
Die EU-Kommission geht rechtlich gegen die auch in Deutschland umstrittene Pkw-Maut vor. Dies berichtet die „Welt“ und zitiert in ihrer Samstagsausgabe hochrangige Kommissionskreise mit den Worten: „Wir werden gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren wegen der Pkw-Maut einleiten, weil sie ausländische Fahrer diskriminiert und damit gegen EU-Recht verstößt.“
Dem Bericht zufolge beginnt das Verfahren, das in einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof münden kann, möglicherweise noch vor Beginn der Sommerpause Anfang August. Dies hänge auch davon ab, wann der Text im deutschen Gesetzesblatt veröffentlicht wird. Der Bundesrat hatte Anfang Mai das Prestigeprojekt der CSU gegen den Widerstand mehrerer Bundesländer gebilligt.
Fragen und Antworten zum Pkw-Maut-Gesetz
Die Maut soll für alle Autos und Wohnmobile bis zu einem Gewicht von 3,5 Tonnen auf Autobahnen erhoben werden. Inländische Fahrzeughalter bekommen die Abgabe über die Kfz-Steuer erstattet, so dass sie unterm Strich nicht zusätzlich belastet werden.
Es wird drei Arten von Vignetten geben. Eine pro Jahr, eine für zwei Monate und eine für zehn Tage. Deutsche erhalten automatisch eine Jahresvignette, deren Kosten sich an Hubraum und Schadstoffausstoß bemessen und maximal 130 Euro betragen soll. Die Vignette ist Pflicht. Weil die Maut für Deutsche formal auch auf Bundesstraßen gelten soll, sei sie auch nicht zu umgehen, heißt es. Inländische Fahrzeughalter erhalten die Ausgaben aber wie erwähnt bei der Kfz-Steuer zurück.
Der Preis der Kurzzeitvignetten wurde auf Druck der SPD und auf Hinweis der EU-Kommission noch geändert und gestaffelt: Die Zehn-Tages-Vignette auf Autobahnen für Ausländer soll je nach Fahrzeugklasse entweder 5 Euro, 10 Euro oder 15 Euro kosten. Für zwei Monate sind 16, 22 oder 30 Euro fällig. Die Vignetten könne über das Internet oder an Tankstellen gekauft werden.
Die Vignette funktioniert elektronisch, wird also nicht auf die Scheibe aufgeklebt. Bei Zahlung wird sie automatisch mit dem Kfz-Kennzeichen verbunden. Das Bundesamt für Güterkraftverkehr (BAG) kontrolliert über fest installierte oder mobile Geräte per Fotoabgleich die Kennzeichen und erkennt, ob gezahlt wurde oder nicht. Dieses Verfahren existiert etwa auf verschiedenen Strecken in den USA.
Dobrindt hat sie für 2016 angekündigt, dieses Jahr soll zur technischen Vorbereitung dienen. Unklar ist, ab wann genau im Jahr 2016 die Abgabe kassiert wird. In Koalitionskreisen wurde damit zuletzt erst Ende 2016 gerechnet.
Nach Abzug von Bürokratiekosten sollen nach Dobrindts Angaben unter dem Strich jährlich 500 Millionen Euro bleiben. Sie sind zusätzlich für den Straßenbau vorgesehen. Zuvor müssen aber auch noch einmalige Kosten, etwa für das Erfassungssystem, finanziert werden, die deutlich über 300 Millionen Euro betragen.
Im Bundesrat gibt es erheblichen Widerstand gegen die Pläne. Weil das Gesetz aber nicht zustimmungspflichtig ist, kann es die Länderkammer nicht stoppen. Anfang Mai will sie abschließend noch einmal debattieren.
Anschließend prüft Bundespräsident Joachim Gauck, ob das Gesetz verfassungsmäßig zustande gekommen ist. In Einzelfällen haben Bundespräsidenten Gesetze scheitern lassen.
Als Haupthürde gilt aber die Prüfung der EU-Kommission, ob eine Ausländerdiskriminierung vorliegt. Dies könnte ein Vertragsverletzungsverfahren auslösen. Zudem wird es voraussichtlich vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) untersucht. Dies kann aber mehrere Jahre dauern.
Die Abgabe soll im Laufe des nächsten Jahres kommen. Inländer zahlen dann für Autobahnen und Bundesstraßen eine Jahresmaut, die nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Autos gestaffelt ist, im Schnitt 74 Euro. Ausländer sind nur auf Autobahnen mautpflichtig, für sie gibt es auch eine Zehn-Tages- oder eine Zwei-Monats-Maut.
Brüssel hatte bereits angekündigt, die Maut genau unter die Lupe zu nehmen. Denn die Abgabe zahlen unterm Strich nur die ausländischen Fahrer, Inländer sollen ihr Geld über eine niedrigere Kfz-Steuer zurückbekommen. Das EU-Recht untersagt aber die Benachteiligung von Ausländern. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat stets betont, in Gutachten sei nachgewiesen, dass die Maut im Einklang mit europäischem Recht stehe.
EU-Kommissionssprecher Jakub Adamowicz erklärte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur zu dem Thema lediglich: „Für die Europäische Kommission ist von großer Bedeutung, dass bei der Einführung der PKW-Maut das Prinzip der Nicht-Diskriminierung beachtet wird.“ Generell begrüße die Behörde, dass die Pkw-Maut nach dem Verursacherprinzip funktionert und die Autofahrer zur Finanzierung von Straßen heranzieht.
Nach Abzug der Systemkosten soll die Maut laut Verkehrsministerium jährlich 500 Millionen Euro einbringen. Kritiker bezweifeln dies. Union und SPD hatten die Abgabe im Koalitionsvertrag vereinbart.