Orlando-Attentat Ehefrau des Todesschützen wollte ihn angeblich abhalten

Die Frau von Omar Mateen soll dabei gewesen sein, als ihr Mann Munition und ein Holster kaufte. Außerdem fuhr sie den späteren Attentäter mehrfach zum Schwulenclub. Weitere seltsame Details werden bekannt.

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Überall auf der Welt trauern die Menschen um die Opfer des Attentats in Orlando. Kurz vor seinen tödlichen Schüssen im Schwulenclub Pulse schickte der Täter dem Besitzer einer weiteren Diskothek in der US-Stadt eine Freundschaftsanfrage auf Facebook. Quelle: dpa

Orlando Die Frau des Todesschützen von Orlando wollte ihren Mann nach Informationen des US-Senders NBC angeblich von seiner Tat abhalten. Das habe sie dem FBI gesagt, berichtete der Sender am Dienstag ohne nähere Angaben von Quellen. Sie sei bei ihm gewesen, als Omar Mateen Munition und ein Holster gekauft habe. Weiterhin habe die Frau angegeben, ihren Mann einmal zu dem Club gefahren zu haben, der am Sonntag Ziel des Terroranschlags wurde, bei dem Mateen mindestens 49 Menschen erschoss. Ihr Mann habe das „Pulse“ auskundschaften wollen, habe sie gesagt.

NBC berichtete unter Berufung auf Justizkreise, Noor Mateen müsse mit einer Anklage rechnen, weil sie die Behörden nicht informiert habe.

Weitere seltsame Details wurden bekannt: Der mutmaßliche Attentäter von Orlando schickte kurz vor seinen tödlichen Schüssen im Schwulenclub Pulse dem Besitzer einer weiteren Diskothek in der US-Stadt eine Freundschaftsanfrage auf Facebook. Der Besitzer der ebenfalls auf homo-, bi- und transsexuelle Kunden spezialisierten Disco namens Club Revere, Michael Bass, sagte dem Sender WKMG-TV, Omar Mateen habe sich vergangene Woche mit ihm auf dem sozialen Netzwerk anfreunden wollen.

Bass sagte dem Fernsehsender, er habe sich die Freundesliste des Mannes angeschaut und keine Verbindungen zu einem Homosexuellenclub finden können, weshalb er die Anfrage abgelehnt habe. Er habe Mateen dann wiedererkannt, als er Nachrichten über die Schüsse mit 49 Toten gesehen habe. Nach Angaben von WKMG-TV wurde Bass bereits von der Polizei und vom FBI befragt.

Viele hatten das Blutbad mit 49 toten Opfern und Dutzenden Verletzten als Verbrechen gegen Schwulen, Lesben, Bi- und Transsexuellen verurteilt. Auch Mateens eigener Vater deutete an, dass sein Sohn aus Schwulenhass gehandelt haben könnte.

Zugleich sind aber Berichte aufgetaucht, nach denen Mateen selber ein häufiger Gast im Club Pulse war. „Er versuchte, Leute abzuschleppen. Männer“, sagte Jim Van Horn der Nachrichtenagentur AP. „Gewöhnlich näherte er sich ihnen, legte dann vielleicht den Arm um sie und versuchte, sie zum Tanzen zu bewegen...und ihnen einen Drink zu spendieren...Das ist es, was Leute in Schwulenbars tun.“

Die Bundespolizei FBI geht Berichten nach, denen zufolge Mateen nicht nur regelmäßig im Club war, sondern auch Schwulen-Dating-Apps benutzt habe. Dies hatte ein mit den Ermittlungen vertrauter US-Beamter gesagt.

Mateens Vater selber antwortete auf die Frage, ob sein Sohn homosexuell sei, mit „nein, nein“.


Was bisher über Omar Mateen bekannt ist

Was bisher über Mateen bekannt ist: Der Sohn afghanischer Immigranten verbrachte den größten Teil seiner Kindheit an der Atlantikküste Floridas und lebte dort auch als Erwachsener, nicht weit von seinen Eltern entfernt. Geboren wurde er 1986 in Queens, einem Stadtteil von New York. Zwei Jahre später zog die Familie nach Westbury auf Long Island und dann, 1991, nach Port St. Lucie in Florida, etwa 200 Kilometer südöstlich von Orlando.

Wie viele junge Männer jobbte Mateen nach der High School zunächst hier und da, nichts Bemerkenswertes. Danach arbeitete er fest für eine Sicherheitsfirma, war ein Wachmann – ein Beruf, den er auch noch hatte, als er am vergangenen Samstag das Blutbad anrichtete und selber getötet wurde.

