
Washington Vor einem US-Militärgericht hat am Montag der Prozess gegen den mutmaßlichen Rädelsführer einer Gruppe Soldaten begonnen, die in Afghanistan drei Zivilisten ermordet haben sollen. Zum Auftakt räumte der Verteidiger von Calvin Gibbs ein, sein Mandant habe den Toten Finger abgeschnitten, meldete der Rundfunksender NPR. Die Zeitung „Seattle Times“ berichtete, Anwalt Phil Stackhouse habe gesagt, dass Gibbs einen Afghanen im Februar 2010 in Notwehr erschossen habe. Mit dem Tod der beiden anderen habe er nichts zu tun. Die Militärstaatsanwaltschaft beschrieb den 26-Jährigen hingegen als Anführer eines „Kill Teams“.
Der Fall hatte im Frühjahr für Schlagzeilen gesorgt, nachdem das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ und andere Medien Fotos veröffentlicht hatten, auf denen US-Soldaten den Kopf eines am Boden liegenden Opfers hochreißen und dabei in die Kamera blicken.
Ein Soldat hatte sich bereits des Mordes schuldig bekannt, ein anderer der fahrlässigen Tötung. Insgesamt waren fünf Infanteristen wegen der Verbrechen zwischen Januar und Mai 2010 angeklagt. Sie sollen die Zivilisten aus purer Mordlust mit Gewehren und Granaten getötet haben, obwohl sie keinerlei Bedrohung für die Soldaten darstellten.
Der Stabsgefreite Jeremy Morlock, der sich des Mordes für schuldig bekannt hatte und für eine kürzere Haftzeit als Hauptzeuge gegen die anderen vier Mitangeklagten aussagt, erklärte im Prozess gegen Gibbs, dieser habe Afghanen mit „Geringschätzung“ betrachtet. Der Feldwebel habe andere Soldaten gezielt für die Tötungen angeworben. Gibbs droht bei einer Verurteilung in dem Verfahren auf dem Stützpunkt Fort Lewis-McChord im US-Staat Washington eine lebenslange Haftstrafe.
In unveröffentlichten Aufnahmen zeigt sich der 26-Jährige nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Siegerpose neben den Leichen von zwei der getöteten Zivilisten, berichtete die „Seattle Times“. Soldaten hätten Ermittlern erzählt, der Feldwebel habe „Szenarios“ entworfen, in denen er unbewaffnete Zivilisten tötet und dann Waffen neben ihnen platziert, um sie als Opfer „legitimer Gefechtshandlungen“ darzustellen.
Gibbs weist die Anschuldigungen zurück und plädierte bereits auf nicht schuldig. Vernehmungen durch Ermittler verweigerte er sich.