Referendum zu Flüchtlingen Ungarn stimmt über EU-Quoten von Asylbewerbern ab

Die Volksabstimmung über EU-weite Flüchtlingsquoten scheint die Ungarn nur mäßig zu interessieren: Laut Schätzungen liegt die Beteiligung bei nur 40 bis 45 Prozent. Die Gültigkeit des Referendums steht auf dem Spiel.

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Ein Wähler gibt am Sonntag seine Stimme zum Referendum ab. Quelle: dpa

Budapest Ungarns Wahlbürger haben am Sonntag darüber abgestimmt, ob das Land die EU-Quoten für die Verteilung von Asylbewerbern über die Mitgliedsländer akzeptieren soll. Umfragen und die während des Wahltags bekanntgegebenen Beteiligungsquoten legen nahe, dass das Referendum die Gültigkeitskriterien verfehlen könnte.

Ministerpräsident Viktor Orban spielte bei der Stimmabgabe die Bedeutung eines gültigen Votums herunter. Die Wahllokale sollten um 19.00 Uhr schließen, mit dem Ergebnis wurde in den späten Abendstunden gerechnet.

Mehr als acht Millionen Ungarn waren dazu aufgerufen, die Frage „Wollen Sie, dass die Europäische Union auch ohne Zustimmung des Parlaments die verpflichtende Ansiedlung von nicht ungarischen Staatsbürgern in Ungarn vorschreiben kann?“ mit Ja oder Nein zu beantworten.

Die Volksabstimmung war von der Orban-Regierung initiiert worden. In einer monatelangen Kampagne mit fremdenfeindlichen Untertönen warb sie für das Nein auf die gestellte Frage. Nach dem Gesetz ist ein Referendum nur dann gültig, wenn mindestens die Hälfte der Wahlberechtigten eine gültige Stimme abgibt.

Bis 13.00 Uhr gaben nach Angaben des Nationalen Wahlbüros 23,6 Prozent der Wahlbürger ihre Stimme ab. Das waren um 3,6 Prozentpunkte weniger als zur selben Zeit bei der letzten Volksabstimmung im Jahr 2008, an der knapp mehr als 50 Prozent teilgenommen hatten. Beobachter rechneten deshalb mit einer Wahlbeteiligung von nur 40 bis 45 Prozent.


Schulz warnt vor „gefährlichem Spiel“

„Die juristischen Konsequenzen werden in jedem Fall eintreten“, sagte Ministerpräsident Orban bei der Stimmabgabe in seinem Budapester Wohnbezirk. Man werde gesetzlich festschreiben, dass nur das ungarische Parlament bestimmen könne, „mit wem die Ungarn zusammenleben wollen“, fügte er hinzu. „Wir tun das, wenn die Abstimmung gültig ist, und auch dann, wenn sie es nicht ist. Die einzige Bedingung ist, dass es mehr Nein als Ja geben muss.“

Das Übergewicht der Nein-Stimmen stand nie in Zweifel. Prognosen rechnen mit einem Anteil der Nein-Stimmen von über 90 Prozent der gültigen Stimmen. Mehrere Zivilorganisationen sowie die „Partei Zweischwänziger Hund“ - eine Satire-Partei - hatten zur Abgabe einer ungültigen Stimme aufgerufen. Vor allem letztere hatte eine aus Kleinstspenden finanzierte Plakatkampagne gestartet, die deutlich sichtbar war und die Parolen des Regierungslagers mit absurden Slogans ins Lächerliche zog. Die linken Oppositionsparteien hatten zum Boykott des Urnengangs aufgerufen.

Das Referendum und die ihm vorausgehende Kampagne stießen auch international auf Kritik. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz warf Orban vor, ein „gefährliches Spiel“ zu spielen. „Er stellt die Rechtmäßigkeit der europäischen Gesetzgebung in Frage - an der Ungarn selbst beteiligt war“, sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Österreichs Außenminister Sebastian Kurz äußerte indirekt Verständnis für Orbans flüchtlingspolitischen Vorstoß. In einem Interview der „Welt am Sonntag“ forderte der ÖVP-Politiker die EU auf, trotz bestehender Beschlüsse nicht länger an einer Umverteilung von Flüchtlingen auf alle Mitgliedstaaten festzuhalten. Die Debatte über solche Quoten könne den Zusammenhalt der EU gefährden.

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