Proteste in Katalonien „Die Straßen gehören uns!“

Tausende Menschen haben an verschiedenen Orten in Katalonien für die Unabhängigkeit demonstriert. Am Generalstreik beteiligte sich auch der Fußballclub FC Barcelona.

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Ein Kinderwagen mit einer „Estelada“, dem Symbol der katalonischen Unabhängigkeit. Quelle: dpa

Barcelona Die spanische Regierung hat eine „Verfolgung“ von Staatspolizisten durch Separatisten in der nach Unabhängigkeit strebenden Region Katalonien angeprangert. Innenminister Juan Ignacio Zoido warnte am Dienstag, man werde „alles Nötige unternehmen“, um die Verfolgung zu stoppen. Die Beamten waren in der Region im Einsatz, um das gerichtlich verbotene Unabhängigkeitsreferendum vom Sonntag zu verhindern. Zehntausende Katalanen folgten am Dienstag dem Aufruf zu einem Generalstreik und Demonstrationen, um gegen die Polizeigewalt vom Sonntag mit fast 900 Verletzten zu demonstrieren.

In der katalanischen Regionalhauptstadt Barcelona war der Universitätsplatz schon gegen Mittag zum Bersten voll. Tausende von Menschen sangen dort die katalanische Nationalhymne und riefen: „Die Straßen gehören uns!“ In Girona fanden sich mehr als 30 000 Menschen ein, auch in Reus und anderen Städten gab es große Demonstrationen. Zu den Kundgebungen und einem Generalstreik hatten mehrere Gewerkschaften und andere Organisationen aufgerufen.

Der Generalstreik machte sich seit dem frühen Dienstagmorgen bemerkbar. In Barcelona etwa blieben Schulen, Geschäfte, Büros und Cafés geschlossen. Die öffentlichen Transportmittel fuhren nur sehr eingeschränkt.

Kataloniens Regierungschef Carles Puigdemont forderte die Demonstranten auf, bei den Protesten gegen die Polizeigewalt friedlich zu bleiben. „Heute ist ein Tag des demokratischen, staatsbürgerlichen und würdigen Protests“, schrieb der 54-Jährige im Kurznachrichtendienst Twitter. „Lasst Euch nicht durch Provokationen aufregen. Die Welt hat es gesehen: Wir sind friedliche Menschen“, fügte er hinzu. Nach dem Referendum hatte er die Ausrung der Unabhängigkeit Kataloniens angekündigt, aber auch die Notwendigkeit einer Vermittlung hervorgehoben.

Minister Zoido hatte am Dienstagmorgen eine Dringlichkeitssitzung mit den Chefs der Polizeieinheiten Guardia Civil und Policía Nacional abgehalten. Danach hatte er sich auch mit Ministerpräsident Mariano Rajoy beraten. In den vergangenen Tagen hatte es in Katalonien bereits zahlreiche Proteste gegen die Polizei gegeben - unter anderem vor den Hotels, in denen die aus Madrid entsandten Beamten untergebracht sind. Hotels in den Küstenorten Calella und Pineda de Mar warfen sogar Hunderte von Polizisten hinaus.

Auch die stellvertretende Ministerpräsidentin Soraya Saénz de Santamaría kritisierte am Dienstag die Demonstrationen gegen die Polizei in Katalonien und gab den separatistischen Politikern der Region die Schuld. „Wir werden mafiöses Verhalten der Gemeinden in Katalonien nicht tolerieren“, sagte sie in Madrid vor Journalisten.

Auch der Fußballclub FC Barcelona unterstützte den Streik. Die beiden größten Gewerkschaftsverbände Spaniens, CCOO und UGT, hatten sich ursprünglich dem Aufruf angeschlossen, zogen aber ihre Teilnahme am Montag zurück. Offiziell geht es bei dem Ausstand um die Polizeigewalt während des gerichtlich verbotenen Unabhängigkeitsreferendum vom Sonntag. Inoffiziell dreht er sich aber auch um die Unabhängigkeit von Spanien.

Bei dem gerichtlich untersagten Referendum hatten am Sonntag den Angaben der Regionalregierung zufolge rund 90 Prozent der Teilnehmer für eine Unabhängigkeit von Spanien gestimmt, die Beteiligung lag demnach bei 42 Prozent. Die Zentralregierung hatte betont, das Referendum sei nach der Verfassung vollkommen illegal.

Gegner einer Unabhängigkeit kündigten für den kommenden Sonntag eine große Demonstration gegen die Abspaltung der Region von Spanien an. Es gehe darum, „Basta“ zu dem ganzen Prozess zu sagen und wieder „die Vernunft zurückzugewinnen“, erklärte Àlex Ramos, der Vizepräsident der zivilen Organisation Societat Civil Catalana (SCC), laut der Nachrichtenagentur Europa Press in einem TV-Interview.

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