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Raketenstationierung Nato und Russland weiter im Clinch

Moskau ist wütend, die Nato fühlt sich missverstanden. Das Bündnis beharrt auf seiner neuen Raketenabwehr. Und deswegen stationiert Moskau neue Raketen an seinen Grenzen - zur Erhaltung des strategischen Gleichgewichts.

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Russlands Präsident Medwedew bei einem Treffen mit dem Sicherheitsrat. Quelle: AFP

Brüssel/Moskau Die Nato hält trotz russischer Drohungen mit Vergeltungsmaßnahmen an ihren Plänen für eine neue Raketenabwehr in Europa fest. Die von Moskau angekündigten Raketenstationierungen als Reaktion auf die Nato-Raketenabwehr seien „Geldverschwendung“, sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Mittwoch in Brüssel zum Beginn von Beratungen der 28 Nato-Außenminister. Er forderte Moskau zur Zusammenarbeit mit der Nato auf.

Vor dem Nato-Treffen mit Russlands Außenminister Sergej Lawrow am Donnerstag in Brüssel kündigte das russische Verteidigungsministerium die Stationierung von Flugabwehrraketen an der Ostsee an. Die S-400 Triumph (Nato-Code: SA-21 Growler) würden in die Exklave Kaliningrad um das frühere Königsberg verlegt. Das sagte ein Sprecher am Mittwoch nach Angaben der Agentur Interfax. Kremlchef Dmitri Medwedew äußerte in Moskau zugleich die Hoffnung, dass Russland und die Nato ihre „allseits bekannten Schwierigkeiten“ überwinden könnten.

Nato-Generalsekretär Rasmussen bezeichnete das Vorhaben der Russen als überflüssig. „Es wäre definitiv Geldverschwendung, wenn Russland begänne, in Gegenmaßnahmen gegen einen künstlichen und nicht existierenden Feind zu investieren“, sagte Rasmussen. „Dieses Geld könnte nutzbringender zum Wohle des russischen Volkes für die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Modernisierung der russischen Gesellschaft ausgegeben werden.“

Beim nächsten Nato-Gipfel im Mai 2012 in Chicago seien erste Teile des neuen Systems voraussichtlich einsatzbereit. „Ich hoffe auch, dass Russland zur Zusammenarbeit mit uns bei der Raketenabwehr bereits sein wird, damit wir neue Bedrohungen und altes Misstrauen gleichzeitig beseitigen können.“

Die Nato-Außenminister sprechen an diesem Donnerstag mit ihrem russischen Kollegen Lawrow über die geplante Raketenabwehr. Die Nato sieht darin einen Schutz beispielsweise gegen Raketen aus dem Iran. Sie hat Russland enge Zusammenarbeit bei zwei miteinander verbundenen Abwehrsystemen angeboten. Russland fürchtet jedoch, eigene Raketen könnten von der Nato-Abwehr abgefangen werden. Zur Erhaltung des strategischen Gleichgewichts müssten daher russische Raketen nahe den Grenzen zur Nato stationiert werden.


„Ein Neustart funktioniert niemals automatisch“

Norwegens Außenminister Jonas Gahr Støre sagte: „Es ist das Recht der Nato, die Abwehr fertigzustellen und die Nato ist dazu entschlossen. Aber das soll in einer offenen Atmosphäre mit Russland geschehen. Ich hoffe, wir kehren nicht in eine Zeit zurück, in der wir gegeneinander Vergeltung mit unterschiedlichen Systemen üben.“

Sein niederländischer Kollege Uri Rosenthal sprach von „einer derzeit sehr komplizierten Lage“. Vor einem Jahr in Lissabon habe die Nato einen „Neustart“ in den Beziehungen zu Russland beschlossen: „Ein Neustart funktioniert niemals automatisch. Da gibt es alle möglichen Komplikationen und Unfälle und Rückschläge, aber seien wir doch optimistisch.“

Die Nato-Außenminister wollten auch über die Lage in Afghanistan sprechen. Pakistan hat als Reaktion auf den Beschuss eigener Soldaten durch US-Truppen im Grenzgebiet zu Afghanistan die Versorgungswege für die Nato-geführte Afghanistan-Schutztruppe Isaf unterbrochen. „Ich bin völlig der Meinung, dass wir ein positives Engagement Pakistans brauchen, wenn wir langfristig Frieden und Stabilität in Afghanistan sichern wollen“, sagte Rasmussen.

Die Außenminister bekundeten ihre Unterstützung für die im November von serbischen Demonstranten angegriffene Nato-geführte Kosovo-Schutztruppe KFOR. „Wir haben das Verschwinden der ersten Sperren gesehen, aber wir brauchen den Abbau aller Barrikaden“, sagte Rasmussen. „Wir brauchen völlige Bewegungsfreiheit.“ Als „konstruktiven Fortschritt“ bezeichnete er die Einigung von Serbien und Kosovo über gemeinsame Grenzkontrollpunkte. Nato-Diplomaten sagten, angesichts der Gewalt werde die KFOR-Truppenstärke nicht wie ursprünglich geplant im Februar halbiert, sondern vorerst auf dem bisherigen Niveau gehalten.

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