Post aus Harvard Warum Washington die Staatsverschuldung bekämpfen muss

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Eine kleine Verringerung des Defizits könnte die Verschuldungsrate stark senken

Aus all diesen Gründen ist es also extrem wichtig, das Haushaltsdefizit zu reduzieren und die Gesamtverschuldung des Staates in der Zukunft deutlich herunterzufahren. Es ist immerhin erfreulich, dass eine vergleichsweise bescheidene Verkleinerung des Defizits die Verschuldungsrate ganz deutlich absenken könnte. Eine Verringerung des Defizits auf von fünf auf zwei Prozent des BIP zum Beispiel würde schon dafür sorgen, dass die Gesamtverschuldung 2026 statt der bedrohlichen 125 Prozent nur 50 Prozent betragen würde.

Aber wie soll das gehen? Um das Haushaltsdefizit in den Griff zu bekommen, muss der Staat entweder seine Ausgaben reduzieren oder seine Einnahmen erhöhen. Oder beides. Nichts ist hier politisch problemlos, aber unmöglich ist keine der beiden Strategien.

Ausgabenkürzungen sind schwieriger geworden, weil etliche Kürzungen schon vollzogen worden sind. Der Anteil der staatlichen Verteidigungsausgaben am amerikanischen BIP ist von 7,5 Prozent 1966 auf 3,2 Prozent in diesem Jahr gefallen, und für das kommende Jahrzehnt prognostiziert das CBO einen weiteren Rückgang auf 2,6 Prozent. Das wäre der niedrigste Wert seit dem Zweiten Weltkrieg auf ein Niveau, das Militärexperten für unzureichend halten.

Die weiteren Staatsausgaben lassen sich unterteilen an die in jedem Jahr neu ausgehandelten und verteilten Haushaltsposten und andererseits auf die Haushaltstitel, die durch Gesetzgebung langfristig feststehen und nicht Jahr für Jahr zur Disposition stehen.

Sozialausgaben zu Gunsten der Mittelschicht steigen

Die Haushaltsausgaben, die weder zum Verteidigungsbudget gehören noch langfristig festgelegt sind, sinken derzeit und nähern sich genau wie die militärischen Ausgaben der Marke von 2,6 Prozent des BIP – weniger als irgendwann seit dem Zweiten Weltkrieg. Was seit Jahren rapide steigt, sind die langfristig festgeschriebenen Ausgaben. Ihr Anteil am gleichzeitigen BIP betrug 1966 erst 4,5 Prozent, liegt jetzt bei 13,3 Prozent und dürfte 2026 15 Prozent erreichen. Im Wesentlichen sind das Sozialausgaben zu Gunsten älterer Menschen aus der amerikanischen Mittelschicht, weniger Maßnahmen zugunsten der im Vergleich armen Bürger Amerikas. Schon darum sind die meisten Fachleute der Meinung, dass eine Begrenzung des Anstiegs dieser Aufgaben wichtiger Bestandteil einer Haushaltssanierung sein muss.

Die amerikanischen Bundessteuern machen derzeit 18,3 Prozent des BIP aus. Der CBO-Prognose zufolge werden sie auf diesem Niveau bleiben, wenn sich die Steuergesetzgebung nicht erheblich ändert. Was sich in den vergangenen 30 Jahren geändert hat, sind die Steuersätze der individuellen Besteuerung. So ist der Spitzensatz von 28 Prozent im Jahr 1986 auf heute mehr als 40 Prozent gestiegen, und die Unternehmensbesteuerung ist mit von 35 Prozent die höchste in allen Industriestaaten.

Noch höhere Grenzsteuersätze würden Anreize zu wirtschaftlicher Anstrengung schwächen und unternehmerische Entscheidungen in falsche Bahnen lenken. Darum plädiere ich ebenso wie andere Beobachter dafür, bei der Haushaltssanierung auf der Seite der Staatseinnahmen nicht an die Steuersätze zu gehen, sondern an die steuerlichen Sonderbestimmungen, die auf die Schaffung von Schlupflöchern herauslaufen. Das beginnt mit kleineren Vergünstigungen wie den 7500 Dollar, die der Käufer eines Autos mit Elektroantrieb bei der Steuer einspart, bis hin zu großen Posten wie der Abzugsfähigkeit von Hypothekenzinsen und der Befreiung von Arbeitgeberbeiträgen zur Krankenversicherung von der Einkommensteuer.

Durch die Begünstigung der Hypotehkenabzahler entgehen dem amerikanischen Bundeshaushalt in diesem Jahr 84 Milliarden Dollar oder fünf Prozent der Gesamteinnahmen aus der Einkommensteuer. Und die Nichtverrechnung der Krankenversicherungsbeiträge beim steuerpflichtigen Einkommen der Arbeitnehmer kostet den Fiskus sogar mehr als 200 Milliarden Dollar.

Doch vor der Präsidentschaftswahl im kommenden November wird in Sachen Defizitbekämpfung nichts geschehen. Doch nach der Amtsübergabe im Weißen Haus Anfang 2017 gehört die Reform des Haushalts auf der Ausgaben- wie auf der Einnahmenseite ganz nach oben auf die Tagesordnung.

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