
Mit den Initialen JFK schien für John Kerry (69) die Politik-Karriere vorbestimmt zu sein. Wie sein Vorbild John F. Kennedy wollte der drahtige Ostküsten-Katholik John Forbes Kerry US-Präsident werden. Dass es im Wahlkampf 2004 gegen George W. Bush nicht reichte, lag auch am elitären und mitunter steifen Auftreten des 1,93 Meter großen Diplomatensohns mit dem markanten Kinn.
Nun soll John offenbar neuer Außenminister der USA werden. Präsident Barack Obama wolle seinen demokratischen Parteifreund und Senator zum Nachfolger von Hillary Clinton nominieren, hieß es aus mit den Plänen vertrauten Kreisen. Die Entscheidung könnte bereits Mitte dieser Woche fallen, könnte sich allerdings aufgrund des Amoklaufes im US-Bundesstaat Connecticut verzögern. Als Nachfolger von Verteidigungsminister Leon Panetta ist der republikanische Politiker und Ex-Senator Chuck Hagel im Gespräch.
In der zweiten Reihe der US-Politik zählt der demokratische Senator aus Massachusetts seit Jahrzehnten zu den profilierten Außenpolitikern. Kerry hat nicht zuletzt mit schwierigen Missionen in Afghanistan und Pakistan Vertrauen gewonnen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses war der erste US-Politiker, der Ägyptens neu gewählten Präsidenten Mohammed Mursi traf.
Präsident Barack Obama hatte Kerry im vergangenen Wahlkampf als Trainingspartner für die TV-Rededuelle gegen den republikanischen Herausforderer Mitt Romney ausgewählt. Als US-Außenministerin Hillary Clinton ihren Rückzug von der Politik ankündigte, musste es sich Kerry dennoch gefallen lassen, nicht die erste Wahl für die Nachfolge zu sein.
Als Obamas Wunschkandidatin wurde die UN-Botschafterin Susan Rice gehandelt. Die Botschafterin bei den Vereinten Nation verzichtete jedoch vergangene Woche auf das Amt, weil sie wegen Äußerungen über den Anschlag auf die US-Vertretung im libyschen Bengasi in die Kritik der Republikaner geraten war. Rice hatte die Tat zunächst als Reaktion auf einen islamfeindliches Video und nicht als Terroranschlag eingestuft. Bei dem Attentat war auch der US-Botschafter in Libyen getötet worden.





Auch der jetzige Favorit Kerry hat in den vergangenen 30 Jahren im Senat nicht nur Freunde gemacht. Die Unterstützung der Opposition für den erklärten Israel-Freund dürfte nach Einschätzung von Experten aber sicher sein. Die Eloquenz des Diplomatensohns, der seinen Schliff auf einer Privatschule in der Schweiz und an der Elite-Uni Yale bekam, ist legendär. Ein volksnaher Politiker ist Kerry aber bis heute nicht. Dass der Freund edler Rotweine etwa im Wahlkampf 2004 bekannte, mit seiner zweiten Frau, der Millionärin und Ketchup-Erbin Teresa Heinz, auch mal auf Französisch zu parlieren, war vielen US-Patrioten nicht geheuer.
Empfindlich reagierte der Hobbypilot und Gitarrenspieler auf Behauptungen im Wahlkampf 2004, er habe sich als US-Soldat in Vietnam hohe Kriegsorden erschlichen. Kerry, der später als Kriegsgegner in die Politik einstieg, ließ die Vorwürfe durch Kameraden von einst widerlegen.
Im Gegensatz zu Obama lassen sich in Kerrys Biografie viele Anknüpfungspunkte mit Europa finden. Sein Vater war als US-Diplomat auch in Berlin tätig, das der 1943 geborene Kerry in der Nachkriegszeit mit dem Fahrrad erkundete. Als der neugierige Junior in den sowjetischen Sektor radelte, gab es daheim Hausarrest, erzählte Kerry Jahrzehnte später.
Die scheidende Außenministerin Clinton genoss unter allen Kabinettsmitgliedern die höchsten Umfragewerte. Der Frau von Ex-Präsident Bill Clinton, die sich gegenwärtig von den Folgen einer Gehirnerschütterung erholt, werden Ambitionen auf die Nachfolge Obamas in vier Jahren nachgesagt.