„Qualität geht vor Schnelligkeit“ Merkel bremst bei Einführung europäischer Bankenaufsicht

Zur Krisenabwehr braucht die EU eine einheitliche Bankenaufsicht. Gipfelchef Van Rompuy will diese so schnell wie möglich installieren. Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble warnen jedoch vor allzu großer Eile.

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Bundeskanzlerin Merkel: „Qualität geht immer vor Schnelligkeit.“ Quelle: Reuters

Berlin/Brüssel Bundeskanzlerin Angela Merkel hat neue Forderungen aus der EU zurückgewiesen, dass die neue europäische Bankenaufsicht bereits am 1. Januar 2013 ihre Arbeit aufnehmen soll. Beim EU-Gipfel kommende Woche gehe es darum, dass die EU und vor allem die Eurozone Glaubwürdigkeit zurückgewinne, sagte Merkel am Donnerstag nach einem Treffen mit Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orban. „Qualität geht immer vor Schnelligkeit“, betonte sie. „Das gilt zum Beispiel für die Schaffung einer einheitlichen Bankenaufsicht. Wir haben nichts gewonnen, wenn anschließend das Ergebnis nicht besser ist als das, was wir bisher abgeliefert haben“, sagte sie.

Merkel widersprach damit Frankreichs Präsident Francois Hollande und Spaniens Ministerpräsidenten Mariano Rajoy, die beide am Vortag erneut eine möglichst schnelle Bankenaufsicht gefordert hatten. Zudem markierte sie den deutschen Widerstand gegen einen Entwurf der Schlussfolgerungen für den EU-Gipfel, den EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am Mittwoch vorgelegt hatte. Darin findet sich eine Passage, dass die Bankenaufsicht bereits am 1. Januar 2013 ihre Arbeit aufnehmen soll.

Dies wird in der Bundesregierung als unrealistisch angesehen. Auch Orban betonte, dass sein Land für Gründlichkeit in der Debatte sei. An der neuen Bankenaufsicht wollen nicht nur die 17 Euro-Staaten teilnehmen, sondern auch einige Nicht-Euroländer, darunter Ungarn.

Finanzminister Wolfgang Schäuble tritt bei dem riesigen Prestigevorhaben seit längerem auf die Bremse. Der CDU-Politiker stellte den geplanten Starttermin Anfang 2013 für die Bankenaufsicht dabei mehrfach in Frage. „Wenn Sie mich fragen würden, ob ich es für realistisch halte, dass das am 1. Januar in Kraft ist, würde ich sagen, das kann ich jetzt nicht versprechen“, sagte er am Dienstag in Luxemburg.

Die EU-Kommission hatte im September einen Vorschlag für eine einheitliche Aufsicht über die Geldhäuser im Euro-Raum gemacht. Sobald sie steht, sollen marode Banken direkt Nothilfe aus dem Euro-Rettungsfonds erhalten dürfen.

Im Gipfel-Papier heißt es, die klassische Geldpolitik und die Aufsichtskompetenzen der Europäischen Zentralbank (EZB) müssten klar getrennt werden. Damit sollen Interessenkonflikte verhindert werden. „Eine angemessene Rechenschaftspflicht und Transparenz für die Aufsichtsfunktion der EZB muss gewährleistet werden, besonders gegenüber dem Europaparlament.“ Euro-Staaten und Staaten, die den Euro noch nicht eingeführt haben, aber bei der Aufsicht mitziehen, müssten gleich behandelt werden.

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