Probleme mit Erdogan EU ringt um Erklärung zum Türkei-Putsch

Nach dem Putschversuch gibt es von der EU keine klare Positionierung. Beim Gipfeltreffen in der Mongolei verstecken sich Merkel, Tusk und Juncker hinter einer knappen Erklärung. Erdogan bleibt ein schwieriger Partner.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker geben zur Türkei nur wenige Worte zu Protokoll. Quelle: dpa

Ulan Bator Eigentlich wollte Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Gipfeltreffen in der Mongolei die Freundschaft zwischen Europa und Asien feiern. Das Gastgeberland hat sich rausgeputzt, lässt Reiterstaffeln auflaufen und Ringer Showkämpfe austragen. Seit Dschingis Khan seien nicht mehr so viele Staatenlenker in seinem Land zusammengekommen, betont Präsident Tsakhia Elbegdorj stolz. Aber als die ersten Nachrichten über den Putschversuch in der Türkei eintreffen, beginnt der Krisenmodus.

Im Minutenrhythmus treffen Informationen über die Lage ein. Die Situation ist unübersichtlich. Merkel berät sich mit der anwesenden EU-Führung. EU-Ratspräsident Donald Tusk, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini ringen um eine gemeinsame Position mit den 28 EU-Ländern. Das Verhältnis zum türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan ist angespannt. Aber beim Angriff gegen eine demokratisch gewählte Regierung eines so wichtigen Staates kann die EU nicht sprachlos bleiben.

Merkel tritt nicht selbst vor die Journalisten, sondern lässt über ihren Sprecher eine Position verbreiten: Sie sei im Kontakt mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier, Vizekanzler Sigmar Gabriel (beide SPD) und Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU). Die Bundesregierung betone ihre „Unterstützung für die gewählte Regierung“. Auf Twitter reagieren Nutzer mit Hohn, schließlich lasse diese Aussage viele Interpretationen zu.

Unterdessen kommen neue Nachrichten aus der Türkei: Erdogan ruft die Bevölkerung zum Widerstand gegen die Putschisten auf. Später gibt er eine Pressekonferenz. Es handle sich um einen „Aufstand einer Minderheit in der Armee“. Die Verantwortlichen würden hart bestraft werden.

Etwa zur gleichen Zeit stellt sich die EU in einer knappen Mitteilung hinter die türkische Staatsführung. „Die EU unterstützt die demokratisch gewählte Regierung, die Institutionen des Landes und den Rechtsstaat“, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme von Tusk, Juncker und Mogherini. In der mit den 28 EU-Ländern abgestimmten Erklärung heißt es weiter: „Wir rufen zu einer umgehenden Rückkehr zur verfassungsgerechten Ordnung auf.“ Weitere Nachfragen von Journalisten werden zunächst abgewiegelt.

Die Bundeskanzlerin hetzt noch vor dem Konferenzabschluss zum Flugzeug. Ein Presse-Statement gibt sie nicht. Sie lässt lediglich mitteilen, dass sie hinter der EU-Erklärung stehe.

Als das Bundeswehrflugzeug in Richtung Berlin aufbricht, treten im Shangri-La Hotel Tusk und Juncker zusammen mit dem mongolischen Präsidenten Elbegdorj zum Abschluss des Gipfels vor die Journalisten. Wort für Wort liest Tusk das abgestimmte Statement vor. „Die Türkei ist ein wichtiger Partner für die EU“, fügt er hinzu und spricht davon, wie wichtig eine globale Zusammenarbeit sei. Juncker ist voll Lobes für die Mongolei und erwähnt die Türkei mit keinem Wort.

Ein Journalist hakt nach, und will von Tusk und Juncker mehr zur EU-Position gegenüber der Türkei und dem Putschversuch wissen. Tusk bleibt vorsichtig. „Einen Militärputsch darf es in der Türkei nicht geben“, sagt er. Das Land sei eine Demokratie und entsprechend müssten die Probleme gelöst werden. Dann fügt er jedoch warnend hinzu: „Die Frage ist, welche Art von Türkei aus der Krise hervorgeht.“ Für Spekulationen über ein verändertes Verhältnis zwischen der EU und der Türkei sei es noch zu früh. „Das war es“, fügt Juncker lediglich hinzu und äußert sich nicht weiter.

Damit endet der elfte Asem-Gipfel in Ulan Bator. Die Plattform steht für rund 60 Prozent der Weltbevölkerung und des Welthandels. Alle zwei Jahre kommen seit 1996 die Staats- und Regierungschefs der 53 ASEM-Länder zusammen, sowie der Präsident des Europäischen Rates, der Präsident der Europäischen Kommission und der Generalsekretär des Verbandes südostasiatischer Nationen (ASEAN).

Die Türkei ist jedoch nicht dabei, und war auch nicht in Ulan Bator vertreten. Die Aufnahme der Türkei in das Forum war immer wieder Thema. Denn aus Europa sind neben den EU-Staaten auch Norwegen und die Schweiz an dem Forum beteiligt. Allein geografisch hätte die Türkei sehr viel zum Kontakt zwischen Asien und Europa beizutragen, zumal bei den Gipfeltreffen der Ausbau der Infrastruktur in Eurasien zu den wichtigsten Themen gehört, und viele Verbindungen durch die Türkei führen.

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