Oxfam-Bericht Milliardäre wurden täglich um 2,5 Milliarden Dollar reicher

Das Vermögen von Milliardären ist laut Oxfam im vergangenen Jahr um zwölf Prozent gestiegen, also um 2,5 Milliarden pro Tag. Quelle: imago images

Seit 1990 hat die Zahl der Menschen in extremer Armut stark abgenommen. Doch noch immer hat fast die Hälfte der Weltbevölkerung nur ein paar Dollar zum Leben, während das Vermögen der Reichen sprunghaft steigt.

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Die Kluft zwischen Arm und Reich in der Welt hat der Organisation Oxfam zufolge im vergangenen Jahr gefährlich zugenommen. Das Vermögen der Milliardäre sei um durchschnittlich 2,5 Milliarden US-Dollar (2,19 Milliarden Euro) pro Tag gestiegen – ein Plus von 12 Prozent zum Vorjahr. Indes habe die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung 11 Prozent – 500 Millionen Dollar je Tag – verloren. Zu diesem Ergebnis kommt die Organisation in ihrem Ungleichheitsbericht, den sie kurz vor Beginn der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos vorstellte. Auch in Deutschland habe sich die Lage nicht verbessert - nötig seien ein höherer Mindestlohn sowie eine stärkere Belastung von Vermögenden, Konzernen, Erbschaften und hohen Einkommen.

Die Nothilfe- und Entwicklungsorganisation warnte, dass weltweit besonders Frauen und Mädchen von sozialer Ungleichheit bedroht seien. So besäßen Männer im globalen Durchschnitt 50 Prozent mehr Vermögen als Frauen. Zudem hätten Frauen wegen unbezahlter Arbeit wie Pflege oder Kindererziehung oft weniger Zeit, sich politisch zu betätigen – dies verstärke ihre Benachteiligung und zementiere ein Wirtschaftssystem, das von Männern für Männer gemacht sei.

Oxfam-Chefin Winnie Byanyima forderte die Staatengemeinschaft zu höheren Investitionen in Bildung auf. „Die Größe des Bankkontos sollte nicht diktieren, wie viele Jahre Kinder in der Schule bleiben oder wie lange wir leben. Doch dies ist nach wie vor die Realität in zu vielen Ländern der Erde“, sagte sie.

Nötig sind dem Bericht „Public Good or Private Wealth“ (Gemeinwohl oder privater Reichtum) zufolge zudem höhere Investitionen in die öffentliche Gesundheitsversorgung sowie eine stärkere und effektivere Besteuerung von Konzernen und Vermögenden. Es sei dringend Zeit zu handeln, so Ellen Ehmke, Oxfam-Deutschland-Referentin für soziale Ungleichheit. „Jeder Tag, den wir verlieren, verschärft das Ungleichheitssystem.“

Weltweit lebten noch immer 736 Millionen Menschen in extremer Armut – also von maximal 1,90 US-Dollar je Tag. Die Entwicklung sei aber positiv: Die Zahl habe sich zwischen 1990 und 2010 halbiert und nehme weiter ab. Ehmke wies aber darauf hin, dass fast die Hälfte der Weltbevölkerung – etwa 3,4 Milliarden Menschen oder 46 Prozent – von maximal 5,50 Dollar pro Tag lebe. Vielen Menschen drohe etwa bei Krankheit der Fall in die extreme Armut, weil sie Behandlungen oder Medikamente nicht bezahlen könnten.

Oxfam warnte zudem, die Schere zwischen Arm und Reich verstärke die Spaltung in der Gesellschaft. „Das Problem der wachsenden sozialen Ungleichheit ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit“, sagte Jörn Kalinski, Leiter Entwicklungspolitik von Oxfam Deutschland. Sie biete einen Nährboden für gefährliche Entwicklungen wie Rechtspopulismus und aggressiven Nationalismus.

Hierzulande steigerten die Milliardäre ihr Vermögen im vergangenen Jahr um 20 Prozent, wie aus dem Bericht hervorgeht. Insgesamt verfüge das reichste Prozent der Bevölkerung über ebenso viel Vermögen wie die 87 ärmeren Prozent. Damit zähle Deutschland zu den Industrienationen mit der größten Vermögensungleichheit. Mit 15,8 Prozent liege die Armutsquote auf dem höchsten Stand seit 1996, jedes fünfte Kind sei von Armut betroffen. Frauen verdienten im Durchschnitt 21,5 Prozent weniger als Männer; schlechter sei die Lage in der EU nur in Estland und Tschechien.

Zur Bekämpfung der Ungleichheit in Deutschland forderte Oxfam eine Erhöhung des Mindestlohns. „Der Mindestlohn ist zu niedrig, gerade in Ballungszentren“, sagte Referentin Ehmke. So ließen sich etwa die stark steigenden Mieten mit dem derzeitigen Satz von 9,19 Euro pro Stunde nicht mehr bezahlen.

Es gebe allerdings auch Fortschritte, sagte Oxfam-Steuerexperte Tobias Hauschild und verwies auf Pläne der EU zur Besteuerung von Großkonzernen oder die Aufhebung des Bankgeheimnisses in der Schweiz. „Das sind Dinge, über die vor zehn Jahren nicht geredet wurde.“ Kalinski betonte, einige Entwicklungen – etwa die Amtsführung von US-Präsident Donald Trump, der Brexit oder der Aufstieg rechtspopulistischer Parteien - hätten zudem in Politik und Wirtschaft zum Nachdenken geführt. Nötig sei nun aber eine konsequente Sozialpolitik.

