Provokante Atomversuche Nordkorea meldet erfolgreichen Test von Wasserstoffbombe

Kim Jong Un dreht an der Eskalationsschraube. Ungeachtet aller Warnungen unternimmt Nordkoreas Machthaber einen neuen Atomtest. US-Präsident Trump sieht keinen Raum mehr für Diplomatie.

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Atomstest in Nordkorea

Gegen alle Sanktionen hat Nordkorea mit seinem bisher größten Atomwaffentest erneut die Welt provoziert. Nach eigenen Angaben wurde eine Wasserstoffbombe getestet, die ein Vielfaches stärker ist als herkömmliche atomare Sprengsätze. Der Test sei erfolgreich verlaufen, verkündete eine Sprecherin am Sonntag feierlich im Staatsfernsehen. Mit der Bombe könne auch eine neue Interkontinentalrakete (ICBM) bestückt werden. Das nordkoreanische Atomwaffeninstitut sprach von einem „perfekten Erfolg“.

Der sechste Atomversuch Nordkoreas seit 2006 löste weltweit scharfe Kritik aus. Es wurde eine schnelle Reaktion des Weltsicherheitsrates gefordert, da Nordkorea damit gegen UN-Resolutionen verstößt. Machthaber Kim Jong Un fordert zugleich US-Präsident Donald Trump heraus, der „militärische Optionen“ nicht ausgeschlossen hat, um Nordkorea daran zu hindern, sein Atom- und Raketenprogramm weiter zu entwickeln. Auch hatte der US-Präsident mit „Feuer und Wut“ gedroht, was Sorgen vor einem verheerenden bewaffneten Konflikt anfachte.

Der Atomtest ist ein Affront gegen die direkten Nachbarn China und Russland. Er erfolgte unmittelbar vor dem Gipfel der Brics-Staaten in der chinesischen Hafenstadt Xiamen, wo die Staats- und Regierungschefs aus China, Russland, Indien, Brasilien und Südafrika am Montag zusammenkommen. Sofort nach seiner Ankunft in Xiamen traf Russlands Präsident Wladimir Putin am Sonntag mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping zusammen.

Der Weltsicherheitsrat verurteilt Nordkoreas jüngsten Raketentest. Südkorea und Japan wollen sich für neue Sanktionen des Rats gegen das Nachbarland einsetzen. Dessen Machthaber denkt schon an weitere Aktionen.

Der Atomtest war der bisher stärkste Nordkoreas. Erste Hinweise gab ein Erdbeben der Stärke 6,3 in der Provinz Nord-Hamgyong im Nordosten, wo auch schon frühere Nuklearversuche unternommen worden waren. Das Beben war in Südkorea und in Nordostchina spürbar. Chinas Erdbebenamt meldete ein zweites Erdbeben der Stärke 4,6. Es seien wohl Hohlräume zusammengebrochen.

Die Sprengkraft war „um ein Vielfaches stärker“ als bei den letzten Tests, die bei 15 bis 25 Kilotonnen lagen. Nach eigenen Messungen geht die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) von „wenigen hundert Kilotonnen“ aus. Die Atombombe, die im Zweiten Weltkrieg von den USA über der japanischen Stadt Hiroshima abgeworfen wurde, hatte eine Sprengkraft von 15 Kilotonnen TNT. Eine vorläufige südkoreanische Schätzung ging zunächst von etwa 50 Kilotonnen aus.

Südkorea und Japan verurteilten den Test. Ministerpräsident Shinzo Abe nannte ihn absolut inakzeptabel. Südkoreas Regierung sprach von einer „rücksichtslosen Provokation“ und forderte härtere Sanktionen, um Nordkorea komplett zu isolieren. Mit dem Verbündeten USA will Seoul auch über die Verlegung „der stärksten taktischen Waffen“ nach Südkorea diskutieren. Ob damit die erneute Stationierung von taktischen Atomwaffen gemeint war, blieb unklar

China steckt beim Kräftemessen zwischen Nordkorea und den USA in einer Zwickmühle. Das Land scheint sich gegen den früheren Verbündeten zu stellen - und kann so Nordkorea zum wirtschaftlichen Kollaps zwingen.
von Nora Jakob

In einem Telefongespräch hatte sich Präsident Moon Jae In mit Trump schon am Freitag auf einen Ausbau der Verteidigungsfähigkeit Südkoreas geeinigt. Beschränkungen südkoreanischer Raketenkapazitäten sollen gelockert werden. Die Reichweite ist bisher auf 800 Kilometer und das Gewicht der Sprengköpfe auf 500 Kilogramm beschränkt. Südkorea will seine Raketen mit Gefechtsköpfen von bis zu einer Tonne ausrüsten. Die USA haben in Südkorea 28 500 Soldaten als Abschreckung stationiert und das Land unter ihren „atomaren Schutzschild“ gesetzt. Die USA bereiten außerdem neue Sanktionen vor. Ziel der Strafmaßnahmen sei es, Nordkorea von seinen verbliebenen Handelspartnern abzuschneiden, sagte US-Finanzminister Steven Mnuchin am Sonntag dem Sender Fox News. Anderen Staaten müsse klar gemacht werden, dass sie nur mit den USA Handel betreiben könnten, wenn sie Nordkorea wirtschaftlich isolierten.

