NRA-Jahrestreffen US-Waffenlobby und Donald Trump schwören sich die Treue

Beim Jahrestreffen des US-Waffenverbands NRA in Dallas feiern die Mitglieder US-Präsident Trump. Er ist ihre Garantie dafür, dass sich wenig ändert.

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Die Mitglieder der National Rifle Association verteidigen seit Jahren ihre Rechte auf Waffenbesitz. Quelle: Reuters

Washington Es ist ein Termin, der die USA sicherer macht – zumindest kurzfristig. Immer dann, wenn die Waffenherstellerlobby National Rifle Association (NRA) ihre Mitglieder zum Jahrestreffen lädt, nimmt die Zahl der Schusswaffenverletzungen in den Vereinigten Staaten spürbar ab. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie der Harvard Medical School und der Columbia University.

Wenn sich zehntausende Waffenbesitzer in einer Multifunktionshalle aufhalten und nicht auf dem Schießstand, so der Erklärung der Autoren, dann sinkt auch die Gefahr, dass sie sich oder anderen mit ihren Pistolen und Gewehren schaden. Das Ergebnis sei ein Argument für schärfere Restriktionen was Schusswaffenbesitz abgeht, finden Waffengegner. Die NRA sieht das selbstredend ganz anders. Trotz allem.

Jahrestreffen in Dallas – mit Stargast Donald Trump

Die Waffenherstellerlobby hatte komplizierte Monate hinter sich, als sie sich am Wochenende in Dallas zu ihrem Jahrestreffen versammelte. Rund 75.000 Mitglieder waren gekommen, US-Präsident Donald Trump und sein Vize Mike Pence traten auf. Doch auch die prächtige Stimmung in der Halle konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Organisation vor schwierigen Zeiten steht. Zwar gehören Schießereien mit mehreren Toten in den USA seit Jahren zum traurigen Alltag, zuletzt geriet die NRA angesichts besonders grausiger Massaker immer wieder in die Defensive.

Im vergangenen Herbst erschoss ein Mann in Las Vegas aus einem Hotelzimmer 59 Menschen. Nur gut einen Monat später starben 27 nach einem Amoklauf in einer Kirche in Sutherland Sprungs, Texas. Und schließlich erschoss am 14. Februar ein ehemaliger Schüler der Marjory Stoneman Douglas High School in Parkland Florida 17 Menschen in einem Schulgebäude.

Seitdem schwindet die Unterstützung für die NRA in der Bevölkerung. Umfragen zeigen, dass das Image der Lobby in der Öffentlichkeit zunehmend schlechter wird. Auch spricht sich eine Mehrheit der Bevölkerung mittlerweile für schärfere Waffengesetze aus – eine Forderung, der noch im März Millionen Demonstranten bei Protestmärschen im ganzen Land Nachdruck verliehen.

Garantie des US-Präsidenten

Da konnten die NRA-Mitglieder die aufbauenden Worte des US-Präsidenten gut vertragen, die er am Freitag an die Versammlung richtete. „Eure Rechte aus dem zweiten Verfassungszusatz stehen unter Beschuss, aber sie werden niemals unter Beschuss stehen, solange ich Euer Präsident bin“, rief Trump in den jubelnden Saal.

Er lobte die Arbeit der Waffenlobby und sprach sich gegen schärfere Gesetze auch. „Wenn wir den Zugang zu Waffen einschränken müssen um Waffengewalt zu verhindern, warum verbieten wir dann nicht auch Lieferwagen und Transporter um Auto-Attacken zu verhindern?“, so Trump weiter.

Auch warnte er vor den Gefahren einer unbewaffneten Gesellschaft. „Niemand in Paris trägt eine Waffe, und man erinnert sich an die 130 Toten“, so der Präsident in Anspielung auf die Anschläge in Frankreich im Jahr 2015. Eine Aussage, für die er sich einen Rüffel von der Regierung seines Buddys Emmanuel Macron einfing. Trump dürfte es egal sein. Denn die Verbindung zur NRA ist für ihn wichtiger als die zum französischen Staatschef.

