Proteste und Unruhen Äthiopien kündigt Freilassung aller politischen Gefangenen an

Nach Monaten mit Unruhen und der Vertreibung fast einer Million Menschen geht die Regierung auf die Opposition zu. Ein früherer politischer Gefangener schreibt: „All diese Versprechen müssen sofort umgesetzt werden.“

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Der äthiopische Ministerpräsident will ein berüchtigtes Gefängnis schließen. Quelle: dpa

Addis Abeba Die äthiopische Regierung will politische Gefangene freilassen und ein berüchtigtes Gefängnis schließen. Das kündigte Ministerpräsident Hailemariam Desalegn am Mittwoch überraschend nach einem monatelangen harten Vorgehen gegen Oppositionelle und Dissidenten an. Damit solle „der demokratische Raum für alle erweitert werden“.

„Politische Gefangene, denen Anklage droht und die bereits in Haft sind, werden freigelassen“, sagte Hailemariam. „Und das berüchtigte Gefängnis, das traditionell Maekelawi genannt wird, wird geschlossen und in ein Museum umgewandelt.“

Seit Ende 2015 sah sich die Regierung in Addis Abeba mit einer Protestbewegung in den Regionen Oromia und Amhara konfrontiert; bei Zusammenstößen gab es Tote, Zehntausende wurden verhaftet. Die Wirtschaft in den Regionen kam praktisch zum Stillstand. Eine Million Menschen flohen nach Schätzungen vor der Gewalt. Über die Zahl der politischen Gefangenen gab es zunächst keine Angaben.

Äthiopien ist ein Vielvölkerstaat, die Regierung ist seit 1991 an der Macht. Hailemariam steht seit 2012 an der Spitze der Regierung. Menschenrechtsgruppen und Oppositionsgruppen haben die Freilassung politischer Gefangener gefordert. Sie würden mit aufgebauschten Vorwürfen festgehalten und wegen ihrer abweichenden Meinung verfolgt, erklärten sie. Amnesty International schrieb, das harsche Vorgehen gegen die Opposition habe „willkürliche Massenverhaftungen, Folter und schlechte Behandlung, unfaire Verfahren und Verstöße gegen die Recht auf Meinungsfreiheit und Versammlung gesehen“.

Der frühere politische Häftling und renommierte Blogger Befeqadu Hailu erklärte: „Ich schreibe das mit Tränen in den Augen: All diese Versprechen müssen sofort umgesetzt werden.“

Inhaftiert sind derzeit auch die prominenten Oppositionspolitiker Bekele Gerba und Merara Gudina. Auch mehrere Journalisten sind inhaftiert.

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