Auch China und Russland kritisierten den Atomtest Nordkoreas. Das Pekinger Außenministerium äußerte „entschiedenen Widerstand“. Nordkorea solle aufhören, „falsche Aktionen zu unternehmen, die die Situation verschlimmern“. Russland warnte Nordkorea vor schwerwiegenden Folgen. „Unter diesen Bedingungen ist es unerlässlich, Ruhe zu bewahren und jegliche Handlungen zu unterlassen, die zu einer weiteren Eskalation der Spannungen führen.“ Es gebe keine Alternative zu Verhandlungen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron verurteilten den neuen Atomtest Nordkoreas „aufs Schärfste“. Beide seien sich bei einem Telefonat darin einig gewesen, „dass Nordkorea das internationale Recht mit Füßen tritt und dass daher die Staatengemeinschaft auf diese erneute Eskalation geschlossen und entschieden reagieren muss“, teilte das Bundespresseamt in Berlin mit. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini kündigte an, dass sich diese Woche auch die EU-Außenminister bei einem Treffen im estnischen Tallinn mit dem Nordkorea-Konflikt befassen werden.

Erneute Provokation

Der Konflikt mit Nordkorea heizt sich seit Monaten auf. Am Dienstag hatte Nordkorea erneut eine Mittelstreckenrakete getestet. Die Rakete flog über den Norden Japans. Seither wird bereits über neue Sanktionen diskutiert. Peking spielt eine wichtige Rolle, weil rund 90 Prozent des Handels mit dem isolierten Land über China laufen.

US-Präsident Donald Trump hält sich nach dem jüngsten nordkoreanischen Raketentest nach eigenen Angaben alle politischen und militärischen Antworten offen.

Schon bei dem Atomversuch im Januar vergangenen Jahres hatte Nordkorea von einem Wasserstoffbombentest gesprochen. Experten hatten allerdings die Angaben bezweifelt. Unmittelbar vor dem Test am Sonntag gab Kim Jong Un bei einem Besuch im staatlichen Atomwaffeninstitut vor, jetzt auch eine Wasserstoffbombe zu besitzen, die auf eine Interkontinentalrakete montiert werden könne.

Das Institut habe damit den Vorgaben der herrschenden Arbeiterpartei entsprochen, einen Durchbruch bei der atomaren Bewaffnung zu erzielen, berichteten Staatsmedien. Der Fortschritt basiere auf dem Erfolg, der mit dem ersten Wasserstoffbombentest im Januar 2016 erzielt worden sei. Die Angaben ließen sich nicht überprüfen.

Nordkoreanische Medien zeigten Kim Jong Un und hochrangige Parteifunktionäre um einen runden silbernen Behälter, der angeblich den Sprengkopf für die Rakete zeigt. Er sei „stolz auf die unbezwingbare Stärkung“ der Atomstreitkräfte, wurde Kim zitiert. Nach offizieller nordkoreanischer Darstellung kann die Sprengkraft der neuen Waffe von Dutzenden Kilotonnen „bis mehrere hundert Kilotonnen“ variieren.

Mit "gnadenloser Vergeltung" will Kim Jong-un auf die jährlichen gemeinsamen Manöver der USA und Südkoreas reagieren. Ähnliche Äußerungen gab es bereits in der Vergangenheit.

Die USA verfolgen die Entwicklung der Atomsprengköpfe und der Interkontinentalraketen mit besonderer Sorge, weil sie einen Schlag gegen amerikanisches Territorium befürchten. Bisher wurde angezweifelt, dass Nordkorea bereits über die Technologie verfügt, einen Sprengkopf so zu verkleinern, dass er auf eine Rakete passt. Auch sei fraglich, ob ein solcher Sprengkopf den Wiedereintritt der Rakete in die Erdatmosphäre übersteht.

Das diplomatisch isolierte Nordkorea hat den USA und Südkorea schon mehrfach mit einem präventiven Atomschlag gedroht. Dabei wurde auch die US-Pazifik-Insel Guam ins Visier genommen, wo die USA einen großen Militärstützpunkt unterhalten.

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