Nordkorea und USA Was Pjöngjangs Drohungen für Guam bedeuten

Die kleine Pazifikinsel Guam ist US-Außengebiet und Militärstützpunkt der Vereinigten Staaten – und lebt vom Tourismus. Wie groß ist dort die Sorge um den wichtigsten Wirtschaftszweig angesichts der Krise?

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Der Luftwaffenstützpunkt Andersen liegt im äußeren Nordosten der Insel. Quelle: REUTERS

Sandstrände, Korallenriffe – und ein drohender Militärschlag: Das Postkartenidyll Guam steht im Zentrum einer Auseinandersetzung, deren Dramatik manch ein Beobachter schon mit der Kuba-Krise vergleicht. Damals, im Oktober 1962, schien es, als würde der Kalte Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion zu einem heißen werden. Heute droht US-Präsident Donald Trump dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un mit „Feuer, Wut und Macht“ begegnen zu wollen – worauf der prompt pariert, man ziehe einen Angriff auf Guam „ernsthaft in Erwägung“.

Das winzige US-Außengebiet im Westpazifik, 3400 Kilometer von der Koreanischen Halbinsel entfernt, ist von militärischer Bedeutung: Hier haben die amerikanischen Streitkräfte mehrere Stützpunkte, die sich insgesamt fast über ein Drittel der Insel erstrecken. Zugleich aber ist der Tourismus der wichtigste Wirtschaftszweig auf Guam: Allein im Juni dieses Jahres waren mehr als 120 000 Gäste auf der Insel, wie das Tourismusbüro stolz verkündet. Ein Besucherrekord. Die Gäste bestaunen die unberührten Korallenriffe, die seltenen Fische im warmen Wasser – und derzeit auch die Gelassenheit der Einheimischen.

„Sie rufen an, weil Sie ein Zimmer gebucht haben und sich sorgen wegen der Meldungen aus Nordkorea?“, antwortet eine Frau, die im gut gebuchten Hilton-Hotel ans Telefon geht. Ein Gespür haben sie hier durchaus für die neue Bedrohungslage. Aber eben auch eines dafür, wie wichtig es ist, nur niemanden zu verschrecken. Meldungen über einen drohenden Militärschlag passen so gar nicht in dieses Idyll. Allzu viele Fragen zur Weltpolitik will die Dame im Hilton deshalb nicht beantworten.

Guam

Guams Offizielle sind derweil bemüht, Bevölkerung wie Besucher zu beruhigen. „Für Panik besteht kein Anlass“, betonte der republikanische Gouverneur Eddie Calvo auf einer Pressekonferenz. Die Sicherheitslage sei unverändert. Die amerikanische Regierung in der fernen US-Hauptstadt Washington habe versichert, die als ständige Militärbasis genutzte Insel gegen einen Angriff zu verteidigen.

Vor einigen Jahren hatte Nordkorea schon mal eine ähnliche Drohkulisse aufgebaut. Damals haben sie auf Guam noch darüber gelacht. Aber damals saß eben auch nicht Donald Trump im Weißen Haus.

Mehr als 20 000 der gerade einmal 160 000 Bewohner leben in Guam vom Tourismus. Im Pazifik, wo das Wasser türkisblau schimmert und Palmen die Strände säumen, wird nur Hawaii noch häufiger bereist. Vor allem für Japaner ist ein Flug nach Guam kürzer. Und natürlich möchte man auf der Insel keinesfalls, dass sie ihren Urlaub nun anderswo verbringen.

Anruf im Reef & Olive Spa, einem Vier-Sterne-Hotel an der Westflanke. Von dort ist es nicht weit bis zum Luftwaffenstützpunkt Andersen im äußeren Nordosten der Insel, auf den die nordkoreanischen Drohgebärden abzielen. Besorgt sei sie schon, sagt eine Managerin des edlen Hotels. Aber nein, von Anrufen verunsicherter Touristen oder gar Stornierungen sei ihr bisher nichts bekannt. Im Verona Resort & Spa sagt die Dame am Empfang: Ja, manche Gäste haben ihre Buchung storniert. Doch sie beeilt sich hinzufügen, dass es aber auch neue Buchungen gab.

Besucher und Bewohner bleiben auf der Insel. Trotz des verbalen Wettrüstens zwischen Donald Trump und Kim Jong Un. Eine höhere Nachfrage nach Flügen aus Guam gebe es nicht, berichtet der Reiseanbieter bei Golden Dragon Travel: Auf Guam sei ein „normaler Geschäftstag“ zu Ende gegangen.

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