Reisen in die USA Keine Tourismus-Flaute wegen Trump

Die US-Tourismusbranche atmet auf, wenn auch erst einmal vorsichtig. Befürchtungen, dass Trumps Politik Besucher fernhalten könnten, haben sich bisher nicht bewahrheitet. Stattdessen verzeichnet die Industrie Zuwächse.

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Die Freiheitsstatue auf Liberty Island in New York ist ein beliebtes Fotomotiv für Touristen. Quelle: dpa

New York Im vergangenen Winter sorgte sich die US-Tourismusbranche, dass der Kurs der neuen Regierung unter Donald Trump Besucher abschrecken könnte. Aber diese Befürchtungen waren offenbar verfrüht. Bis jetzt jedenfalls übertreffen der Umfang der Touristeneinreisen und -ausgaben in diesem Jahr die Zahlen vom Vergleichszeitraum 2016. Trump könnte also statt einer Flaute sogar einen Aufschwung bescheren, sagt Roger Dow, Chef der US Travel Association, einer Vereinigung, die die Reiseindustrie vertritt.

Vor ein paar Monaten hatten Dow und andere noch gewarnt, dass sich die gegen Immigranten gerichtete Rhetorik des Republikaners und das Dekret über einen befristeten Einreisestopp für viele Muslime dämpfend auf den Tourismus auswirken könnten. Aber das habe sich nicht bewahrheitet, so Dow in einem Interview. „Derzeit können wir keine Verluste ausmachen.“ Der Reisebranche gehe es leicht besser als vor einem Jahr.

So zeigt der Reiseindex der Vereinigung für April einen Zuwachs von 6,6 Prozent bei Besuchen aus dem Ausland und von 5 Prozent im Mai im Vergleich zu den beiden Monaten im Vorjahr. Der Index erfasst Hotelbelegungen, Flugbuchungen und US-Regierungsdaten. Auch in den Einzelbereichen der Tourismusbranche deuten die Zahlen auf eine rege Reisetätigkeit hin. So waren die Hotelbelegungen in den ersten fünf Monaten 2017 „höher als jemals zuvor“, sagt Jan Freitag von STR, einem Unternehmen, das Daten aus der Hotelbranche erfasst.

American Express Meetings & Events hat in den vergangenen sechs Monaten zumindest keinen Rückgang der Zahl von internationalen Treffen registriert. Und der Internationale Flughafen in Orlando (Florida), ein Tor zu Disney World, vermeldet bisher für dieses Jahr einen Anstieg der Zahl einheimischer und internationaler Flugpassagiere - wobei es George Aguel vom offiziellen städtischen Marketing-Unternehmen Visit Orlando noch für zu früh hält, einen spezifischen Trump-Faktor auszumachen.

Internationale Reisen werden oft Monate im Voraus geplant, so dass sich in diesem Jahr getroffene Reiseentscheidungen bisher vielleicht nicht schlüssig in den Daten widerspiegeln. „Wir haben schon vor der Wahl geplant“, sagt beispielsweise Alban Michel, ein Schweizer Tourist in New York.

Unternehmen, die Online-Verhalten verfolgen, haben nach eigenen Angaben einen Rückgang bei Suchen nach US-Reisezielen und -möglichkeiten festgestellt. Aber Anbieter von Gruppenreisen, die Ausländer in die USA bringen, verzeichneten nicht nur Jahr für Jahr eine stabile Nachfrage, „sondern sie haben in vielen Fällen ein Rekordjahr“, so Chris Thompson, CEO des Unternehmens Brand USA, das in aller Welt für die Vereinigten Staaten wirbt. Auch er denkt aber, dass es zu früh ist zu sagen, wie die Reiseindustrie am Ende abschneiden wird. Es könne sein, dass die derzeitigen Zahlen „wenig oder nichts“ mit Trump zu tun hätten.


Starker US-Dollar größere Herausforderung als Trump

Liz Bittner, Chefin von Travel South USA, glaubt, dass die Befürchtungen einer Tourismusflaute wegen Trump „eine Menge Medienhype“ waren. Sie meint, dass die Herausforderungen für die Reisebranche „nicht so sehr in Trump liegen“. Es sei vielmehr der starke US-Dollar im Vergleich zu einigen anderen Währungen“, was die USA für Ausländer zu einem teuren Reiseziel macht.

Die Italienerin Daniele Biron, die sich zu einer Konferenz in New York aufhält, glaubt auch, dass der Wert des Dollarfür viele Reisende ein Faktor sei. In der Frage, ob die Politik für viele Besucher auch eine Rolle spielt, ist sie sich dagegen nicht sicher. Isabelle Bornemann, Besitzerin von Alaska Travel Connections, hat einen Rückgang von 30 Prozent bei ihren internationalen Gruppenbuchungen registriert, hauptsächlich wegen des starken Dollar. Aber einige europäische Reiseagenturen haben ihr gesagt, dass das Fernbleiben mit der US-Politik zu tun habe. Ausländer hätten den Eindruck, sie seien in den USA nicht willkommen.

Charlie Mallar, Besitzer des 1785 Inn in Conway, New Hampshire, hat am verlängerten Wochenende anlässlich des Unabhängigkeitstags Anfang Juli den größten Besucheransturm seit 34 Jahren erlebt. „Aber an ausländischen Gäste hat es ein bisschen gemangelt - Trump-Effekt. Wir müssen Besuchern aus dem Ausland klarmachen, dass sie in Amerika willkommen sind.“

Der Reiseindex der Travel Association sagt für den Rest des Jahres ein langsameres Wachstum voraus, aber immerhin noch um fast zwei Prozent höher als bis Ende November vergangenen Jahres.

New Yorks Tourismusagentur NCY & Company erwartet, dass dieses Jahr insgesamt 300.000 Touristen weniger die Stadt besuchen als 2016, wie Sprecher Chris Heywood sagt. Trumps Rhetorik, Laptop-Verbote auf bestimmten Flügen und die Drohung, dass Besucher zur Überprüfung ihre Konten in sozialen Medien offenlegen müssten, lösten „gepaart mit dem Fehlen einer proaktiven Willkommensbotschaft im Namen der Nation“ Sorgen aus.

Es dauert Monate, bis umfassende Daten des US-Handelsministeriums über Einreisen aus dem Ausland zusammengestellt sind. So werden definitive Statistiken über 2017 erst im nächsten Jahr vorliegen. Aber das Ministerium hat zwischen Januar und März einen fünfprozentigen Anstieg von Einnahmen aus ESTA-Gebühren im Vergleich zum Vorjahreszeitraum festgestellt. Das sind Gelder, die Besucher aus Ländern, die ohne Visum in die USA kommen dürfen, für eine elektronische Einreisebewilligung entrichten müssen. Die höheren ESTA-Einnahmen deuten auf einen Anstieg der Zahl von Touristen aus Ländern wie Deutschland, Großbritannien, Japan und Australien hin.

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