Republikaner feiern Donald Trump und Waffenbesitz „Sitzt meine Frisur?“

Firmen brechen mit Waffen-Lobbyisten, junge Aktivisten gehen auf die Straße, Amerika ist erschüttert. Doch Donald Trump badet in der Liebe der Waffenfreunde.

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Maryland Für Donald Trump ist die CPAC ein Heimspiel. Seine Rede am Freitag überzieht er am Ende trotz engen Präsidenten-Zeitplans um 20 Minuten. „Sitzt meine Frisur?“, fragt er scherzend in die grölende Menge und tätschelt seinen Kopf. „Ich tue alles, um meine kahle Stelle zu verstecken.“ Umgeben von Fans, die ihre Ziele und Interessen durch ihn vertreten sehen, ist Trump locker wie selten, er witzelt und zappelt. Er fühlt sich sichtbar wohl. Zu befürchten hat Trump nichts vom Publikum in diesem Saal. Umgekehrt gilt es ebenso.

Wenn die „U-S-A! U-S-A!“-Sprechchöre durch das Gaylord Convention Center, ein Hotelkomplex fünfzehn Kilometer südlich vom Weißen Haus, hallen, unterbricht Trump wohlwollend seine Rede. Er genießt die Begeisterung, grinst, lässt seinen Blick durch die Halle wandern.
„Lock-her-up! Lock-her-up!“, rufen seine Anhänger Momente später, als Trump über seine Konkurrentin aus dem Wahlkampf, Hillary Clinton, lästert. Eigentlich sei es leicht, eine US-Wahl zu gewinnen, wenn man sich auf die richtigen Staaten konzentriert, „aber Hillary hat das irgendwie vergessen“. Das Publikum johlt.

Auf der CPAC (Conservative Political Action Conference), der größten Jahreskonferenz der konservativen Bewegung in den USA, ist Trump in seinem Element und unter Gleichgesinnten. Das war nicht immer so. 2011, damals war Trump noch Immobilientycoon, durfte er schon einmal eine Rede halten - und wurde von manchen Besuchern ausgebuht.

Nun wird er als politisches Idol empfangen und gefeiert. „Build-that-Wall!“ rufen seine Anhänger, und Trump verspricht: „Keine Sorge, ihr bekommt sie, die Mauer“. Jedes Mal, wenn er höre, die Anti-Einwanderer-Mauer an der Grenze zu Mexiko werde nie Wirklichkeit, „dann baue ich sie in Gedanken zehn Zentimeter höher”.
Der lauteste Jubel ertönt bei einem Herzensthema vieler Konservativer: Das Recht auf Waffenbesitz. Trump warnt, es drohe Übles, sollten Linke, Demokraten - oder, wie Trump sie nennt: „die Verrückten“ - die Macht zurückerobern. „Wenn das passiert, werden sie eure Steuersenkungen rückgängig machen, und sie werden euch den ‘Second Amendment’ wegnehmen. Das werde ich nie zulassen. Niemals!“ Das Publikum bedankt sich mit dem Sprechchor, der Trump am meisten gefallen dürfte: „Do-nald-Trump! Do-nald-Trump!“

Der „Second Amendment“ ist ein Zusatzartikel in der US-Verfassung, der es der Regierung wörtlich verbietet, das Recht auf Waffenbesitz einzuschränken. Allerdings ist die Passage 227 Jahre alt. Wie exakt man sie auslegen sollte und kann, ist politisch und juristisch umstritten. Die Debatte um Waffenbesitz und Sicherheit ist erneut aufgeflammt, seit ein 19-jähriger Täter vergangene Woche an einer Schule in Florida 17 Menschen erschoss.

Solche Massaker erschüttern regelmäßig das ganze Land. Doch dieses Mal hält der Unmut von Waffengegnern ungewöhnlich lang an. Angetrieben wird die Aufmerksamkeit durch überlebende Schüler und Angehörige von Opfern, die Protestmärsche organisieren und live im Fernsehen mit Wut, Tränen und Argumenten schärfere Gesetze fordern.
In Florida, Schauplatz der jüngsten Tragödie, ist es besonders leicht, an Waffen zu kommen, der 19-Jährige Nicolas Cruz besaß ein ganzes Arsenal davon. Ende März wollen Aktivisten vor dem Weißen Haus demonstrieren, mit Unterstützung von Oprah Winfrey und dem Ehepaar Clooney. Eine CNN-Show, die Jugendliche und Politiker in einer Arena zusammenbrachte, hatte diese Woche mehr als drei Millionen Zuschauer.

