Reformvorschläge für Währungsunion Gegen den „Kalten Krieg“ der Euro-Ideologien

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Die Punkte zwei bis sechs



2. Bankenunion

Noch immer sind Staaten und Banken wechselseitig voneinander abhängig; auch in einer neuen Finanzkrise könnten sie sich wechselseitig in den Abgrund ziehen. Die Ökonomen schlagen vor, dass Banken Staatsanleihen dann mit Eigenkapital unterlegen müssen, wenn sie zu viele eines einzelnen Staates, meistens ihres Heimatlandes, in den Büchern haben. Die Europäische Einlagensicherung wird für alle Länder gleich gestaltet; sie springt aber nur ein, sobald die „nationale Kammer“ nicht ausreicht. Die europäische Bankenaufsicht zwingt zudem alle Banken, ihre faulen Kredite abzubauen. Hinzu treten klare Regeln der Gläubigerhaftung (Bail-in) und Versicherungen.

3. Regeln für die Umschuldung zahlungsunfähiger Länder

Neue Anlagemöglichkeiten in sichere Wertpapiere im Euro-Raum soll es geben. Ziel soll sein, dass der ESM keine Rettungskredite an Pleitestaaten ausreichen muss. Die Umschuldung soll nicht automatisch erfolgen, um Ansteckungsgefahren zu bannen, wie sie 2010 bis 2012 aufgetreten sind. Das neue Regelwerk soll schrittweise in guten Zeiten, wie jetzt, eingeführt werden.

4. Ein gemeinsamer Schlechtwetterfonds der Euro-Staaten

Er soll mit Geld der Mitgliedstaaten befüllt werden und dabei helfen, große Wirtschaftskrisen aufzufangen. Ein Land, das ihn nutzt, muss aber danach höhere Beiträge zahlen.

5. Ein europäisches Wertpapier

Es soll Investoren eine Alternative zu nationalen Staatsanleihen bietet, ohne dass dabei eine Solidarhaftung jeder für jeden entsteht. Ziel: Ein plötzlicher Einbruch der Nachfrage nach Staatsanleihen soll vermieden werden.

6. Starke Euro-Institutionen

Als erstes soll eine europäische Institution die nationalen Wirtschaftspolitiken überwachen. Sie muss unabhängig sein, entweder also ein EU-Kommissar oder eine andere Institution, für die man dann aber die EU-Verträge ändern müsste. Die Verantwortung für Hilfsprogramme und deren Auflagen soll in die Verantwortung des ESM übergehen. Die Hilfsprogramme soll ein Ausschuss des EU-Parlaments prüfen, die finanzielle Kontrolle aber bei den Einzelstaaten bleiben.

Zugleich gehen die Ökonomen auf Distanz zu einem eigenen Haushalt für die Euro-Zone, wie ihn Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vorgeschlagen hat. Ein solches Budget könne zwar die Konjunktur stabilisieren, erfordere aber Entscheidungen über die Aufgabenteilung zwischen Euro-Zone, EU-Kommission und Nationalstaaten, die politisch gefällt werden müssten. Stattdessen sollte es einen begrenzten Schlechtwetterfonds geben, aus dem Länder mit der Gemeinschaftswährung bei tiefen konjunkturellen Krisen Hilfen bekommen können. Dauerhafte Transfers lehnen die Ökonomen ab. So zumindest die Empfehlung der internationalen Wirtschaftswissenschaftler. Die Umsetzung allerdings liegt bei den Regierungen der 19 Euro-Staaten.

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