Oregon Regierungsfeindliche US-Miliz verschanzt sich

Bewaffnete Aktivisten haben Anfang Januar einen Naturpark im US-Bundesstaat Oregon besetzt. Wie in einem Western wollte die Gruppe das Recht selbst in die Hand nehmen. Nun gibt es einen Toten – und viele offene Fragen.

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An der Hauptzufahrtstraße zum Verwaltungskomplex des Malheur National Wildlife Refuge blockiert die US-Polizei den Weg. Eine schwer bewaffnete Gruppe hat die Gebäude besetzt. (Foto: Beth Nakamura/The Oregonian via AP) Quelle: ap

Burns Die Situation hatte alle Zutaten zu einem Desaster. Eine Gruppe, die in Cowboy-Manier das Recht selbst in die Hand nimmt. Die sich bewaffnet und sich in den Gebäuden eines Naturparks verschanzt. In Oregon, im tiefsten Westen der USA. Das war Anfang Januar. Jetzt ist ein Mensch tot, und es bleiben viele Fragen.

Was sich auf dem Highway 395 nahe der kleinen Stadt Burns am Dienstagabend genau abgespielt hat, ist noch unklar. Die Sicherheitsbehörden halten sich zu den Details bedeckt. Klar ist: Es gab einen Festnahmeversuch der Polizei. Ein Mann sei bei diesem Versuch gestorben, erklärt das FBI. Aber wer hat wann geschossen? Der Dienstag war der 25. Tag der Besetzung, lange hatten die Behörden die bewaffneten Besetzer einfach machen lassen. Taktik?

Auf einer Pressekonferenz am Tag danach sagt der zuständige FBI-Ermittler Greg Bretzing so viel: „Gestern haben das FBI und unsere Partner die notwendigen Maßnahmen ergriffen, um die Situation zu einem Ende zu bringen. Wir haben das auf dem sichersten Weg machen wollen - um die Bedrohung für unschuldige Menschen zu beseitigen.“

Die Besetzer hätten ausreichend Möglichkeiten gehabt, den Gebäudekomplex friedlich zu verlassen. „Sie haben sich stattdessen dafür entschieden, das Amerika, das sie angeblich lieben, mit Gewalt, Einschüchterung und Verbrechen zu bedrohen.“ Acht Menschen wurden festgenommen, darunter der selbst ernannte Anführer der Gruppe, Ammon Bundy. „Wir sind die Speerspitze“, hatte er immer wieder in Interviews gesagt.

Die Gruppe wollte zwei Rancher unterstützen. Einen Vater und einen Sohn, die Haftstrafen wegen Brandstiftung antreten mussten. Sie sollen auf Land der Bundesregierung Feuer gelegt haben, um Spuren von Wilderei zu verwischen. Ende 2015 urteilte ein Bundesrichter, die Haft sei nach Bundesrecht zu kurz gewesen, die Männer müssten nochmals einsitzen. Am neuen Urteil entzündeten sich der Protest und eine Demonstration.

Von dieser Demonstration spaltete sich die Gruppe der Besetzer ab. Ihnen ging es um die beiden Rancher und noch um viel mehr. Um Land, um Selbstbestimmung, um den Hass auf die Bundesbehörden im fernen Washington.

Rund um den Park, im gesamten Bezirk Harney County, leben nur etwa 7000 Menschen. Die nächste größere Stadt ist 250 Kilometer entfernt. Noch viel weiter weg ist die Bundesregierung. Allerdings gehören dem Staat in einigen Bezirken Oregons bis zu 90 Prozent des Landes. Darum wird seit Jahrzehnten gerungen.

Die verurteilten Rancher Dwight Hammond (73) und Sohn Steven (46) dankten für die Unterstützung, wollten mit den Männern aber nichts weiter zu tun haben. Auch Anwohner distanzierten sich.


„Ich will als freier Mann sterben.“

Unter den Bewaffneten waren Veteranen. Männer von weit her, ausnahmslos Weiße. Einer sagte: „Entweder stirbst du im Gefängnis, oder hier mit uns als freier Mann. Ich will als freier Mann sterben.“

Die Polizei - sowohl vom FBI als auch von den örtlichen Sicherheitsbehörden - war zwar präsent, die Besetzer konnten sich aber frei bewegen. Zuletzt sollen sich rund 40 Menschen in dem besetzten Gebäudekomplex aufgehalten haben, darunter auch Frauen und Kinder.

Aber es gab Berichte, dass die Situation zunehmend angespannt war. Weil die örtlichen Behörden sich bei den Bundesbehörden beschwert hatten. Der zuständige Sheriff David Ward sagt am Mittwoch, die Gruppe habe der Ortsgemeinschaft enormen Stress bereitet. „Das hat unsere Gemeinschaft auseinander gerissen“, erklärt er sichtlich mitgenommen.

„Es hätte nicht passieren müssen. Wir treffen alle Entscheidungen im Leben. Manchmal enden diese Entscheidungen tödlich.“ Auch er hält sich zu den Details bedeckt, sagt nur so viel: „Wenn es darum gegangen wäre, darauf zu warten, dass ein paar Leute ein Gebäude verlassen, hätten wir warten können. Aber darum ging es nicht.“

Und es ist noch nicht vorbei. In den Gebäuden harren noch weitere Besetzer aus. „Illegal“, wie FBI-Ermittler Bretzing betont. Um das Gelände wurden Straßensperren errichtet. Einer der verbliebenen Männer sagt der Zeitung „The Oregonian“, die Mehrheit habe sich bei einer Abstimmung dazu entschieden, zu bleiben. Laut dem Bericht sollen sich noch rund zehn Menschen dort aufhalten.

Wer der Tote ist, will das FBI nicht sagen. Laut Medienberichten handelt es sich um den Sprecher der Gruppe. Vor ein paar Tagen hatte er dem „Oregonian“ in einem Interview gesagt, der Ton der Polizisten habe sich geändert. „Sie sind härter geworden. Wenn sie aus ihren Autos steigen, steigen sie mit der Waffe in der Hand aus.“

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