Regionalwahlen in Großbritannien Warnschuss für die Labour-Partei

Bei den Regionalwahlen in Großbritannien muss die oppositionelle Labour-Partei Einbußen hinnehmen.In der alten Hochburg Schottland ist die Partei nur noch ein Schatten alter Größe. Alle Hoffnungen ruhen auf London.

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Bei den Regionalwahlen in Großbritannien musste die oppositionelle Labour-Partei deutliche Verluste hinnehmen – die allerdings fielen geringer aus als erwartet. Quelle: dpa

London Es war ein erster Stimmungstest – und dessen Ausgang  kann dem neuen Labour-Parteichef Jeremy Corbyn nicht wirklich gefallen. Denn die Wahlen der Briten für neue Regional- und Kommunalparlamente in Wales, Schottland und Nordirland kennen wenige Wochen vor der wichtigen Brexit-Entscheidung auf der Insel laut ersten Hochrechnungen vor allem einen Verlierer: die unter ihrem neuen Chef Corbyn deutlich stärker nach links gewanderte Labour-Partei.

So musste die Opposition nach ersten Ergebnissen Einbußen bei den Kommunal- und Regionalwahlen hinnehmen. Nach Auszählung von mehr als der Hälfte der Stimmen verlor Labour Dutzende Mandate in den örtlichen Parlamenten. Verglichen mit den vergangenen Regional- und Kommunalwahlen in den Jahren 2011 und 2012 ist das Ergebnis äußerst schwach.

Insgesamt allerdings fielen die Verluste geringert aus als erwartet. Im Hinblick auf das desaströse Ergebnis der nationalen Parlamentswahl 2015 gewinnt die Arbeiterpartei wohl wieder etwas an Boden. Selbst im konservativ geprägten Süden des Landes konnte Labour ersten Stimmauszählungen vom Freitag zufolge einige seiner wenigen Hochburgen verteidigen.

Eine Bremsspur in Arbeiterrot. Die Regional- und Kommunalwahlen gelten als erster wichtiger Test für Labour-Chef Corbyn. Sollte sich der Trend bestätigen, dürfte eine befürchtete Rebellion gegen den erst seit acht Monaten amtierenden linksgerichteten Parteichef ausbleiben – wenngleich das Murren in der zerrissenen Partei nicht aufhören dürfte. Schwacher Trost für Corbyn zudem: Die regierenden Tories schneiden etwas schlechter ab als im vergangenen Jahr.

Die Lokalwahlen gelten als wichtiger Stimmungstest vor der Abstimmung über einen Verbleib Großbritanniens in der EU: Am 23 Juni stimmen die Briten über den sogenannten Brexit ab. Umfragen hatten bereits deutliche Verluste für die Labour-Partei prognostiziert. Doch dass die alte Arbeiterpartei, die sich zuletzt klar hinter einen Verbleib in der EU gestellt hatte, so deutliche Einbußen erleidet, dürfte den EU-Befürwortern kaum Rückenwind bescheren.


Schottische Nationalpartei triumphiert

Gewiss ist dagegen bereits, dass Labour in Schottland weiter an Boden verloren hat. Die separatistische Schottische Nationalpartei gewann dort zum dritten Mal die regionalen Parlamentswahlen. Die Partei tritt für die Abspaltung von Großbritannien ein, aber auch für den Verbleib in der Europäischen Union. SNP-Chefin Nicola Sturgeon nannte das Ergebnis „historisch“.

Die Partei gewann 63 von 129 Sitzen, verlor aber ihre eigene Mehrheit. Möglicherweise koaliert die SNP mit den Grünen, die ebenfalls für ein unabhängiges Schottland eintreten. Für die Labour Party ist der Urnengang jedoch das schlechteste Ergebnis aller Zeiten – erstmals seit 60 Jahren liegt sie im Norden der Insel hinter den Konservativen.

Auch in Wales muss Labour mit Verlusten rechnen. Die euroskeptische Partei Ukip wird dagegen laut den Hochrechnungen erstmals in das Parlament von Wales einziehen. Ukip-Chef Nigel Farage sprach deshalb bereits von einem „Durchbruch“ für seine Partei.

Umso hoffnungsvoller blickt die Partei deshalb nach London, wo mit ihrem Kandidaten Sadiq Khan erstmals ein Muslim nach dem Bürgermeisteramt in der Hauptstadt greift. So lag Khan letzten Umfragen zufolge deutlich vor seinem konservativen Tory-Rivalen Zac Goldsmith. Er könnte damit der erste muslimische Bürgermeister der Millionenmetropole werden. Die Tonlage zwischen Labour und den Tories wurde zuletztdeutlich schärfer , nachdem die Konservativen Khan in eine Ecke mit Extremisten zu rücken versuchten.

Es ist etwas schmutziger Kampf mit harten Bandagen, in dem Khan mit präsidialer Haltung dagegen hält. Am Donnerstagabend versprach er, „ein Bürgermeister für alle Londoner“ zu sein. „Ich bitte die Londoner dringend, Hoffnung vor Furcht zu wählen“, sagte er. In wenigen Stunden wird er endgültig wissen, ob seine Botschaft bei den Londonern verfangen hat.

 

 

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