Auch Teile der Wirtschaft reagierten: Mehrere Unternehmen, darunter die Hotelkette Best Western oder der Autovermieter Hertz, beendeten ihre Partnerschaften mit der größten Waffenlobby-Vereinigung National Rifle Association (NRA). Trump traf sich mit Schülern, Lehrern und Familien. Man kann ihm nicht vorwerfen, das Verbrechen nicht ausführlich behandelt zu haben: Er hörte zu, er fand Worte des Mitgefühls.

Doch zugleich machte der Präsident rasch deutlich, er wolle zwar härtere Kontrollen - aber halte nichts von drastischen Einschränkung für den Waffenerwerb. Stattdessen will er Schulen und Schulhöfe aufrüsten, eine Forderung, die auch die NRA unterstützt. Und für die Trumps Anhänger ihren Präsidenten nun ausgiebig feiern.
Auf der CPAC ist Florida das bestimmende Thema seiner Rede. „Keine Familie sollte jemals so leiden müssen wie die Familien, die ihr Kind bei einer Schießerei verlieren“, sagt er.

„Warum schützen wir unsere Flughäfen und unsere Banken, unsere Regierungsgebäude, aber nicht unsere Schulen?“, ruft Trump unter Applaus. „Wenn wir unsere Schulen zu waffenfreien Zonen erklären, sind unsere Schüler in Gefahr“.

Er wolle „eine gut ausgebildete Lehrerschaft und Personal“, das ein Training bekomme und im Ernstfall einen Angreifer erschießen könne. Zusätzlich könnten Soldaten im Ruhestand als eine Art Hilfssheriff an Schulen Dienst schieben, also „Leute, die geschickt mit Waffen umgehen können“, so Trump.

Bei der konkreten Umsetzung bleibt der Präsident vage. „Es sollen jetzt nicht hundert Wachen mit Maschinengewehren vor der Schule stehen“, erklärt er auf der Bühne, aber vielleicht „zehn, zwanzig Prozent der Lehrer“, dazu der Schuldirektor und der Mensakoch, könnten eine Waffe diskret versteckt am Körper tragen. „Sie können unsere Kinder schützen. Und das wollen wir doch alle“.

Die NRA kann spätestens nach diesem Auftritt sicher sein, dass sie wohl keine ernsthaften Widerstände aus dem Weißen Haus fürchten muss. Zwar könnten demnächst die Datenbanken, in denen Informationen über Waffenkäufer gespeichert sind, ausgeweitet werden. Im Gespräch ist auch ein Anheben der Altersgrenze für den Erwerb bestimmter Waffentypen von 18 auf 21 Jahre.

Doch das sind Maßnahmen, die die Lobby-Organisation verschmerzen kann. Trumps Plan - mehr Waffen gegen Waffen - ist ganz in ihrem Sinne. „Es braucht einen good guy mit einer Waffe, um einen bad guy mit einer Waffe zu erledigen“, sagt NRA-Vizepräsident Wayne LaPierre auf der CPAC.

Im wichtigen Jahr der Kongresswahlen, in dem die NRA auch viele republikanische Kandidaten finanziell unterstützt, mobilisiert die Debatte den konservativen Kern Amerikas.

Der Saal tobt vor Begeisterung, als NRA-Sprecherin Dana Loesch von der CPAC-Bühne ins Publikum ruft: „Jedem, der behauptet, die konservative Bewegung sei tot, sage ich: Wir sind lebendig wie nie, und ihr werdet im Mülleimer der Geschichte landen“.

Tatsächlich ist die konservative Bewegung gestärkt und euphorisiert, trotz regelmäßiger Skandale im Weißen Haus. So gerät die diesjährige CPAC, die am Samstag zu Ende geht, zu einem Event des Sich-Selbst-Feierns. Die Waffendebatte trägt dazu entschieden bei. Gleichzeitig erinnert die Szenerie auf der CPAC daran, dass auch jüngere Generationen politisch gespalten sind. Man sieht viele Studenten, christliche Gruppen oder Vereine junger Frauen. Mittzwanziger stehen für ein Selfie mit „Mr. Brexit“ Nigel Farage an, der aus Europa angereist ist. Ein Student ruft ihm freudig zu: „Ohne dich wäre Trump nie möglich gewesen“.

Während Oberschüler aus Florida also die progressive Bewegung in den USA befeuern und einen Anti-Waffen-Marsch in Washington organisieren, zeigt sich auf der CPAC ein konservativer Nachwuchs, der mit den linksliberalen Altersgenossen nichts gemein haben will. In Gesprächen machen junge Besucherinnen deutlich, was sie denken: Women’s Marches finden sie diskriminierend, Abtreibungen falsch, christliche Werte wichtig, starke Staatsgrenzen richtig.

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