Die Investments der Superreichen
Larry EllisonErst im Dezember 2018 wurde der Gründer des Datenbank- und Unternehmenssoftware-Riesen Oracle in den Aufsichtsrat von E-Auto-Pionier Tesla berufen. Im Januar dann beteiligte sich Ellison auch mit einer Milliarde Dollar an Tesla. Damit ist er der größte Einzelaktionär des E-Autoherstellers – nach Gründer Elon Musk. Mit einem geschätzten Vermögen von 55,5 Milliarden Dollar steht Ellison nach Forbes-Schätzungen auf Platz sieben der weltweit reichsten Menschen.Stand Januar 2019, Quellen: Statista, Forbes Quelle: REUTERS
Jeff BezosBezos hält noch 16 Prozent an dem von ihm gegründeten Online-Händler Amazon, und ist mit einem geschätzten Vermögen von 124,7 Milliarden Dollar aktuell der reichste Mensch der Welt. Er hat schon 1998 als einer der ersten Angel Investoren 250.000 Dollar in Google investiert. 2013 kaufte er die Washington Post. Quelle: AP
Bill GatesDer Microsoft-Gründer hält nur noch ein Prozent der Microsoft-Anteile. Der größte Teil seines geschätzten Vermögens von 93,5 Milliarden Dollar (Platz zwei weltweit) liegt in seiner Stiftung, die er mit seiner Frau Melinda ins Leben gerufen hat, um Armut und Epidemien auf der Welt zu bekämpfen. Bekannt ist seine Beteiligung an Ecolab, einem Unternehmen, das Technologien für sauberes Wasser und Hygiene entwickelt. Quelle: AP
Warren BuffettDer 88-jährige Star-Investor hält über seine Investmentfirma Berkshire Hathaway Anteile an Unternehmen wie Coca-Cola, Duracell, Apple (hier hat er seine Anteile zuletzt aufgestockt) oder US-Großbanken wie Wells Fargo, Bank of New York Mellon und Goldman Sachs. Hinzu kamen im vergangenen Jahr ein Investment von vier Milliarden Dollar in die Großbank JP Morgan Chase sowie Bank-of-America-Aktien für 5,5 Milliarden Dollar. Neu eingestiegen ist Buffet mit einem Milliarden-Investment bei Oracle, dem Versicherungsunternehmen Travelers Companies und dem Finanzdienstleister PNC Financial Services. Zudem investierte er in den Börsengang des brasilianischen Fintechs Stoneco. Buffett gilt mit einem geschätzten Vermögen von 84 Milliarden Dollar als Drittreichster der Welt. Quelle: REUTERS
Bernard ArnaultBernard Arnault ist Großaktionär des Luxus-Konzerns LVMH (Louis Vuitton Moet Hennessy). Im Dezember 2018 übernahm er über LVMH das Reiseunternehmen Belmond, das viele Luxus-Hotels sowie den Orient-Express besitzt. Das Belmond-Investment belief sich auf 2,6 Milliarden Dollar. Der Unternehmenswert von Belmond liegt bei 3,2 Milliarden Dollar. Arnaults Vermögen wird auf 69,2 Milliarden Dollar geschätzt – Platz vier der globalen Rangliste. Quelle: REUTERS
Amancio OrtegaOrtega investierte kurz vor Weihnachten 2018 in das „Investment Building“ in Washington 337 Millionen Dollar. Das große Bürogebäude wurde1923 erbaut und im Jahr 2001 kernsaniert. Nur einen Monat zuvor hatte er rund 650 Millionen Euro in zwei Gebäude auf dem Amazon Campus gesteckt – den sogenannten Troy Block, der aus zwei der insgesamt 40 Gebäuden auf dem Amazon-Campus in Seattle besteht. Das war sein zweitgrößtes Investment bisher. Textilmilliardär Ortega besitzt neben der Zara-Mutter Inditex auch eine der größten Immobilien-Investment-Firmen Spaniens, Pontegadea. Das Unternehmen investiert in Gewerbeimmobilien in Spanien, Großbritannien, Frankreich, den USA und in Asien und hatte laut Geschäftsbericht 2017 Immobilien im Wert von 8,8 Milliarden Euro im Portfolio. Ortegas Vermögen wird auf 57,5 Milliarden Dollar geschätzt – Platz sechs weltweit. Quelle: Getty Images
Mark ZuckerbergTech-Milliardär Mark Zuckerberg hat über seinen Social-Media-Konzern Facebook angekündigt, 300 Millionen Dollar in den Lokaljournalismus zu investieren. Profitieren sollen etwa das Pulitzer Center, Report for America, Knight-Lenfest Local News Transformation Fund, Local Media Association, Local Media Consortium, American Journalism Project und das Community News Project. Untersuchungen hätten ergeben, dass sich Facebook-Nutzer mehr Lokaljournalismus wünschen, die verschiedenen lokalen Medien aber dringend Unterstützung bräuchten. Facebook hofft offenbar aber auch, neue Werbemärkte zu erschließen und seinen ramponierten Ruf nach dem Skandal um russische Einflussnahme auf den Präsidentschaftswahlkampf und die „Fake News“-Debatte abzuschütteln. Zuckerbergs Vermögen schätzt Forbes auf 49,1 Milliarden Dollar, das wäre Platz acht unter den Superreichen. Quelle: dpa
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