Preiskampf gegen USA Warum die Scheichs das Öl enorm verbilligen

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Fracking ist teuer

All das richtet sich gegen die amerikanische Konkurrenz, gegen die bislang so rasant wachsende Fracking-Wirtschaft. Kern des Kalküls: Die reinen Förderkosten für ein Barrel Öl aus der arabischen Wüste liegen zwischen sieben und höchstens zwölf Dollar. Ein Barrel Erdöl, das in den USA durch Fracking gewonnen wird, verursacht dagegen je nach Lage und Art der Fundstelle Kosten zwischen 40 und 70 Dollar. Schon bei 60 Dollar wäre also das Ende vieler amerikanischer Projekte nahe.

Natürlich bleibt es paradox, wenn Länder, die praktisch nur vom Ölexport leben, die Erlöse dieses Geschäfts willentlich reduzieren. Kritiker dieses Kurses, die es auch in der saudischen Führung gibt, stützen sich auf eine Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF). Dessen Forscher haben berechnet, wie hoch der Rohölpreis mindestens sein müsste, um die chronischen Löcher in den Staatshaushalten der Ölexporteure zu stopfen. Für Saudi-Arabien mit seiner generösen Sozialpolitik kommt der IWF auf mehr als 100 Dollar, für den Iran auf 140 Dollar, für die kleinen Opec-Staaten am Golf auf 60 bis 80 Dollar. König Abdullah und seine Minister können sich den Preiskampf trotzdem leisten – dank des in den vergangenen Jahren akkumulierten gewaltigen Reichtums des Königreichs.

„Niedrige Ölpreise sind für das Königreich akzeptabel dank eines gut gemanagten Bestands an Devisenreserven“, sagt der saudische Publizist Nawaf Obeid. Nach seinen Angaben verfügt der saudische Staat über Devisenreserven und ausländische Vermögenswerte im Wert von mehr als 900 Milliarden Dollar. Das würde rein rechnerisch ausreichen, die Folgen eines halbierten Rohölpreises mehr als vier Jahre auszugleichen, ohne irgendwo im Staatshaushalt zu sparen.

Einen so langen Atem hätte die amerikanische Ölindustrie kaum, auch wenn es bis auf sinkende Aktienkurse der Ölunternehmen noch keine Krisenzeichen gibt. Gilt das aber auch, wenn sich der Barrelpreis bei 60 Dollar einpendelt oder gar noch weiter fällt? An der Wall Street werden bereits spekulative Kontrakte auf einen Preis von 40 Dollar Mitte 2015 gehandelt. Bislang geben sich die großen amerikanischen Produktionsgesellschaften wie Devon Energy und Continental Ressources aber noch optimistisch, erschließen im neuen Wilden Westen der USA ein Ölfeld nach dem anderen und prognostizieren für 2015 Zuwächse im zweistelligen Prozentbereich.

Vor dem Countdown

Die meisten Produktionsfirmen in der alten Cowboy-Region zwischen Mississippi und Rocky Mountains haben sich mit Derivaten gegen fallende Ölpreise abgesichert. So eine Absicherung läuft freilich irgendwann aus, bei den meisten Kontrakten ist das schon im kommenden Jahr so.

Da haben die Ölscheichs vermutlich den längeren Atem. „Einer muss den Kürzeren ziehen“, sagt Sarah Emerson, Direktorin der auf die Ölindustrie spezialisierten amerikanischen Unternehmensberatung ESAI Energy – „es ist wie beim Goldrausch. Erst einmal will jeder so viel erbeuten wie möglich.“

Weshalb die Konsumenten der Konfrontation zwischen Wildwest-Helden und Scheichs gelassen zuschauen können.

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