Osteuropa Inflation trifft östliche EU-Länder besonders hart

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Aber warum sollte es E.On besser gehen als anderen Investoren? Das Unternehmen verleiht der Teuerung selbst immer wieder neuen Schwung: Deutsche Manager in den Aufsichtsräten entscheiden über die Gebührenerhöhungen für das von Gazprom aus Russland gelieferte Gas mit.

So trägt die rumänische Tochter des Düsseldorfer Energieriesen kräftig zur Inflation in ihrem Lande bei: E.On Gaz Romania droht offen damit, seine Gaslieferungen an Haushalte und Unternehmen zu drosseln, falls die staatliche Regulierungsbehörde nicht die erwünschte Preiserhöhung um 19 Prozent genehmigt. Schuld an der Eskalation, sagt der deutsche Aufsichtsratsvorsitzende Achim Saul, seien die gestiegenen Importpreise: „E.On Gaz Romania kann das Gas nicht länger unterhalb der Bezugskosten verkaufen.“

Auch in Rumänien sehen sich deutsche Unternehmen mit rapide steigenden Lohnforderungen konfrontiert. Für sie bedeutet das: „Ihre Kosten steigen, ihre Gewinne sinken“, sagt Marco Walde, Geschäftsführer der Deutsch-Rumänischen Industrie- und Handelskammer in Bukarest. Streiks verschärfen die angespannte Lage. Handelskonzerne, darunter auch Metro und Rewe, reichen die besonders seit der rumänischen Sommerdürre im vergangenen Jahr steigenden Preise für Agrarprodukte an ihre Kunden weiter. Die Teuerungsrate stieg im März auf über acht Prozent.

Da hatten die Angestellten des südrumänischen Autoherstellers Dacia genug: Unter Slogans wie „Schluss mit der Ausbeutung!“ und „Wir sind keine Kolonie!“, legten Tausende die Arbeit nieder. Im Mai zogen die bei Dacia eingesetzten Arbeiter des deutschen Zulieferers Leoni nach. Die Produktionsausfälle der – mit ihrem Billigmodell Logan spektakulär erfolgreichen Renault-Tochter – trafen gleich noch einen deutschen Zulieferer: Continental produziert an drei rumänischen Standorten. Dacias Rendite ist für Renault zu einem wahren Schatz geworden. Das ist den rumänischen Angestellten nicht entgangen – nach drei Wochen Ausstand und wütenden Protestkundgebungen hatten sie ihrem Management einen Lohnaufschlag von fast 30 Prozent abgetrotzt.

Dabei trägt so mancher Dacia-Arbeiter mit Schuld an seinen Nöten: Viele Rumänen haben Kredite, die zur Modernisierung ihrer Wohnungen gedacht waren, teilweise auch in neue Fernseher und Autos gesteckt. Jetzt aber fressen die höheren Lebenshaltungskosten den rumänischen Arbeitnehmern ihre laufenden Einkünfte weg und erschweren ihnen die Bedienung der Kredite.

Lange – das glauben zumindest die Ökonomen des Internationalen Währungsfonds (IWF) – geht das alles nicht mehr gut: Stimmen ihre Prognosen, kühlt die lettische Wirtschaft in diesem Jahr gefrierschockartig ab. Statt um 10,2 Prozent wie 2007 soll das lettische Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr nur noch um 3,6 Prozent wachsen. Für 2009 sagt der IWF den Letten sogar eine Wachstumsrate von weniger als einem Prozent voraus. Estland prophezeit der Fonds ebenfalls ein Ende des Höhenflugs: Dort soll die Wachstumsrate von 7,1 auf drei Prozent sinken.

Mit strengen Worten mahnt der IWF auch Rumänien und Bulgarien: Die Regierungen müssten „die Inflations- und damit die Lohnerwartung der Bevölkerung unter Kontrolle halten“, sagt der Leiter der IWF-Mission in Rumänien und Bulgarien, Albert Jäger, „sonst gefährden sie die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Länder“.

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