Nordstrom-Aktie mit steilem Kursanstieg Wer hat Angst vorm Twittermann?

Donald Trump twittert in gewohnter Manier ein Unternehmen nieder – doch in der Folge steigt der Aktienkurs des Handelskonzerns Nordstrom. Hat der Präsident-gewordene Immobilienmagnat seine Karten schon überreizt?

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US-Präsident Trump hat schon des Öfteren seinem Unmut gegenüber Unternehmen über Twitter freien Lauf gelassen: Jüngstes Opfer Nordstrom bleibt jedoch standhaft. Das gefällt den Anlegern an der Wall Street. Quelle: AFP

San Francisco So hatte sich das Präsident Donald Trump sicher nicht vorgestellt. Er hatte am Mittwochmorgen wieder einen seiner gepfefferten Tweets losgelassen, die schon Konzerne wie Boeing, Lockheed Martin oder Ford zusammenzucken ließen.

Lockheed zeigte sich noch beeindruckt von 140 Zeilen, die besagten, dass die Kosten für die Flugzeuge viel zu hoch seien und Trump Einsparungen plane. Doch der nun betroffene Handelskonzern Nordstrom, der es gewagt hatte, die Mode- und Schuhkollektion von Trump-Tochter Ivanka aus dem Sortiment zu nehmen, schoss zurück und erklärte, wie es wirklich war. Daraufhin jubelte die Börse. Die Aktie von Nordstrom schloss vier Prozent im Plus bei 44,50 Dollar. Das hatte es bei dem angeschlagenen Unternehmen lange nicht mehr gegeben.

Sechs Tage nachdem der Händler angekündigt hatte, er werde die Kollektion aus den Regalen nehmen, weil sie sich schlecht verkaufe, publizierte Trump einen seiner mittlerweile vorhersehbaren Tweets.

„Meine Tochter Ivanka ist so unfair von Nordstrom behandelt worden. Sie ist eine großartige Person. Bringt mich immer dazu, die richtigen Dinge zu tun! Grauenhaft!“

Doch der Händler aus Seattle knickte nicht ein oder machte halbseidene Friedensangebote. „Wir wiederholen, was wir immer gesagt haben, wenn wir gefragt werden. Wir haben unsere Entscheidung aufgrund der Verkäufe getroffen“, heißt es in einer Stellungnahme. Und weiter: „Im vergangenen Jahr, speziell im zweiten Halbjahr 2016, sind die Umsätze mit der Marke auf ein Niveau gefallen, bei dem es für uns momentan nicht sinnvoll ist, weiterzumachen. Wir hatten ein gutes Verhältnis zum Ivanka-Trump-Team. Wir haben offene Konversationen über das geführt, was wir sehen, und Ivanka war seit Anfang Januar persönlich informiert.“

Eine Sprache, die Trump, der nach eigenen Angaben beste Geschäftemacher der Welt, eigentlich verstehen und schätzen sollte. Er selbst steigt ebenfalls kompromisslos aus Verträgen aus, die seiner Meinung nach schlecht für Amerika oder Verlustbringer sind. Da wären zum Beispiel das Transpazifische Freihandelsabkommen TPP, das nordamerikanische Nafta-Abkommen oder die Krankenversicherung Obamacare.

Doch Sean Spicer, Sprecher des Weißen Hauses, kartete nach und nannte das ganze einen „direkten Angriff auf die Politik des Präsidenten“, quasi unfair durch die Hintertür und auf dem Rücken seiner Tochter ausgetragen. Er habe als Vater „jedes Recht, sich für seine Kinder einzusetzen“. Das mag stimmen. Zwar schickte Trump den Tweet von seinem privaten Twitter-Konto, der wurde jedoch kurz drauf vom hochoffiziellen „Potus“-Account (President oft the United States) retweetet. So wurde aus der väterlichen Kritik eine offizielle Präsidentenschelte.

Nur einen Tag nach Nordstrom hatte auch der Luxus-Händler Neiman Marcus aus dem texanischen Dallas die Ivanka-Produkte aus dem Sortiment genommen, ebenfalls aus Umsatzgründen, wie es heißt. Andere Einzelhändler, wie etwa Macy’s oder Saks Fifth Avenue, führen die Produkte noch.

Kritiker bezeichnen den aktuellen Vorfall als einen weiteren Beleg für Trumps Versuche, sich und seiner Familie Vorteile durch sein Amt zu verschaffen. Ivanka Trump hat sich aus dem Management der Firma, die weiter ihren Namen trägt, zurückgezogen, als sie als Beraterin ihres Vaters in Washington startete. Trump selbst wird hart dafür kritisiert, sich nicht wie versprochen aus seinen Firmen zurückgezogen zu haben.

Wenn auch die aktuelle Geschichte an sich nicht von großer finanzieller Tragweite ist, so ist doch die Reaktion der Wall Street bislang einzigartig. Nordstrom, Börsenkürzel „JWN“, ist das erste Unternehmen, das Trumps Twitter-Zorn zu spüren bekommen hat, trotzdem auf seiner Position beharrte, und anschließend seinen Aktienwert steigern konnte.

Wenn das Schule machen sollte, hat der Präsident gerade ohne Not sein wichtigstes unternehmenspolitisches Werkzeug verspielt. In den Vorstandsetagen wird man sich fragen: „Wer hat Angst vorm Twittermann?“

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