Präsidentschaftswahl in Frankreich „Miss Moneypenny“ gefährdet Fillons Wahlkampf

Penelope Fillon, Frau des französischen Präsidentschaftskandidaten, soll mehr Geld als gedacht von ihrem Ehemann erhalten haben. Nachweise ihrer Arbeit fehlen bisher. Auch Fillons Kinder sollen entlohnt worden sein.

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Der französische Präsidentschaftskandidat Fillon empörte sich: „Man schwärzt meine Frau an und will dadurch mich brechen, aber sie werden sehen, aus welchem Holz wir geschnitzt sind!“ Quelle: AFP

Paris Der Skandal um die angeblich fiktive Beschäftigung von Penelope Fillon, Gattin des konservativen Präsidentschaftskandidaten François Fillon, weitet sich aus. Wenn die Informationen der Wochenzeitung „Le Canard Enchaîné“ zutreffen, hat Fillon im Fernsehen die Unwahrheit gesagt. Seine Frau soll bereits früher als von ihm behauptet aus dem Budget der Nationalversammlung entlohnt worden sein. Insgesamt habe sie nicht 500.000 Euro, sondern 831.000 Euro erhalten.

Die Zeitung hatte den Skandal in der vergangenen Woche mit einem Artikel losgetreten, in dem behauptet wurde, Penelope Fillon sei acht Jahre von der Nationalversammlung als Assistentin von Fillon und seinem Nachrücker Marc Joulaud bezahlt worden und habe rund 500.000 Euro erhalten. Doch finde sich nicht die geringste Spur ihrer Tätigkeit.

Fillon empörte sich: „Das ist eine gewaltige Operation, um mich zu verleumden. Noch nie in der Geschichte der 5. Republik hat es so etwas gegeben – den Versuch, einen Kandidaten anders als durch eine demokratische Wahl auszuschalten. Man schwärzt meine Frau an und will dadurch mich brechen, aber sie werden sehen, aus welchem Holz wir geschnitzt sind!“ Es sei eine völlig normale Praxis, dass Abgeordnete ihre Familienmitglieder zu Assistenten machen. Das trifft tatsächlich auf rund 100 Volksvertreter zu. Allerdings besteht ein Anspruch auf Bezahlung nur, wenn auch tatsächlich gearbeitet wird.

Die Justizbehörden eröffneten sofort ein Ermittlungsverfahren. Fillon sagte, er werde alle Beweise vorlegen. Schnell werde man sehen, dass es sich um haltlose und böswillige Anschuldigungen handle. „Meine Frau hat von Anfang an für mich gearbeitet“, sagte Fillon am 27. Januar im Fernsehen. „Sie machte für mich eine Presseschau, sie empfing Personen für mich, die ich nicht empfangen konnte, sie vertrat mich.“ Zunächst habe er sie nicht bezahlt. „1997 hat ein Mitarbeiter gekündigt, daraufhin habe ich Penelope zu meiner (bezahlten) Mitarbeiterin gemacht.“ Beweise legte Fillon allerdings nicht vor. Frau Fillon hatte noch in der jüngsten Vergangenheit gesagt, sie habe sich von der politischen Arbeit ihres Mannes stets ferngehalten.

Dem Canard zufolge hat Fillon im TV nicht die Wahrheit gesagt. „Miss Moneypenny“, so die Zeitung, soll nicht erst ab 1997, sondern schon ab 1988 – drei Jahre lang – von der Nationalversammlung als seine Assistentin bezahlt worden sein. In der Zeit habe sie 83.000 Euro erhalten. In den 90er-Jahren seien weitere Zeiträume gefolgt, in denen die aus Wales stammende Frau des damaligen Abgeordneten entlohnt wurde. Insgesamt habe sie aus den Kassen der Nationalversammlung nicht 500.000 Euro, sondern 831.000 Euro erhalten.

Am Montag wurde das Ehepaar Fillon fünf Stunden lang verhört. Einzelheiten der Vernehmung wurden nicht bekannt. Am Dienstag durchsuchten Angehörige der Justizpolizei Fillons Büro in der Nationalversammlung. Dabei hätten sie Arbeitsverträge von Frau Fillon, ihren Dienstausweis und eine amtliche Mailadresse gesucht. Zumindest die beiden letzteren möglichen Anhaltspunkte für eine echte Beschäftigung habe man nicht gefunden, will die Tageszeitung „Le Parisien“ erfahren haben.


„Man will uns die Wahlkampagne stehlen!“

„Man will uns die Wahlkampagne stehlen!“ erregte sich einer von Fillons Sprechern am Dienstag. Sein Kampagnenleiter Patrick Stefanini sagte vor Journalisten: „Viele Franzosen werden sich fragen, ob denn auch andere Abgeordnete, die möglicherweise dasselbe Interesse der Justiz wecken, so behandelt werden wie François Fillon.“ Auf die Frage, wen er damit meine, wollte Stefanini nicht antworten: „Ich habe nur von den Franzosen gesprochen, die sich diese Frage stellen werden.“

Zum letzten Mal hat Fillon seine Frau wohl wieder aus der Parlamentskasse bezahlt, als er 2012 das Amt des Premierministers verlassen musste und Abgeordneter von Paris wurde. Monatlich überwies er ihr 5000 Euro. Im Herbst 2013, also über ein Jahr, nachdem er sein Pariser Abgeordnetenmandat gewann, habe er gemerkt, dass er sie eigentlich nicht mehr als Assistentin brauche, „um die Verbindung zu meinem früheren Wahlkreis im Département Sarthe“ zu halten, erläuterte Fillon am vergangenen Sonntag in einem Interview. Das wäre keine besonders schnelle Reaktion gewesen.

Der Canard vermutet denn auch einen ganz anderen Zusammenhang: Im Herbst 2013 trat ein Gesetz ein Kraft, das alle Abgeordneten zwingt, auch den Verdienst ihrer Ehepartner zu veröffentlichen. „Fillon hat im letzten Moment die Reißleine gezogen“, schreibt das Blatt in seiner neuen Ausgabe.

Auch die Kinder des Kandidaten der konservativen Republikaner haben Honorare aus der Staatskasse erhalten. Fillon selber sagte am 27. Januar, dass er als Senator einmal zwei seiner Kinder für eine juristische Beratung bezahlt habe. Die Wochenzeitung beziffert die fragliche Summe auf 84.000 Euro.

Während alle Parteien auf den mutmaßlichen Skandal reagieren und Fillon auffordern, Beweise vorzulegen, ist eine Formation auffällig still: die rechtsradikale Front National. Das ist kein Wunder. Die Partei hat einen eigenen handfesten Skandal, der zudem nachgewiesen ist. So sehr die Rechtspopulistin die Europäische Union verachten mag – ihr Geld nimmt sie gerne. Auch dann, wenn es mit den Vorschriften nicht im Einklang steht.

Die Vorsitzende Marine Le Pen, Abgeordnete des Europäischen Parlaments, ließ von der Volksvertretung eine Mitarbeiterin bezahlen, die laut Nachforschungen des EP tatsächlich für die Partei tätig war. Sie habe das Büro der Parteichefin geleitet. Zudem beschäftigte Le Pen eine Zeitlang ihren Lebenspartner Louis Aliot als Assistenten. Den Vorschriften des Parlaments nach ist das strikt untersagt.

Am Dienstag forderte das EP Le Pen auf, bis spätestens Mitternacht 300.000 Euro zurück zu zahlen. Andernfalls würden ihr die Hälfte der Diäten und sämtliche Zulagen gestrichen.

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