Ein ehemaliger Kollege bei der Sicherheitsfirma G4S, Daniel Gilroy, hat Mateen als zornigen Mann in Erinnerung, der sich beleidigend über Schwule und Lesben, Schwarze, Juden sowie Frauen äußerte – und mit Gewalt drohte.

Mateen habe ihn belästigt, ihm täglich Dutzende Textnachrichten geschickt, und er habe schließlich seine Vorgesetzten über das Verhalten informiert. „Ich fühle mich jetzt irgendwie etwas schuldig, dass ich nicht härter reagiert habe“, sagt Gilroy weiter. „Hätte ich ihm nicht einfach den Rücken gekehrt, sondern mich mit ihm auseinandergesetzt, dann wären 50 Menschen heute vielleicht noch am Leben.“

Der „New York Times“ sagte Gilroy, Mateen habe „ständig davon geredet, Leute zu töten“. Das Massaker am Samstag habe ihn somit nicht überrascht.

Eine frühe Ehe ging in die Brüche. Mateens Ex-Frau, Sitora Yusufiy, sagte Journalisten, dass sie ihren Mann für psychisch gestört gehalten habe. Sie sei nur vier Monate mit ihm zusammengeblieben, weil er sie misshandelt habe. Das Paar ließ sich 2011 scheiden, zwei Jahre nach der Heirat.

In einem CNN-Interview danach gefragt, ob sie glaube, dass ihr Ex-Mann homosexuell sei, antwortete Yusufiy: „Ich weiß nicht. Er hat, als wir zusammen waren, keine persönlichen oder physischen Andeutungen in dieser Richtung gemacht. Aber Homosexualität hat bei ihm starke Gefühle hervorgerufen.“ Wie die Ex-Frau weiter sagte, gab Mateen zu, dass ihm Clubs und Nachtleben Vergnügen bereiteten. Möglicherweise habe er verborgen, dass er schwul gewesen sei.

Es ist unklar, wann Mateen zum zweiten Mal heiratete. Aber eine Grundstücksbesitzurkunde vom 30. August 2013 in Saint Lucie County wies ihn als Ehemann von Noor Salman aus. Nach Angaben von Familienmitgliedern hatte das Paar einen ungefähr dreijährigen Sohn.

Das FBI versucht laut seinem Direktor James Comey herauszufinden, ob Mateen kürzlich Disney World in Orlando als mögliches Anschlagsziel ausgespäht hat, wie von People.com berichtet. Die Webseite bezog sich dabei auf eine nicht näher genannte Quelle in einer Strafverfolgungsbehörde. Dem Bericht zufolge besuchte Mateen den Freizeitpark zusammen mit seiner Frau.


Auf dem FBI-Radar

Auf Mateen wurde das FBI nach Comeys Angaben 2013 aufmerksam, als Kollegen meldeten, dass er von eigenen Familienverbindungen zum Terrornetzwerk Al-Kaida gesprochen und sich selber als ein Mitglied der radikalislamischen Hisbollah bezeichnet habe. Die Bundespolizei leitete zehnmonatige Vorermittlungen ein, beobachtete Mateen, verfolgte seine Kommunikation und befragte ihn. Mateen gab an, er habe seine Äußerungen im Zorn gemacht, weil Kollegen ihn gehänselt und ihn als Muslimen diskriminiert hätten. Comey zufolge schloss das FBI schließlich die Akte.

Dann tauchte seine Name bei den Ermittlungen um einen Selbstmordattentäter von der syrischen Al-Nusra-Front erneut auf. Das FBI entdeckte, dass Mateen und der Mann dieselbe Moschee besucht hatten und einander flüchtig kannten, so Comey, aber die Untersuchung habe keine nennenswerte Verbindungen zutage gefördert.

Mateen kaufte nach Angaben der Ermittler rund eine Woche vor dem Massaker legal mindestens zwei Schusswaffen. Er erwarb sie im Shooting Center St. Lucie, das vor dem Kauf einen Background-Check durchführte, das heißt, Mateens persönlichen Hintergrund prüfte. Dieser Test habe nichts Verdächtiges ergeben, sagt Ladenbesitzer Ed Henson. Es tue ihm leid, betont er, dass diese „böse Person“ seine Waffen bei ihm erstanden habe.

Univision News betrat nach eigenen Angaben das unverschlossene Heim von Mateen und seiner Frau in Fort Pierce, nachdem das FBI seine Untersuchungen dort beendet hatte. Die Wohnung sei unter anderem mit Familienfotos, Zeichnungen dekoriert und weise eine mit persönlichen Botschaften bekritzelte Kreidetafel auf.

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