Die Waffenlobby zählte zu Trumps frühesten Unterstützern. Bereits im Wahlkampf griff sie ihm mit rund 30 Millionen Dollar unter die Arme. Seitdem steht der Präsident fest an der Seite der Waffenhersteller. Bereits im vergangenen Jahr trat er bei ihrem Jahrestreffen auf – als erster Präsident seit rund 30 Jahren.

Politische Unterstützung von Waffenliebhabern

Die NRA ist für Trump nicht nur finanziell ein wichtiger Unterstützer. Auch kulturell steht die ehemals überparteiliche Waffenlobby fest an seiner Seite. In Werbesports, auf ihrem eigenen Fernsehkanal und aus Veranstaltungen unterstützt die NRA den Präsidenten – und das nicht nur in Fragen der Waffenpolitik.

Trump sei der letzte Garant des American Way of Life, so die Botschaft. Er schütze das Land vor illegaler Einwanderung, europäischem Sozialismus und islamistischen Terrorismus. Prominente NRA-Vertreter wie Moderatorin Dana Loesch oder Wayne LaPierre, der das Tagesgeschäft der Waffenlobby führt, gehören zu Trumps effektivsten Verbündeten.

Trump wiederum kann auf diese Unterstützung nicht verzichten. Seine Zustimmungswerte in der Bevölkerung sind zwar stabil, allerdings auf einem recht niedrigen Niveau. Brächte er auch noch die Waffenlobby gegen sich auf, wäre er politisch wohl noch weniger handlungsfähig. Kein Wunder also, dass Trump, der sich früher schärfere Waffengesetze durchaus vorstellen konnte, auch nach den jüngsten Massakern nur halbherzige Schritte einleitete, um den Schusswaffenproblem beizukommen.

So forderte der Präsident seinen Justizminister auf, sogenannte Bump Stocks zu verbieten. Dabei handelt es sich um Kolben, mit denen legale halbautomatische Waffen in illegale vollautomatische Gewehre umgebaut werden können. Der Attentäter von Las Vegas hatte sie benutzt, um effektiver Menschen umbringen zu können. Großen Widerstand gegen das Verbot gibt es nicht. Sogar die NRA unterstützt es.

Waffenrestriktionen kaum vorstellbar

Weitere Schritte hingegen sind kaum vorstellbar – zumal wirkliche Reformen nicht allein vom Präsident umgesetzt werden können. Da jedoch auch beide Kongresskammern und die meisten Bundesstaaten von den NRA-nahen Republikanern kontrolliert werden, ist eine echte Reformanstrengung derzeit kaum vorstellbar – auch wenn die öffentliche Meinung sie eigentlich einfordert. Zu groß ist der Einfluss der NRA mittlerweile.

Ob sich daran etwas ändern würde, wenn die oppositionellen Demokraten die Zwischenwahlen im Herbst gewinnen sollten, ist fraglich. Zwar verspricht die Partei mehr Kontrolle, in der Vergangenheit schreckte sie meist jedoch vor großen Reformschritten zurück. Ein wirklich umfassendes Gesetz verabschiedete sie zuletzt in den 1990er-Jahren. Kurz darauf verlor sie das erste Mal seit Jahrzehnten ihre Kongressmehrheit – eine Lektion, die sich viele Demokraten gemerkt haben.

Doch selbst wenn die Demokraten im kommenden Jahr ein weitreichendes Reformpaket verabschieden würden: Im Weißen Haus sitzt noch bis mindestens Januar 2021 NRA-Fan Trump, der jedes Gesetz mit seinem Veto aufhalten kann. Für schärfere Waffengesetze in den USA spricht in nächster Zeit also nicht sehr viel. Die Waffenlobby kann zufrieden sein.

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