
Unter dem Eindruck der Fußball-Europameisterschaft hat Island am Samstag einen neuen Präsidenten gewählt. Damit auch die vielen Fußballfans wählen konnten, die ihrem Team nach Frankreich gefolgt sind, richtete das Innenministerium ein Wahllokal im Camp des Nationalteams in Annecy ein. Wegen der Euphorie über den Einzug der Mannschaft ins EM-Achtelfinale rechneten Experten mit einer historisch geringen Wahlbeteiligung.
Einem Neuling wurden die besten Aussichten eingeräumt, neues Staatsoberhaupt zu werden: In Umfragen hatte der Historiker Gudni Th. Jóhannesson in den vergangenen Wochen mit weitem Abstand vorn gelegen. Durch seine Auftritte als Experte im Fernsehen ist er einem breiten Publikum auf der Nordatlantik-Insel bekannt. Wahlberechtigt waren rund 245.000 Bürger.
Nach den Enthüllungen der Panama Papers über Briefkastenfirmen in Steueroasen, die den Regierungschef zum Rücktritt gezwungen hatten, war das Vertrauen der Isländer in ihre Politiker geschwunden. Viele Landsleute hatten Jóhannesson bestärkt, sich für den Präsidentenposten zu bewerben. Daraufhin war er schnell zum Favoriten aufgestiegen. Der Wahlkampf sei für ihn „neu und aufregend“ gewesen, sagte der fünffache Vater der Deutschen Presse-Agentur.
Neben Jóhannesson kämpfen acht andere Kandidaten um das Amt, darunter der frühere isländische Ministerpräsident Davíd Oddsson und der Schriftsteller Andri Snær Magnason. Islands Präsident Ólafur Ragnar Grímsson will nach 20 Jahren und fünf Amtszeiten nicht mehr antreten. Die Wahllokale schließen erst um Mitternacht (MESZ). Mit einem Endergebnis wurde im Laufe der Nacht zum Sonntag gerechnet.