
Paris Als erste UN-Organisation hat die Unesco die Palästinenser als Mitglied aufgenommen. Der am Montag mit großer Mehrheit gefasste Beschluss bedeutet aber eine weitere Nagelprobe im Nahost-Friedensprozess. Den Palästinensern dürfte er zwar Rückenwind geben bei ihrem Vorhaben, auch Mitglied der Vereinten Nationen (UN) zu werden.
Aber Israel reagierte brüskiert und sprach von einer unnötigen weiteren Hürde auf dem Weg zu neuen Verhandlungen. Scharfe Kritik kam auch von der US-Regierung, die umgehend ihre Zahlungen an die UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur strich. Die gespaltenen Voten europäischer Staaten unterstreichen deren Uneinigkeit in der Außen- und Nahost-Politik.
Der UN-Sicherheitsrat berät derzeit über den Antrag der Palästinenser auf eine UN-Mitgliedschaft. Der Vorstoß hat aber praktisch keine Chance, weil die USA ihr Veto angekündigt haben. Aus Sicht der Vereinigten Staaten und Israels kann ein palästinensischer Staat auf dem Gebiet des Westjordanlandes und des Gazastreifens erst am Ende von Friedensverhandlungen entstehen.
Zwei Drittel der Unesco-Mitglieder stimmten für eine Aufnahme der Palästinenser als 195. Mitglied der Organisation - allerdings mit einem sogenannten Beobachterstatus, der eine Teilnahme an Abstimmungen ausschließt. Gegen die Aufnahme votierten neben den USA und Deutschland, die bereits im Unesco-Exekutivrat die Abstimmung verhindern wollten, auch Kanada und die Niederlande. Frankreich und Österreich dagegen stimmten für den Antrag der Palästinenser ebenso wie China, Russland, Indien, Brasilien und Südafrika. Großbritannien und Italien enthielten sich. Österreichs Unesco-Botschafterin Ursula Plassnik äußerte ihr Bedauern darüber, dass die Europäische Union (EU) keine einheitliche Haltung in dieser Frage gefunden habe.
Empfindliches Nachspiel
Für die Unesco hat die Abstimmung ein empfindliches finanzielles Nachspiel. Die USA kündigten an, ihre Zuschüsse zu stoppen, die derzeit mehr als ein Fünftel des Etats der Organisation ausmachen. Eine Sprecherin des Außenministeriums sagte in Washington, die im November fällige Überweisung von 60 Millionen Dollar werde nicht erfolgen. Die Vereinigten Staaten hätten keine andere Wahl, seit langem geltende Gesetze machten diese Reaktion erforderlich.
Der US-Unesco-Botschafter David Killion kritisierte den Unesco-Beschluss als „kontraproduktiv“ für den Frieden im Nahen Osten. Auch das israelische Außenministerium erklärte, der Vorstoß verschlechtere die Chancen auf eine Vereinbarung mit den Palästinensern. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin äußerte die Befürchtung, dass durch den Unesco-Antrag der Palästinenser „die erst kürzlich unter Vermittlung des Nahost-Quartetts begonnenen, ohnehin schon schwierigen indirekten Gespräche zusätzlich belastet werden“.
Die Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern liegen seit mehr als einem Jahr auf Eis. Das aus den USA, Russland, der EU und den Vereinten Nationen bestehende Nahost-Quartett hatte die Konfliktparteien aufgerufen, die Friedensgespräche wieder aufzunehmen und bis Ende kommenden Jahres eine Einigung zu erzielen.