Post aus Harvard

Donald Trumps Protektionismus-Irrtum

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Verhandlungen wegen bilateraler Handelsungleichgewichte nicht immer positiv

Während des Präsidentschaftswahlkampfes von Donald Trump war diese Reaktion ganz deutlich zu beobachten: Er hatte gedroht, hohe Zölle auf Waren aus China, Mexiko und anderen Ländern zu erheben. 

Doch nun, da er im Amt ist, sind keine hohen Zölle oder Importkontingente in Sicht. Was wir stattdessen beobachten sind Handelsgespräche, die unter Androhung solcher Zölle geführt werden – und die dazu führen sollen, den Markt für einige Produkte und Dienstleistungen in Ländern zu öffnen, mit denen die USA ein bilaterales Defizit aufweisen.

China ist ein gutes Beispiel. Nachdem Trump ursprünglich China gedroht hatte, empfing er den chinesischen Präsidenten Xi Jinping auf seinem Anwesen in Florida. Im Anschluss an das Treffen, das beide Seiten als freundschaftlich bezeichneten, erklärten sich die Chinesen bereit, ab Sommer erneut amerikanisches Rindfleisch zu importieren und die vor Jahren ergriffenen protektionistischen Maßnahmen rückgängig zu machen. Außerdem willigte China ein, seinen Markt für eine Reihe von Finanzdienstleistungen aus den USA zu öffnen. Die USA willigten ihrerseits ein, künftig wie gewünscht Erdgas an China zu liefern ­ was sie vorher abgelehnt hatten.

Ausländer sind in den USA aller Anti-Immigrations-Rhetorik zum Trotz willkommen – sofern sie kräftig investieren und Jobs schaffen. Was die Trump-Regierung im Gegenzug bietet, bleibt weitestgehend unklar.
von Tim Rahmann

Das Handelsdefizit der USA mit China wird sich infolge dieser handelspolitischen Veränderungen verringern. Das US-Handelsbilanzdefizit insgesamt wird zwar so bleiben, aber bei den Realeinkommen und Gewinnen US-amerikanischer Rindfleischproduzenten, Finanzdienstleister und Erdgasproduzenten gibt es eine Bewegung nach oben.  Auch die chinesischen Verbraucher profitieren. In diesem Fall hat es also wünschenswerte politische Veränderungen nach sich gezogen, das bilaterale Handelsungleichgewicht in den Mittelpunkt zu stellen, auch wenn sich das US-Handelsbilanzdefizit mit der Welt nicht verringern wird.

Verhandlungen, die als Reaktion auf bilaterale Handelsungleichgewichte geführt werden, sind trotzdem nicht immer positiv.  Die USA drohen derzeit mit Strafzöllen auf Weichholz-Importe aus Kanada. Wenn die USA diese Strafzölle tatsächlich verhängen, würde sich das Handelsungleichgewicht mit Kanada verringern. Doch die Zölle würden der amerikanischen Bauindustrie und US-Immobilienbesitzern genauso schaden wie kanadischen Holzfirmen.

Unter dem Strich sind bilaterale Handelsungleichgewichte durchaus relevant und können nützlich sein, wenn es darum geht, die Aufmerksamkeit auf politische Maßnahmen zu lenken, die das Realeinkommen von Verbrauchern und Unternehmen verringern. Bei der Beseitigung dieser bilateralen Ungleichgewichte muss man allerdings Vorsicht walten lassen.

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