Krieg auf der koreanischen Halbinsel führen könnte, mit hohen Opfern auch unter dort lebenden US-Bürgern und vor allem in der Region stationierten Soldaten.


Lage in Ostasien bleibt angespannt

Denn Nordkorea hat bereits demonstriert, dass seine Raketen selbst US-Basen in Japan erreichen können. In Japan wird die Bedrohung von der Regierung sogar so wichtig genommen, dass an Schulen vereinzelt Atombombenübungen durchgeführt werden. Daher lagen militärische Angriffspläne ganz unten in den Schubladen des Pentagons.

Und für den Korea-Experten Robert Kelly hat sich an dieser Lage nichts geändert. Trumps Kommentar sei „unnötig, erschreckend und unverantwortlich“, meint der Politologe an der südkoreanischen Pusan National-Universität. Nordkorea gefährde zwar die USA, aber nicht existenziell.

Außerdem ist er überzeugt, dass Nordkorea nicht die USA von sich aus mit Atomwaffen angreifen werde. Nach Einschätzung vieler Experten versucht Nordkorea zur Atommacht zu werden, um die USA von einem militärischen Sturz des Regimes abzuschrecken. Die USA müssten daher nicht so reden, meint Kelly. Man hätte gelernt, ohne Krieg mit sowjetischen, chinesischen und pakistanischen Bomben zu leben. „Wir müssen Nordkorea nicht bombardieren.“

Ob die Mahner allerdings die Oberhand behalten werden, ist offen. Denn für den politischen Berater Bremmer steht Trumps Ausbruch für eine neue Politik, die offen die US-amerikanischen Interessen über die der Verbündeten stellt. „Trumps Nordkorea-Politik ist sein deutlichstes Beispiel der America-First-Politik“, twitterte Bremmer. „Es ist ganz sicher nicht Südkorea zuerst.“

Der nächste wichtige Zug im hochbrisanten Bomben-Poker wird nun in Peking gespielt. China hat jetzt weniger als einen Monat Zeit, die von der Regierung mitbeschlossenen UN-Sanktionen auch wirklich umzusetzen. Dies wäre ein harter Schlag gegen Kim, denn damit würden die Einnahmen aus dem Außenhandel um eine Milliarde Dollar, also ein Drittel der Exporte, schrumpfen. Die Lage in Ostasien bleibt damit angespannt.

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