Post aus Harvard

Keine Angst vor sinkenden Steuern!

Seite 2/2

Angst vor US-Defizit ist fehl am Platz

Trotzdem glaube ich: Keiner dieser Sachverhalte muss uns ängstigen. Selbst wenn eine öffentliche Kreditaufnahme von 1,5 Billionen Dollar aufgrund der Steuerreform eine Kreditaufnahme des privaten Sektors in gleicher Höhe verdrängt, wird der Kapitalstock nicht belastet, im Gegenteil. Die Senkung der Körperschaftsteuer kommt US-Unternehmen unmittelbar zugute, das Kapital der Unternehmen wird sich durch Mittelzuflüsse aus der übrigen Welt erhöhen. Auch bei steigender Staatsverschuldung kann die vorgeschlagene Steuerreform so den Kapitalstock der Unternehmen in den nächsten zehn Jahren um rund fünf Billionen Dollar erhöhen.

Außerdem würde das um 500 Milliarden Dollar steigende BIP die Steuereinnahmen bis 2027 um 100 bis 150 Milliarden Dollar pro Jahr steigen lassen. Das reicht aus, um die Zinszahlungen in Höhe von 60 Milliarden für die 1,5 Billionen Dollar zusätzliche Staatsverschuldung zu leisten. Es bliebe sogar Geld übrig, um öffentliche Ausgaben zu erhöhen oder die Einkommensteuern zu senken.

Stimulierende Effekte für die US-Wirtschaft

Auch Bedenken, ein höheres Defizit könne die gesamtwirtschaftliche Nachfrage unerwünscht anheizen, sind fehl am Platz. Tatsächlich sind die stimulierenden Effekte des Defizits und der verstärkten Unternehmensinvestitionen zu begrüßen. Erstens kompensieren sie die kontraktiven Effekte der erwarteten Erhöhung des Leitzinses und die schrumpfende Bilanzsumme der US-Notenbank. Und zweitens rechnen die meisten Experten nach neun Jahren konjunktureller Expansion damit, dass die USA in den kommenden fünf Jahren in eine Rezession geraten.

Auch Sorgen über die hohe Schuldenquote, die sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt hat und aktuell bei 77 Prozent des BIP liegt, sind übertrieben. Prognosen des Congressional Budget Office zufolge steigt die Quote auch ohne weitere Gesetze bis 2027 auf 91,2 Prozent. Der unmittelbare Effekt des 1,5-Billionen- Dollar-Defizits infolge der Steuerreform würde einen Anstieg auf 97 Prozent hervorrufen.

Natürlich darf der Haushalt nicht aus dem Ruder laufen. Der Defizitabbau muss nach den Kongresswahlen 2018 hohe Priorität haben, damit sich die Schuldenquote wieder einem Niveau von 50 Prozent (wie vor dem Abschwung 2008/2009) annähert. Dies könnte etwa durch eine CO2-Steuer oder einem langsameren Ausgabenwachstum bei staatlichen Leistungen geschehen.
Doch jetzt muss der Kongress erst einmal die Steuerreform endgültig beschließen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%