Post aus Harvard Japans verhängnisvolle Schuldenspirale

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Sparquote Japans

Der Überschuss an nationalen Ersparnissen gegenüber den Investitionen ermöglicht es Japan nicht nur, Kapital zu exportieren, sondern trägt auch – zusammen mit der leichten und anhaltenden Deflation – zu niedrigen langfristigen Zinssätzen bei. Trotz des gewaltigen öffentlichen Defizits und der immensen Staatsschulden, die bei fast 200 Prozent des BIPs liegen, beträgt der Zinssatz für zehnjährige japanische Staatsanleihen nur ein Prozent, das ist der niedrigste derartige Satz der Welt.

Noch höhere Defizite?

Doch bleibt das künftig auch so? Es besteht das Risiko, dass steigende Zinsen und eine nachlassende Nettoersparnis Japans Leistungsbilanzüberschuss kippen. Höhere Zinsen könnte zum Beispiel ein Wechsel von Deflation zu Inflation bewirken. Die Preise in Japan fallen um etwa ein Prozent pro Jahr. Sollte daraus eine positive Inflationsrate von einem Prozent werden, wie Regierung und Zentralbank es wünschen, würde der Zinssatz um rund zwei Prozentpunkte steigen. Bei einer Schuldenquote von rund 200 Prozent dürfte der höhere Zinssatz die Zinsrechnung der Regierung am Ende um etwa vier Prozent des BIPs erhöhen. Das Haushaltsdefizit droht dann von sieben auf elf Prozent nach oben zu schießen.

Die Folge sind höhere Kosten für die Schuldentilgung – und somit noch größere Defizite. Diese verhängnisvolle Spirale aus steigenden Defiziten und Schulden würde die Zinssätze noch weiter steigen lassen. Und die größeren Defizite könnten die gesamte überschüssige Ersparnis auslöschen, die derzeit den Leistungsbilanzüberschuss stützt. Dieselbe negative Wirkung auf die Leistungsbilanz tritt ein, wenn die Betriebe ihre Ersparnisse verringern, indem sie höhere Löhne oder Dividenden zahlen.

Negative Sparquote droht

Der Dreiklang aus Kapitalexporten, hohen Defiziten und niedrigen Zinsen war Japan jahrelang nur aufgrund seiner hohen privaten Sparquote möglich, durch die die gesamtwirtschaftliche Ersparnis positiv blieb. Doch bei der aktuellen niedrigen Sparquote wird der Kreislauf aus steigenden Defiziten und Schulden die gesamtwirtschaftliche Ersparnis in Japan bald in den Negativbereich treiben.

Das Ergebnis sind steigende reale Zinssätze, da die geringe private Sparquote direkt zu hohen Haushaltsdefiziten führt. Das schwächt den Aktienmarkt, senkt die Investitionen der Unternehmen, behindert das Wirtschaftswachstum – und hat somit auch Folgen für den Rest der Welt. Sollte sich Japans Nettosparüberschuss auflösen, stünden die gegenwärtigen Kapitalabflüsse von 175 Milliarden Dollar anderen Ländern nicht mehr zur Verfügung – während Japan wohl selbst die globalen Ersparnisse anzapfen müsste.

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