
Türkische Bodentruppen sind für einen Einsatz gegen die Rebellen der Kurdischen Arbeiterpartei PKK im Irak einmarschiert. Die Soldaten hätten eine Gruppe von Kämpfern verfolgt, die an einem Anschlag auf das türkische Militär am Sonntag beteiligt gewesen seien, sagte ein Regierungsvertreter am Dienstag. Die Operation im Nachbarland solle nur kurz dauern. Ziel sei es, die Terroristen an der Flucht zu hindern.
Es ist das erste Mal seit 2011, dass die Türkei mit Bodentruppen in den Irak einmarschiert. Es ist eine weitere Eskalation im zunehmend blutigen Konflikt zwischen der PKK und der türkischen Regierung, nachdem der Friedensprozess im Juli zusammengebrochen war.
Die Gewalt hatte sich bereits in den vergangen Tagen dramatisch hochgeschaukelt. Am Sonntag waren in der Region Hakkari 16 türkische Soldaten durch eine Sprengfalle ums Leben gekommen, am Dienstag riss eine weitere Bombe im Osten der Türkei in der Provinz Igdir 14 Polizisten in den Tod. Beide Taten wurden der PKK zugeschrieben.
Die in den Irak verfolgten Rebellen sollen an dem Anschlag vom Sonntag beteiligt gewesen sein. Die private Nachrichtenagentur Dogan meldete unter Berufung auf Militärkreise, dass zwei Bataillons türkischer Spezialeinheiten bei der Jagd auf sie die Grenze überquert hätten. Ein Sprecher der PKK sagte, die Soldaten seien vom Zagros-Gebirge aus in die irakische Provinz Dahuk eingedrungen, es habe dort aber vorerst keine Gefechte gegeben.
Der Konflikt der türkischen Regierung mit der PKK
Die Türkei, die Europäische Union und die USA stufen die PKK als Terrororganisation ein. PKK-Führer Abdullah Öcalan sitzt seit 1999 auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali in Haft.
Etwa 24 Millionen Kurden leben über die Länder Türkei, Irak, Iran und Syrien verteilt. Sie bezeichnen sich als größtes Volk ohne eigenen Staat. In der Türkei machen die Kurden etwa 18 Prozent der Gesamtbevölkerung aus.
Der gewaltsame Konflikt der türkischen Regierung mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK dauert schon mehr als 30 Jahre. Dabei kamen bislang rund 40.000 Menschen ums Leben. Von 1984 an kämpfte die PKK mit Waffengewalt und Anschlägen für einen kurdischen Staat oder ein Autonomiegebiet im Südosten der Türkei. Inzwischen ist die PKK nach eigenen Angaben von der Maximalforderung eines unabhängigen Staates abgerückt.
Die islamisch-konservative AKP-Regierung und die PKK bemühen sich um einen Friedensprozess. Im März 2013 erklärte die PKK eine Waffenruhe. Bald darauf begann die PKK, ihre Kämpfer aus der Türkei abzuziehen. Im September setzte sie den Abzug allerdings aus, weil sie mangelndes Entgegenkommen der türkischen Regierung beklagte.
Ende Februar diesen Jahres gab es zunächst wieder Bewegung in den Friedensbemühungen: Kurdenführer Öcalan rief seine Anhänger dazu auf, eine Niederlegung der Waffen zu beschließen. Die Nachricht wurde von einer Delegation der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP übermittelt, die Öcalan im Gefängnis aufsuchte.
Ende Juli 2015 griff die türkische Luftwaffe erstmals die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien an und weitete die Bombardements auf Lager der PKK im Irak aus. Damit ist die Waffenruhe faktisch beendet.
Am Morgen des 28. Juli 2015 drohte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan damit den Friedensprozess mit den den Kurden offiziell zu beenden.
Zuvor hatte die türkische Luftwaffe bereits Angriffe auf PKK-Stellungen im Nordirak geflogen. Dabei seien in der Nacht zu Dienstag 40 PKK-Kämpfer getötet worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. 53 Kampfjets seien an der Operation beteiligt gewesen. Ziel seien die Fluchtrouten der Rebellen im Nordirak und sechs PKK-Lager gewesen. Die prokurdische Agentur Firat bestätigte die Angriffe, nannte aber keine Opferzahlen.
Mehrere hundert Kilometer nördlich davon, in Igdir an der Grenze zu Armenien, kam es zu dem neuen Anschlag mit 14 Toten. Dort explodierte eine Sprengfalle, als gerade eine Polizeieskorte für eine Gruppe von Zollbeamten vorbeifuhr. Einige weitere Polizisten seien verletzt worden, berichtete Anadolu.
Seit der Friedensprozess im Juli zusammenbrach sind bei Kämpfen zwischen türkischen Sicherheitskräften und kurdischen Rebellen mehr als 200 Menschen getötet worden, darunter 100 Polizisten und Soldaten. Gleichzeitig ist auch die politische Lage in der Türkei unsicher. Nachdem es die regierende Partei AKP nicht geschafft hatte, eine Koalition zu bilden, kommt es am 1. November zu einer Neuwahl.
Die PKK kämpft seit 1984 für Autonomie im Südosten der Türkei. Von der Türkei und ihren Verbündeten wird sie als Terrororganisation betrachtet.