Putin und der Westen Vom Paria zum Partner

Wichtige westliche Außenminister geben sich in Moskau die Klinke in die Hand. Russland hat seine Isolation nach der Ukraine-Krise überwunden. Doch der neue Ost-West-Konflikt ist noch nicht vorbei.

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Stecken die Köpfe bald wieder zusammen: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und der damalige russische Ministerpräsident Wladimir Putin (l). Die Isolation Moskaus könnte bald vorbei sein. Quelle: dpa

Moskau Russland geht in eine diplomatisch aktive Woche. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) führt am Mittwoch Gespräche in Moskau, kurz darauf fliegt US-Außenminister John Kerry ein. Beide werden nicht nur ihren Kollegen Sergej Lawrow treffen.

Als besondere protokollarische Ehre will sich Präsident Wladimir Putin im Kreml Zeit für die Gäste nehmen. Kerry hat Syrien oben auf die Liste seiner Gesprächsthemen gesetzt, gefolgt von der Ukraine. Das dürften auch Steinmeiers Themen sein – wenn auch wohl in umgekehrter Rangfolge.

Grundsätzlich gelöst ist der neue Ost-West-Konflikt nicht, aber die Töne aus Moskau klingen versöhnlich. „Wir wollen keine Konfrontation mit den USA, auch nicht mit der Europäischen Union oder der Nato“, schrieb Lawrow Anfang März in einem Artikel. Mit dem Militäreinsatz in Syrien hat Russland ein Ziel erreicht, nämlich seine internationale Isolation nach dem Eingreifen in der Ukraine 2014 aufzubrechen.

Die russischen Kampfflugzeuge über Syrien zwangen vor allem die USA, wieder mit Russland zu reden. Für das heimische Publikum blendete Moskau die zivilen Opfer der Angriffe aus. Putin fühlt sich sogar so sicher, dass er seine Flieger teilweise wieder abziehen konnte - er behält trotzdem großen Einfluss auf das Geschehen.

Der Lärm der Militäraktion übertönte aber die Tatsache, dass Moskau sein Vorgehen im Nahen Osten auch diplomatisch abgesichert hatte. Abgestimmt war es nicht nur mit Syriens Machthaber Baschar Al-Assad und mit dem traditionellen Verbündeten Iran aus dem schiitischen Lager. Moskau hielt auch Kontakt zu alten Freunden wie Ägypten und den Palästinensern. Zugleich ist es mit Israel befreundet, dessen Präsident Reuven Rivlin vergangene Woche zu Besuch war.


Beziehung zu Europa angeknackst

Doch Russland knüpfte auch Drähte zu den sunnitischen Staaten der Region, zu Saudi-Arabien, Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten. Es gab kaum einen Emir, Scheich, Kronprinz oder Außenminister, der in den letzten Monaten nicht in Russland war oder mit Lawrow und Putin telefoniert hat. Ausnahme ist die Türkei, bei der Moskau seit dem Abschuss eines russischen Kampfjets auf Feindschaft geschaltet hat.

In der US-Führung gilt Kerry als der Mann mit den besten Kontakten nach Moskau. „Wir zählen darauf, dass der Besuch von Außenminister Kerry – der dritte in einem Jahr – zu einer Normalisierung der russisch-amerikanischen Beziehungen beitragen wird“, erklärte das russische Außenministerium vorab.

Den tiefen Spalt zum Westen Europas machte Lawrows Amtsvorgänger Igor Iwanow am Wochenende in Brüssel deutlich. „Russland ist nicht mehr die Ostflanke eines gescheiterten Groß-Europas, sondern wird die Westflanke eines Groß-Eurasiens“, sagte er. Zugleich trat er für eine Kooperation mit der EU in Sachen Ukraine ein: „Weder Europa noch Russland haben etwas davon, dass die Ukraine ein gescheiterter Staat mitten auf dem europäischen Kontinent wird.“

Auf solche Sätze kann Steinmeier aufbauen. Er wird aber auch einiges geraderücken müssen. Dass Russlands Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim vor zwei Jahren unrecht war, hat die EU gerade zum Jahrestag wieder erklärt. Beim Krieg in der Ostukraine sieht sich Moskau als Vermittler, nicht als Konfliktpartei.

Doch der Aufstand der prorussischen Separatisten stützt sich auf Rüstung und Personal aus Russland, auch wenn der Kreml dies dementiert. Die Vereinbarungen von Minsk sehen aber vor, dass alle ausländischen Waffen und Kämpfer aus dem Konfliktgebiet abgezogen werden müssen.

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