
Seit Wochen verpasst Holger Kintscher kaum eine Gelegenheit, um Alarm zu schlagen: „Für uns ist die Lage dramatisch schwieriger geworden“ , warnte der kaufmännische Vorstand des Autoherstellers Skoda jüngst auf der Hauptversammlung der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer (DTIHK) in Prag. Er erntete unsichere Blicke und betretenes Schweigen. Hatte die renditestarke Volkswagen-Tochter nicht gerade erst wieder ein Absatzplus von 18 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2007 hingelegt? Und verkündet sie nicht fast im Monatstakt neue Verkaufsrekorde?
Das ist nur der schöne Schein. Skodas operatives Ergebnis ist zwischen Januar und Juni 2008 um fast vier Prozent gesunken, der Umsatz um 1,6 Prozent. Gestiegene Stahlpreise? Lohnerhöhungen? Nebensache. Skodas akutes Problem ist der Wechselkurs: Während sich der Euro zum Dollar als Hartwährung profiliert, verliert er gegenüber der tschechischen Krone immer stärker an Wert. Als Tschechien im Mai 2004 der Europäischen Union beitrat, waren 100 tschechische Kronen drei Euro wert – heute sind es vier. Durch die Aufwertung schmelzen Skodas Einnahmen im Euro-Raum beim Umrechnen in heimische Währung dahin. Mit Kronen und Hellern nämlich muss Tschechiens größter Exporteur und Arbeitgeber seine Arbeiter und die Hälfte seiner Zulieferer entlohnen. Mehr als 90 Millionen Euro hat der Wechselkurs das Unternehmen in diesem Jahr nach eigener Darstellung schon gekostet. In einer Umfrage der DTIHK klagen fast zwei Drittel der Unternehmen über hohe Wechselkurs-Verluste. Zehn Prozent wollen ihre Produktion in Tschechien deshalb schließen.
Unabhängig vom Dollar
Aber auch anderenorts fragen sich Exporteure mit lohnintensiver Massenfertigung – darunter viele deutsche – wie es unter solchen Bedingungen weitergehen soll: Der polnische Zloty, die slowakische Krone und der ungarische Forint werten seit Jahren rasant auf. Dutzende deutsche Unternehmen, vor allem Autozulieferer wie Bosch, Rehau, Edscha und Hella, fertigen in der Region. Seit Anfang 2004 büßte der Euro an ihren Standorten durchschnittlich 25 Prozent seines Wertes ein.
Rasches Wirtschaftswachstum, wachsende Kaufkraft, ausländische Investitionen, Versuche der Notenbanken, mit hohen Leitzinsen die Inflation einzudämmen – „ein Mix aus solchen Faktoren lässt die östlichen Währungen erstarken“, sagt Themistoklis Fiotakis, Ökonom bei der Investmentbank Goldman Sachs. In jüngster Zeit verstärken Finanzinvestoren, die vor dem schwächelnden US-Dollar in Ost-Valuta flüchten, den Trend. „Die Wirtschaft in Zentral- und Osteuropa hängt nicht am Tropf der USA, das macht sie für Investoren interessant“, sagt Jan Bures, Finanzmarkt-Analyst der tschechischen Bank CSOB.