
Die Türken wählen am Sonntag ein neues Parlament - bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr. Die Neuwahl war angesetzt worden, weil nach dem Urnengang im Juni keine Regierungsbildung gelungen war. Die islamisch-konservative Regierungspartei AKP von Präsident Recept Tayyip Erdogan hatte ihre absolute Mehrheit verloren, doch kam keine Koalition zustande.
Über das Mittelmeer nach Europa: Zahlen zu Flüchtlingen
Trotz der lebensgefährlichen Fahrt über das Mittelmeer wagen viele Tausend Menschen die Flucht nach Europa. 219.000 Menschen flohen laut Flüchtlingshilfswerk UNHCR 2014 über das Mittelmeer nach Europa; 2015 waren es bis zum 20. April 35.000.
3.500 Menschen kamen 2014 bei ihrer Flucht ums Leben oder werden vermisst; im laufenden Jahr sind es bis zum 20. April 1600.
170.100 Flüchtlinge erreichten 2014 über das Meer Italien (Januar bis März 2015: mehr als 10.100); weitere 43.500 kamen nach Griechenland, 3.500 nach Spanien, 570 nach Malta und 340 nach Zypern.
66.700 Syrer registrierte die EU-Grenzschutzagentur Frontex 2014 bei einem illegalen Grenzübertritt auf dem Seeweg, 34.300 Menschen kamen aus Eritrea, 12.700 aus Afghanistan und 9.800 aus Mali.
191.000 Flüchtlinge stellten 2014 in der EU einen Asylantrag (dabei wird nicht unterschieden, auf welchem Weg die Flüchtlinge nach Europa kamen). Das sind EU-weit 1,2 Asylbewerber pro tausend Einwohner.
...beantragten 2014 in der EU Asyl (2013: 50.000).
202.700 Asylbewerber wurden 2014 in Deutschland registriert (32 Prozent aller Bewerber), 81.200 in Schweden (13 Prozent) 64.600 in Italien (10 Prozent), 62.800 in Frankreich (10 Prozent) und 42.800 in Ungarn (7 Prozent).
Um 143 Prozent stieg die Zahl der Asylbewerber im Vergleich zu 2013 in Italien, um 126 Prozent in Ungarn, um 60 Prozent in Deutschland und um 50 Prozent in Schweden.
Mit 8,4 Bewerbern pro tausend Einwohner nahm Schweden 2014 im Verhältnis zur Bevölkerung die meisten Flüchtlinge auf. Es folgten Ungarn (4,3), Österreich (3,3), Malta (3,2), Dänemark (2,6) und Deutschland (2,5).
600.000 bis eine Million Menschen warten nach Schätzungen der EU-Kommission allein in Libyen, um in den nächsten Monaten die Überfahrt nach Italien oder Malta zu wagen.
Ministerpräsident Ahmet Davutoglu von der AKP rief die Wähler am Samstag noch einmal auf, Stabilität zu wählen und seiner Partei wieder keine klare Mehrheit zu verschaffen. Mit Spannung wird vor allem das Abschneiden der Kurdenpartei HDP erwartet. Sie hatte im Juni erstmals die Zehn-Prozent-Hürde übersprungen und den Einzug ins Parlament geschafft.
Seither hat sich die Ausgangslage aber verändert: Nach einem tödlichen Terroranschlag auf eine kurdische Versammlung im Grenzort Suruc im Juli brach der Friedensprozess zwischen der Türkei und der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK ab. Seitdem geht die Türkei militärisch gegen Kurden vor, auch im Irak und Syrien. Auf kurdischer Seite wurden mehrfach Anschläge verübt.
Die Opposition demonstrierte noch am Samstag gegen Erdogan. Der Chef der größten Oppositionspartei CHP, Kemal Kilicdaroglu, sagte, der Präsident führe das Land weg von der Demokratie. Erdogan selbst tritt bei der Parlamentswahl aber nicht an. Erhält die AKP keine eigene Mehrheit, ist eine Koalitionsregierung oder eine weitere Neuwahl nötig. Wahlberechtigt sind etwa 54 Millionen Türken. Die 175.000 Wahllokale sind bis nachmittags geöffnet, erste Ergebnisse werden für den frühen Sonntagabend erwartet.